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Vertragsarztrecht/BerufsrechtRadiologe darf Patientinnen körperlich nicht untersuchen – Honorarkürzungen bestätigt

30.06.2025Ausgabe 7/20254min. Lesedauer
Von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht Prof. Dr. Birgit Schröder, Hamburg, dr-schroeder.com

Das Landessozialgericht (LSG) Bayern hatte die Auswirkungen eines Berufsverbots auf Honorarkürzungen durch die KV zu beurteilen. Es ging um die Rechtmäßigkeit eines Honoraraufhebungs- und Neufestsetzungsbescheids für einen Radiologen, der wegen verschiedener Sexualstraftaten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gegen den auch ein partielles Berufsverbot verhängt worden war (Urteil vom 25.11.2024, Az. L 12 KA 38/22).

Radiologe unterliegt partiellem Berufsverbot

Der klagende Radiologe nahm an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er war wegen verschiedener Sexualstraftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Zudem wurde ein partielles Berufsverbot ausgesprochen, wonach es dem Arzt für zwei Jahre verboten war, bei der Behandlung von Patientinnen unmittelbaren Kontakt aufzunehmen, insbesondere körperliche Untersuchungen weiblicher Personen vorzunehmen. Schließlich galt die Formulierung, die dem Arzt untersagte, „ohne Anwesenheit von Hilfspersonen (ärztliches oder nicht fachärztliches Personal), weibliche Patienten zu behandeln; darüber hinaus wird ihm untersagt, an weiblichen Patienten körperliche Behandlungen vorzunehmen.“ Soweit lauten die Informationen zum Hintergrund des Falles.

Honorarrückforderung in Höhe von rund 91.000 Euro

Im zugrunde liegenden Fall ging es um Honoraraufhebungs- und Neufestsetzungsbescheide, die die KV für einige Quartale in den Jahren 2008 bis 2010 ableitete. Am Ende stand eine Honorarrückforderung in Höhe von rund 91.000 Euro. Der Arzt habe trotz des partiellen Berufsverbots in den streitigen Quartalen für weibliche Patienten über seine Abrechnungsnummer Leistungen abgerechnet, die eine unmittelbare Kontaktaufnahme erfordert haben. Nachdem für bestimmte Zeiträume keine Assistentin beschäftigt worden sei, sei die Streichung der entsprechenden Leistungspositionen sowie die Rückforderung des zu viel gezahlten Honorars erforderlich. Ab dem 19.05.2009 sei das vorläufige Berufsverbot aufgehoben worden. Aus den Anlagen geht hervor, dass alle Leistungsansätze bestimmter EBM-Nummern abgesetzt wurden (Die EBM-Positionen betreffen Konsiliarkomplexe, Röntgenkontrastuntersuchungen, MRT, Sachkosten Kontrastmittel).

Radiologe argumentiert: Berufsverbot greift hierbei nicht

Der Arzt räumte das Bestehen eines Berufsverbots ein, legte es jedoch anders aus: Es habe im Prinzip keine Rolle gespielt, da ihm nur körperliche Untersuchungen und körperliche Behandlungen verboten gewesen seien. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht.

Unter Wiederholung seines Vortrags legte der Radiologe Berufung beim LSG Bayern ein. Auch das höhere Gericht folgte der Argumentation des Radiologen nicht und urteilte, dass er in dem Zeitraum, auf den sich die Plausibilitätsprüfung bezog, zahlreiche Leistungen an Patienten weiblichen Geschlechts nicht erbringen durfte und damit der Honoraranspruch entfalle. Der Arzt habe den Verstoß gegen das Berufsverbot verschuldet, da er die erforderliche Sorgfalt verletzt habe. Berechnungsfehler aufseiten der KV konnte das Gericht nicht feststellen. Die angefochtenen Bescheide in der Fassung des Widerspruchsbescheids waren mithin rechtmäßig und die zulässige Berufung erweist sich als unbegründet.

Wie genau ist das partielle Berufsverbot auszulegen?

Das LSG stellt bei Feststellung von Inhalt und Umfang des Verbots darauf ab, dass bei weiblichen Patienten nur körperliche Untersuchungen und Behandlungen untersagt sind. Dieses Verbot unterschied sich von einer in diesem Fall vorherigen Formulierung. Das zuvor ausgesprochene Verbot untersagte dem Radiologen – bei diffuser Formulierung – jeden Arzt-Patienten-Kontakt. Mithin war dem Arzt in den streitigen Quartalen (gemäß der anschließenden Verbotsformulierung) die Vornahme jeglicher körperlich-manueller Untersuchung und Behandlung verboten, während umgekehrt reine Gesprächsleistungen, wie Beratungen etc. nicht erfasst waren. Anders als der Arzt argumentierte, durfte er indes weder MRT-Leistungen sowie Röntgenleistungen erbringen. Beide Leistungen stellen verbotserfasste körperliche Untersuchungen im Sinne des Berufsverbots dar.

Der Radiologe kann sich der Verbotswirkung nicht dadurch entziehen, dass er körperliche Untersuchungen und Behandlungen durch Röntgenassistentinnen erbringen lässt. Nach Auffassung des Gerichts gilt dies auch dann, wenn nur ein Teilspektrum der beruflichen Tätigkeit verboten ist. Die Erbringung durch angestellte Mitarbeiter wird so ebenfalls vom Berufsverbot erfasst. Damit durfte die KV sämtliche an weiblichen Patienten erbrachte Röntgen- und MRT-Leistungen mit und ohne Kontrastmittelgabe sowie Sachkosten- und Konsiliarpauschalen richtigstellen.

Es besteht mithin kein Honoraranspruch, weil diese Leistungen nicht erbracht werden durften. Damit ist die Berufung des Klägers vollumfänglich zurückzuweisen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Merke

Wichtig ist, dass – anders als der Radiologe in diesem Fall meinte – vor Röntgenuntersuchungen körperliche Untersuchungen stattfinden müssen, um die rechtfertigende Indikation zu bejahen bzw. überhaupt bewerten zu können. Das „Untersuchenkönnen“ schließt dabei das „Untersuchendürfen“ zwingend mit ein – so das Gericht!
Weiterhin können sich auch Situationen ergeben, in denen – etwa notfallmäßig – ärztliches Eingreifen erforderlich wird. Hierzu einige Beispielszenarien: So muss stets sichergestellt sein, dass während der laufenden Röntgen- oder MRT-Untersuchung, zumindest in atypischen Situationen, körperlich untersucht und/oder behandelt werden kann, wenn z. B. Kontrastmittelunverträglichkeiten (allergische Reaktionen) auftreten oder Kreislaufschwierigkeiten ein Eingreifen erfordern. Diese unplanbaren körperlichen Behandlungsnotwendigkeiten, die insbesondere bei Kontrastmitteluntersuchungen (MRT, Röntgen) auftreten können, qualifizieren entsprechende Leistungen als vom Berufsverbot umfasst.

Fazit

Das LSG entschied, dass die vorgenommenen Honorarkürzungen rechtmäßig waren, weil der Arzt während des Berufsverbots Leistungen abgerechnet hatte, die ihm verboten waren. Die Berufung wurde daher zurückgewiesen. Die Bedeutung des Urteils für alle Vertragsärzte ist nicht zu unterschätzen. Dieses Urteil macht deutlich, dass Berufsverbote bindend sind und Verstöße im vertragsärztlichen Bereich immer auch Auswirkungen auf das Honorar haben können. Daraus folgt, dass besondere Vorsicht angezeigt ist, wenn Vertragsärzte trotz eines Berufsverbots weiter Leistungen erbringen und abrechnen wollen.
Wer sich also mit, auch nur partiellem, Berufsverbot konfrontiert sieht, sollte sich gut überlegen, ob überhaupt Leistungen erbracht werden dürfen. Ist das nicht der Fall, kann auch keine Abrechnung erfolgen.
Weiterführender Hinweis

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