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Verwaltungsrecht/ArbeitsrechtVerbeamteter Radiologe muss bestimmte Änderungen seiner Aufgaben hinnehmen

03.03.2025Ausgabe 3/20255min. Lesedauer
Von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Medizinrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht Benedikt Büchling, Hagen, kanzlei-am-aerztehaus.de

Ein verbeamteter Radiologe hat kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm einmal übertragenen Dienstpostens. Vielmehr sind Änderungen seines dienstlichen Aufgabenbereichs durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe seines Amts im statusrechtlichen Sinne hinzunehmen, selbst wenn das mit einer Einbuße an gesellschaftlichem Ansehen und an Aufstiegsmöglichkeiten, einer Verringerung der Mitarbeiterzahl wie auch dem Verlust der Vorgesetzteneigenschaft verbunden ist. In diesem Sinne urteilte auch der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München (Beschluss vom 28.11.2024, Az. 3 ZB 23.1017).

Sachverhalt

Der klagende Radiologe ist als Beamter auf Lebenszeit und Akademischer Direktor am Institut für Klinische Radiologie eines Universitätsklinikums tätig. Er ist insoweit unbefristet zum Oberarzt für den Teil- und Funktionsbereich „Diagnostik – Validierung Nachtdienste“ bestellt worden. Bedingt durch einen Wechsel des Lehrstuhlinhabers wies der Radiologe im April und Mai 2019 mehrfach auf die aus seiner Sicht nicht mehr vertretbare häufige Überschreitung der Arbeitszeiten durch die (zu) hohe zu bewältigende Arbeitsmenge hin.

Dienstanweisungen sorgen für Änderungen des Aufgabenbereichs

In der Folge führte dies zu verschiedenen Dienstanweisungen, die den Aufgabenbereich des Radiologen änderten. Konkret wurde der Radiologe chronologisch zu folgenden Umstrukturierungen seines ärztlichen Aufgabenbereichs angewiesen:

  • Es sind keine Überstunden mehr zu erbringen, es sei denn, dies werde ausdrücklich angeordnet.
  • Die Verantwortlichkeit des Radiologen ist ab sofort bis auf Weiteres auf die Verantwortlichkeiten eines Facharztes der Klinik und Poliklinik für Radiologie beschränkt.
  • Dem Radiologen wird ein anderer Standort für seinen Dienst zugewiesen.
  • Dem Radiologen wird die Verantwortung als Oberarzt sowie als „Bereichsleiter Bereitschaftsdienste – Befundvalidierung und Weiterbildung“ zugewiesen – und zwar auch campusübergreifend.
  • Die Aufgabe als „Bereichsleiter Bereitschaftsdienste – Befundvalidierung und Weiterbildung“ wurde dadurch ergänzt, dass komplexe Befunde von den Assistenzärzten zu priorisieren und von ihm mit diesen gemeinsam gegenzusehen seien, sodass die Assistenzärzte bis spätestens 10:30 Uhr aus dem Dienst entlassen werden könnten.

Neue Bestellung amtsangemessen?

Nach Ablauf der vorangegangenen Bestellung wurde der Radiologe zum Oberarzt (Teil- bzw. Funktionsbereich: Diagnostik – Validierung Nachtdienste) bestellt. Hiergegen wandte sich der Radiologe und wies darauf hin, dass die ihm übertragenen Aufgaben nicht amtsangemessen seien. Das Klinikum teilte jeweils mit, dass dem ausdrücklich widersprochen werde, da ein Organisationsermessen ausgeübt worden sei. Es liege ein sachlicher Grund für die Dienstanweisung in Form der Arbeitsauslastung vor.

Der Radiologe wandte sich gegen die Änderung seines ärztlichen Aufgabenbereichs und erhob Klage vor dem VG. Das VG wies die Klage ab, da dem Klinikum ein weiter Organisationsermessensspielraum zustehe. Eine Umsetzung, die mit einer Umstrukturierung in Form der Änderung des ärztlichen Aufgabenbereichs einhergehe, sei solange zulässig, solange dafür ein sachlicher Grund vorliege. Der VGH hatte sich nunmehr mit dem Antrag des Radiologen auf Zulassung der Berufung zu beschäftigen.

Entscheidungsgründe

Der VGH wies den Antrag des Radiologen auf Zulassung der Berufung zurück, da dem Radiologen kein Anspruch auf Rückgängigmachung der Änderung des Aufgabenbereichs zusehe. Die streitgegenständliche Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs sei sachlich gerechtfertigt, da der Radiologe mit den zugewiesenen Dienstaufgaben amtsangemessen beschäftigt werde.

Die Kernfrage lautet: Lagen sachliche Gründe vor?

Die gerichtliche Überprüfung sei grundsätzlich darauf beschränkt, ob die Gründe des Dienstherrn für die Änderung des übertragenen Funktionsamts seiner tatsächlichen Einschätzung entsprechen und nicht nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit allein oder maßgeblich auf anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen, oder ob sie aus sonstigen Gründen willkürlich sind.

Klinikum reagierte (nur) auf Beschwerden des Radiologen

Das Klinikum habe ein dienstliches Bedürfnis für die Änderung des Aufgabenbereichs belegt. Für ein entsprechendes dienstliches Bedürfnis genüge bereits jeder sachliche Grund, sofern dem Beamten ein angemessener Aufgabenbereich verbleibe. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Klinikum als Dienstherr auf eine vom Beamten vorgetragene Arbeitsüberlastung, die zu einer Überschreitung der zulässigen Arbeitszeiten geführt hat, reagiert und als Folge dem Beamten andere Aufgaben zuweist. Ebenso liege es im rechtlich zulässigen Rahmen des Organisationsermessens des Dienstherrn, dem Radiologen andere Tätigkeiten zuzuweisen, da die Klinik umorganisiert wurde bzw. wird.

Folgen für die Praxis

Die o. g. Entscheidung verdeutlicht, dass – insbesondere im öffentlichen Dienst – grundsätzlich jede zumutbare Arbeit innerhalb einer Tätigkeitsgruppe zugewiesen werden kann, soweit dafür ein sachlicher Grund vorliegt.

Mit sachlichem Grund geht vieles ...

In dem innerhalb der arbeitsvertraglichen Festlegungen verbleibenden Raum steht dem Arbeitgeber auch arbeitsrechtlich ein einseitiges Gestaltungsrecht in Bezug auf die Arbeitsbedingungen zu. Der Arbeitgeber kann kraft seines „Direktionsrechts“ befugt sein, den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers zu verkleinern, soweit dies „billigem Ermessen“ entspricht. Bei der Ausübung dieses sog. „Direktions- und Weisungsrecht“ gemäß § 106 der Gewerbeordnung steht dem Arbeitgeber regelmäßig ein weiter Raum zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu.

Dabei darf der Arbeitgeber auch einen Wechsel der Beschäftigung des Arbeitnehmers anweisen, soweit dies nicht anders durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist. Die Art der vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeit richtet sich insoweit nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt des Arbeitsvertrags. Wenn danach noch Spielraum hinsichtlich des ärztlichen Aufgabengebiets eines angestellten Arztes verbleibt, bestimmt der Arbeitgeber das Aufgabengebiet kraft seines Weisungsrechts.

..., aber nicht alles

Das „Direktionsrecht“ des Arbeitgebers umfasst jedoch nicht die Versetzung auf einen geringer bezahlten (unterwertigen) Arbeitsplatz, auch wenn die Vergütung beibehalten wird. Der höherwertige Einsatz eines Arbeitnehmers stellt ebenfalls eine Überschreitung des Direktionsrechts dar.

Ist der Arbeitnehmer für eine konkrete Tätigkeit angestellt, etwa als Facharzt oder Fachärztin für Radiologie, liegt eine Einstellung für einen fachlich umschriebenen Bereich vor. In diesem Fällen kann der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts sämtliche Arbeiten zuweisen, die sich innerhalb des vereinbarten Berufsbilds bzw. Facharztgruppe bewegen. In allen anderen Fällen bedarf es zur Änderung des Aufgabenbereichs des Ausspruchs einer sog. „Änderungskündigung“. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) beispielsweise zugunsten einer Chefärztin, die Fachärztin für Innere Medizin und Fachärztin für Röntgen- und Strahlenheilkunde ist. Diese klagte erfolgreich auf Kündigungsschutz und damit auf Weiterbeschäftigung in ihrem bisherigen Arbeitsplatz als Chefärztin, während der Arbeitgeber ihr einen anderen Tätigkeitsbereich qua Direktionsrecht zuweisen wollte. Das BAG führte dazu aus, dass der Tätigkeitsbereich der Chefärztin durch den Arbeitsvertrag genau bestimmt sei und verpflichtete den Arbeitgeber, den Arbeitsplatz der Chefärztin wieder einzuräumen.

Praxistipp

Soweit der Arbeitsvertrag den Tätigkeitsbereich genau bestimmt, scheidet eine einseitige Änderung des Arbeitsvertrags kraft Direktionsrecht aus. Für die Praxis dürfte es aus Sicht des angestellten Radiologen daher ratsam sein, den Tätigkeitsbereich im Arbeitsvertrag genau zu beschreiben, um das Direktionsrecht des Arbeitgebers zu beschränken. Einige Formulierungsvorschläge zur Beschreibung der Tätigkeit finden Sie im Downloadbereich des RWF (online unter ).
Weiterführende Hinweise

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