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ArbeitsrechtSchwangerschaftsattest vor Abschluss des Arbeitsvertrags datiert – Vertrag wirksam?

30.09.2024Ausgabe 10/20242min. Lesedauer

Frage:„Eine Bewerberin hat von uns einen unterzeichneten Arbeitsvertrag zugeschickt bekommen. Arbeitsbeginn sollte der 01.10. sein. Am 05.08. haben wir den durch die Bewerberin unterzeichneten Vertrag zurückerhalten. Kurz darauf teilte die Bewerberin in einem weiteren Schreiben mit, dass sie schwanger sei. Das Attest der Gynäkologin datiert vom 29.07. Ist der Arbeitsvertrag überhaupt wirksam?“

Antwort: Das Arbeitsverhältnis wurde zunächst wirksam begründet. Anfechtungsgründe liegen nicht vor, da der Arbeitgeber weder getäuscht wurde noch einem Irrtum unterlag. Die Frage nach einer Schwangerschaft bei der Einstellung ist wegen ihrer geschlechtsdiskriminierenden Wirkung grundsätzlich unzulässig. In aller Regel besteht auch keine Offenbarungspflicht der Arbeitnehmerin. Dies gilt selbst dann, wenn sie befristet als Schwangerschaftsvertretung beschäftigt werden soll (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 11.10.2012, Az. 6 Sa 641/12).

Da nach § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ein Kündigungsschutz besteht, wäre eine Kündigung des Arbeitsvertrags nur möglich, wenn diese nach § 17 Abs. 2 MuSchG für zulässig erklärt wird. Hierfür ist es jedoch erforderlich, dass besondere Gründe vorliegen, welche eine Kündigung rechtfertigen würden. Die Hürden sind hier sehr hoch, sodass in der Praxis eine Kündigung einer Schwangeren nur schwer umsetzbar ist. Dieses Kündigungsverbot gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin nach § 17 MuSchG gilt auch für eine Kündigung vor der vereinbarten Tätigkeitsaufnahme (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.02.2020, Az. 2 AZR 498/19). Damit war auch der Zeitpunkt der Bescheinigung der Schwangerschaft hier nicht relevant.

Fazit

Sie haben hier als Arbeitgeber keine rechtlichen Mittel zur Hand, da das Arbeitsverhältnis wirksam begründet wurde. Die Arbeitnehmerin wird ihre Tätigkeit aufnehmen können und darf hinsichtlich ihrer Schwangerschaft auch nicht benachteiligt werden.

beantwortet von Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn, ra-roecken.de

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