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VertragsarztrechtBSG-Urteilsgründe: Kein Honorar ohne Unterschrift der ärztlichen MVZ-Leitung

31.07.2024Ausgabe 8/20244min. Lesedauer

Die Honorarsammelerklärung ist zwingend von der ärztlichen Leitung des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) zu unterschreiben, wenn es der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) so vorschreibt. Die Unterschrift kann nicht von der Geschäftsführung der MVZ-Trägerin ersetzt werden. Ohne die Unterschrift wird das komplette Quartalshonorar gestrichen. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) am 13.12.2023 („MVZ-Abrechnung: Kein Honorar ohne Unterschrift der ärztlichen Leitung“, in RWF Nr. 04/2023). Nun liegen die dazugehörigen Urteilsgründe des BSG vor.

Hintergrund

Für die Zulassung und den Betrieb eines MVZ ist die ärztliche Leitung schon immer unabdingbar gewesen. Ohne sie droht Zulassungsentzug. Beides ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz.

Das Gesetz regelt jedoch nicht, welche konkreten Aufgaben die ärztliche Leitung zu erfüllen hat. Diese Frage stellt sich besonders dann, wenn die ärztliche und die kaufmännische Leitung nicht identisch sind. Dies ist regelmäßig in größeren Strukturen, in sog. Angestellten-MVZ – MVZ in Form einer GmbH mit nur angestellten Ärzten – der Fall. Die Entscheidung des BSG betrifft jedes MVZ, trifft aber insbesondere größere, als GmbH formierte MVZ-Einheiten. In diesen ist es bereits aufgrund der großen Struktur sachgerecht, dass die ärztliche und die kaufmännische Leitung auseinanderfallen. Letztere vertritt die GmbH regelmäßig nach außen nach gesellschaftsrechtlichen Regelungen (§ 35 GmbHG).

Exkurs

Die ärztliche Leitung muss im MVZ selbst tätig und in medizinischen Fragen weisungsfrei sein. Ein Wechsel der ärztlichen Leitung ist der KV anzuzeigen. Für einen neuen Arzt ist die Genehmigung der Beschäftigung durch den Zulassungsausschuss einzuholen. In jedem Fall ist ein Arbeitsvertrag des MVZ mit der ärztlichen Leitung vorzulegen, aus dem sich die Arbeitsstunden und die Weisungsfreiheit in medizinischen Fragen ergibt. Viele KVen fordern eine Tätigkeit von mindestens 20 Wochenstunden (ohne eine gesetzliche Grundlage hierfür).

Urteilsgründe

Das BSG bestätigte das Urteil der Vorinstanz, wonach die gesamten Honorare wegen der fehlenden Unterschrift der ärztlichen Leitung auf der Sammelerklärung zu kürzen waren. Die Unterschrift der ärztlichen Leitung könne als Voraussetzung für die Auszahlung des Honorars gefordert werden (vgl. hierzu Beitrag aus RWF Nr. 4/2023).

  • In den Urteilsgründen führte das BSG insbesondere aus, dass auch ohne eine explizite Regelung im HVM das Fehlen einer Unterschrift oder die Unterschrift einer unzuständigen Person unter der Abrechnungssammelerklärung zur Honorarkürzung führe.
  • Ein MVZ-Träger benötige für die Erstellung einer Sammelerklärung stets den ärztlichen Sachverstand und Einblick in die medizinischen Abläufe im Betrieb. Über die für die Überprüfung der Angaben in der Sammelerklärung erforderliche medizinische Fachkompetenz verfüge anders als der nichtärztliche Geschäftsführer eines MVZ der ärztliche Leiter. Da das Gesetz nicht regelt, in welcher Form sich ein MVZ des ärztlichen Sachverstands seiner ärztlichen Leitung oder anderer im MVZ tätiger Ärzte zu bedienen habe, könne der HVM regeln, dass der vertretungsberechtigte Geschäftsführer des MVZ-Trägers selbst die Sammelerklärung abgeben und unterzeichnen soll.
  • Weiter ergibt sich aus den Urteilsgründen die Klarstellung, dass bei einer zeitweisen Verhinderung des ärztlichen Leiters ein MVZ – wenn es nicht vorher einen weiteren ärztlichen Leiter oder einen Vertreter bestellt hat –- sich übergangsweise eines anderen Arztes bedienen könne, der mindestens im Umfang einer halben Arztstelle tätig ist. Dies setze allein die Bereitschaft des Arztes voraus, die Aufgabe zu übernehmen.
  • Schließlich führt das BSG auch aus, dass die Unterschrift der Sammelerklärung nachträglich von dem Nachfolger der ärztlichen Leitung hätte geleistet werden können.

Folgen für die Praxis

Wünschenswert wäre neben einer flexiblen Handhabung auch eine Vereinheitlichung der Anforderungen in den unterschiedlichen HVM der 17 KV-Bezirke Deutschlands. Von KV zu KV, häufig auch von Einzelfall zu Einzelfall ist unterschiedlich geregelt,

  • ob eine kooperative und/oder eine vertretungsweise ärztliche Leitung möglich ist,
  • ob diese nachträglich angezeigt werden kann oder ob darüber vorab der Zulassungsausschuss entscheiden muss.

Positiv für die Praxis ist die Klarstellung des BSG, dass die Vertretung der ärztlichen Leitung für den Fall zeitweiser Verhinderung möglich ist sowie die Möglichkeit nachträglicher Unterschrift durch die neue ärztliche Leitung, auch wenn sich die Frage aufdrängt, wie ein im betreffenden Quartal nicht anwesender Arzt die vom BSG aufgestellten Anforderungen an die Überprüfung der Inhalte der Sammelerklärung erfüllen soll.

Praxistipps

Tipp Nr. 1: HVM lesen und KV kontaktieren: Sie sollten einen Blick in die Vorgaben Ihres HVM werfen und auf die Unterschrift der ärztlichen Leitung jedenfalls dann nicht verzichten, wenn dies im HVM vorgesehen ist.
Tipp Nr. 2: Vertretung der ärztlichen Leitung vorab regeln
Sie sollten eine Vertretungsregelung – im besten Fall vorab – treffen und schriftlich festhalten. Ein – vom BSG für zulässig erklärter – spontaner Einsatz birgt wegen neu entstehender Verhandlungspositionen der Beteiligten regelmäßig Probleme in der Praxis.

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