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Honorarrecht

BGH schafft Rechtssicherheit: Die GOÄ gilt - auch für juristische Personen (GmbHs)

03.06.2024Ausgabe 6/20243min. Lesedauer
Von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht Taisija Taksijan LL.M., Hamburg, legal-point.de

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bestätigt, dass die GOÄ uneingeschränkt gilt, wenn eine ambulante Behandlung durch Ärztinnen oder Ärzte erfolgt. Damit wurde klargestellt, dass Pauschalpreise für ärztliche Behandlungen unzulässig sind – auch wenn es nicht Ärzte sind, die den Behandlungsvertrag mit Patienten schließen, sondern Kliniken oder MVZ GmbHs (Urteil vom 04.04.2024, Az. III ZR 38/23).

Hintergrund

Die GOÄ gilt für Ärzte. Umstritten war wegen der divergierenden Entscheidungen der Gerichte hierzu, ob die GOÄ ausschließlich dann für Ärzte gilt, wenn ebendiese einen Behandlungsvertrag mit den Patienten abschließen. Zum Teil wurde die GOÄ nicht als anwendbar angesehen, wenn (statt eines Arztes) Gesellschaften mit angestellten Ärzten agierten – z. B. eine Klinik GmbH. In diesem Zusammenhang stand insbesondere infrage, ob – abweichend von den Vorgaben der GOÄ – eine Vereinbarung von Pauschalpreisen über ärztliche Leistungen zulässig ist.Ein Verstoß gegen die Vorgaben der GOÄ bei Einschlägigkeit der GOÄ bedeutet, dass keine Zahlungspflicht besteht und bereits geleistete Zahlungen zurückgefordert werden können.

Sachverhalt

Ein an Prostatakrebs erkrankter Patient wollte das Geld für eine radioonkologische Behandlung, die sog. „Cyberknife“-Bestrahlung, erstattet bekommen und verklagte erfolgreich das im Fall betroffene Universitätsklinikum auf Rückzahlung von knapp 10.000 Euro. Die Behandlung ist nicht im EBM-Leistungskatalog enthalten. Das Klinikum schloss mit dem Patienten eine private Kostenübernahmevereinbarung und stellte dem Patienten einen Pauschalbetrag in Höhe von knapp 10.000 Euro mit der Leistungsbezeichnung „Cyberknife Komplexleistung III“ in Rechnung. Der Patient bezahlte zunächst den Rechnungsbetrag, doch seine Krankenkasse lehnte die Kostenerstattung ab.

Entscheidungsgründe

Wegen des Verstoßes gegen die Vorgaben der GOÄ sah der BGH die Vereinbarung des Pauschalhonorars als nichtig an. Der Kläger musste den Rechnungsbetrag nicht zahlen und das beklagte Klinikum wurde zur Rückzahlung verpflichtet. Insbesondere hielt der BGH Folgendes fest:

  • Die Anwendbarkeit der GOÄ setzt nicht voraus, dass ein Arzt Vertragspartner des Patienten ist.
  • Entscheidend ist nur, dass die Vergütung für die beruflichen Leistungen eines Arztes geltend gemacht wird.
  • Die GOÄ findet deshalb auch dann Anwendung, wenn der Behandlungsvertrag mit einer juristischen Person, z. B. einem Krankenhausträger, abgeschlossen wird und
  • ambulante Leistungen durch Ärzte erbracht werden, die lediglich als Angestellte tätig werden und selbst mit dem Patienten keine Vertragsbeziehung eingehen.

Begründet hat der BGH die Entscheidung insbesondere mit dem Sinn und Zweck der GOÄ, der darin bestehe, einen angemessenen Interessenausgleich herbeizuführen zwischen denjenigen, die die Leistung erbringen und denjenigen, die diese bezahlen müssen. Dies sei unabhängig davon, ob der Arzt oder ein Dritter den Behandlungsvertrag mit Patienten abschließt.

Exkurs

Der BGH hielt zugunsten der Beklagten fest, dass die Pflicht zur wirtschaftlichen Information der Ärzte sich nicht darauf erstrecke, die Patienten darauf hinzuweisen, dass sie die Krankenkassen wechseln könnten, um die Kosten für eine Behandlung erstattet zu bekommen. Es sei ausreichend, Patienten so rechtzeitig vor der Behandlung zu informieren, dass sie genügend Zeit haben, die Kostenübernahme mit der Versicherung zu klären.

Fazit

Spätestens nach diesem Urteil sollten Honorarvereinbarungen über ärztliche Leistungen – z. B. IGeL – unter Beachtung der GOÄ-Vorgaben erfolgen und abgerechnet werden. Gesellschaften mit angestellten Ärzten – MVZ GmbHs und Klinikträger sollten deren Abrechnungspraxis überprüfen und schnellstmöglich an die GOÄ-Vorgaben anpassen.

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