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VertragsrechtKooperationen im Spannungsfeld zwischen Gewünschtem und rechtlich Zulässigem (Teil 2)

29.03.2023Ausgabe 4/20234min. Lesedauer
Von RA, FA für MedizinR Kristian Schwiegk LL.M, Köln

Im Teil 1 dieses Beitrags zur Vertragsgestaltung bei der Zusammenarbeit zwischen Radiologen und niedergelassenen Kollegen anderer ärztlicher Fachgebiete oder zwischen Radiologen und stationären Leistungserbringern ging es um regulatorische Rahmenbedin- gungen sowie grundsätzliche und datenschutzrechtliche Aspekte. In diesem Teil 2 wird speziell auf Vergütungs- und Haftungsfragen bei derartigen Verträgen eingegangen.

Vergütung

Werden die (gegenseitig) erbrachten Leistungen durch Entgelte oder sonstige geldwerten Vorteile vergütet, ist dieses rechtliche Austauschverhältnis auf Grundlage gleich mehrerer rechtlicher Tatbestände auf seine Rechtskonformität zu prüfen.

„Klassiker“ ist die (verdeckte) Zuweisung

Unzulässig ist dabei insbesondere die (verdeckte) Zuweisung von Patienten gegen Entgelt – und zwar gleichermaßen nach

  • ärztlichem Berufsrecht (vgl. § 31 Musterberufsordnung – Ärzte [MBO]),
  • vertragsärztlichem Disziplinarrecht (§§ 73 Abs. 7, 128 Sozialgesetzbuch V [SGB V]) und
  • Strafrecht (§§ 299a f. Strafgesetzbuch [StGB]).

Das Verständnis der Entgeltlichkeit bzw. des Vorteils (in den § 299a f. StGB) ist dabei weit zu verstehen. Erfasst ist nicht nur die Zahlung einer Einweisungsprämie, die regelmäßig unzulässig wäre, sondern z. B. auch

  • Rabatte,
  • Nutzungsmöglichkeiten oder
  • Vergünstigungen.

Auch müssen diese nicht ausdrücklich als Gegenleistung im Sinne eines quid pro quo erfolgen – es reicht die konkludente, ggf. auch zeitversetzte Vorteilsgewährung.

Zentrale Frage: Trägt der wirtschaftliche Erfolg die Entscheidung?

Hierbei muss nicht jeder (mittelbar) gezogene Vorteil eines Kooperationspartners gleich zur Unzulässigkeit der gesamten Zusammenarbeit führen – oftmals lassen sich einhergehende Synergien und ein wirtschaftlicher Nutzen nicht vermeiden bzw. sind gar (gesundheitspolitisch) erwünscht. Jedoch erhärtet und bestätigt sich der Verdacht einer Unzulässigkeit i. d. R. dann, wenn der Kooperation nicht mehr die bestmögliche Patientenbehandlung auf Grundlage unabhängiger ärztlicher Entscheidungen zugrunde liegt.

Lässt sich aufgrund objektiver Gegebenheiten annehmen, dass vielmehr die eigenen wirtschaftlichen Vorteile die Entscheidung des jeweiligen Kooperationspartners tragen, dürften Verstöße gegen Berufs-, Vertragsarzt- und Strafrecht gegeben sein.

Typische Beispiele aus der Praxis

Bekannte Praxisbeispiele, die oftmals den Anfangsverdacht von Verstößen gegen Berufs-, Vertragsarzt- und Strafrecht indizieren, finden sich in unentgeltlichen Überlassungen von medizinischer Infrastruktur (Geräte/Personal/Räume) im Rahmen der Kooperation. Hier gilt es, im Rahmen einer Gesamtabwägung der Einzelfallumstände zu prüfen, ob noch ein wirtschaftlich adäquates Austauschverhältnis zwischen den wechselseitigen Leistungen anzunehmen ist, oder ob diese Form der Vorteilsgewährung geeignet ist, die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen infrage zu stellen.

Vertragsarztwesen im Fokus

Eine besondere Sensibilität für rechtskonforme Kooperationen gilt im vertragsärztlichen Bereich. Auf Grundlage des § 81a SGB V haben die KVen gesonderte organisatorische Einheiten eingerichtet, deren Aufgabe in der Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen liegt – mit besonderem Blick auf die hier angesprochenen Rechtsnormen. Aufgrund eines engen Informationsaustauschs der jeweilig zuständigen KV mit anderen KVen, den Ärztekammern und Staatsanwaltschaften, droht das Risiko, dass im Falle einer Kenntnisnahme der KV und der dortigen Annahme eines Anfangsverdachts eine Kaskade von Anhörungs-, Prüf- und Ermittlungsverfahren folgt.

Zur Vermeidung derartiger Verfahren sollten Praxisinhaber/-verantwortliche hinsichtlich der Vertragsgestaltung und gelebter Praxis von Kooperationen einige grundlegende Prinzipien einhalten:

  • Trennung von Leistungserbringung und Vergütung! Diese Trennung kann erfolgen durch eine Vereinbarung, nach der die Kooperationspartner ihre jeweils erbrachten Leistungen in eigenem Namen gegenüber den jeweiligen Kostenträgern abrechnen – gesetzt den Fall, dass dies rechtlich möglich und praktisch umsetzbar ist.
  • In den Fällen, in denen dies rechtlich nicht zulässig bzw. nicht praktisch umsetzbar ist, sollte eine angemessene Vergütung vereinbart und deren Berechnung transparent dokumentiert werden.
  • Betreffend die Angemessenheit der Vergütung sollte sich an den jeweils einschlägigen gesetzlichen Abrechnungssystemen/-katalogen orientiert werden; insbesondere aus berufsrechtlichen Gründen, aber auch aus praktischen Erwägungen wird regelmäßig das Gebührenverzeichnis der GOÄ als Grundlage herangezogen.

Haftung

Die Abwicklung eines Schadenfalls ist oftmals erst dann Thema zwischen den Kooperationspartnern, wenn dieser Fall bereits eingetreten ist. Um sowohl den Fortbestand der Kooperation als solche aufgrund möglicher Unstimmigkeiten der Kooperationspartner zu vermeiden als auch nerven-, zeit- und ggf. auch kostenintensive Verfahren mit Dritten, z. B. Haftpflichtversicherern, zu minimieren, bedarf es klarer vertraglicher Regelungen. Zwischen den Kooperationspartnern sollte einvernehmlich ein vertragliches Haftungsregime vereinbart werden, sodass die Kostentragung im Innenverhältnis auf rechtssicherer Vertragsgrundlage steht und eine (gerichtliche) Klärung im Regelfall nicht eingeleitet werden muss.

Achtung

Nicht nur die klassischeren Schadensfallgruppen (z. B. Behandlungsfehler an Patient:innen), sondern auch neuartigere Konstellationen sollten bedacht und ggf. vertraglich reglementiert werden. Insbesondere im Bereich gemeinsamer EDV-/IT-Strukturen, z. B. im Rahmen teleradiologischer Behandlungskonzepte, sollten Schäden durch Hacking, Malware (u. a. Trojaner, Viren) oder Ransomware (u. a. Verschlüsselungs-Trojaner) kalkuliert und ggf. durch Cyberversicherungen gedeckt werden.

Praxistipp

In der Praxis bewährt haben sich Regelungen, nach denen die Verantwortungsbereiche – sofern und soweit möglich – definiert und zwischen den Kooperationspartnern abgegrenzt werden. Die Kostentragung im Innenverhältnis wird dem verursachenden Kooperationspartner zugewiesen. In Zweifelsfällen soll ein unabhängiger Sachverständiger die jeweiligen Verschuldensgrade der Kooperationspartner feststellen, die allseits verbindlich gelten. Sofern über die Person des Sachverständigen keine Einigkeit erzielt werden kann, wird dieser durch eine unabhängige Institution (z. B. die Ärztekammer) bestimmt.

Schlussbemerkung

Radiologinnen und Radiologen, die mit dem Gedanken einer Kooperation spielen, sich in Vertragsverhandlungen oder bereits in einer Kooperation befinden, ist gleichermaßen zu empfehlen, sich bei der Vertragsgestaltung fachanwaltlich beraten zu lassen.

Aufgrund der umfangreichen und sich in teils kurzen Intervallen fortentwickelnden Regulatorik, die in bestimmten Konstellationen auch die Prüfung ungeahnter Teilrechtgebiete erforderlich werden lässt, sollten auch langjährige und bewährte Kooperation in regelmäßigen Abständen auf ihre Rechtskonformität geprüft werden.

Weiterführende Hinweise

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