LeistungsrechtVoraussetzungen für den Anspruch auf regelmäßige MRT der Mamma
Von RA, FA MedizinR Kristian Schwiegk LL.M, Voß.Partner, Münster, voss-medizinrecht.de
Innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) besteht kein Anspruch auf regelmäßige Mamma-MRT-Untersuchungen. Ausnahmsweise kann im Einzelfall bei fachärztlicher Indikationsstellung entsprechend Anlage I der Richtlinie Methoden Vertragsärztliche Versorgung (MVV-Richtlinie) eine Kostenübernahme erfolgen, jedoch nur bei Einhaltung des Beschaffungswegs (Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.11.2021, Az. L 16 KR 309/20).
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GKV-Versicherte mit Zustand nach erfolgter brusterhaltender Resektion nach beidseitigem Mammakarzinom, begehrte von ihrer Krankenkasse die Kostenerstattung einer bereits durchgeführten und bezahlten MRT der Mamma in Höhe von 606,47 Euro. Nach Untersuchung in einer Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie wurde der Klägerin mitgeteilt, dass es zwar keinen Anhalt für ein Rezidiv oder ein Zweitkarzinom gäbe, man ihr jedoch, aufgrund ausgeprägter narbiger Veränderungen der linken Brust und konsekutiv eingeschränkter konventioneller Beurteilbarkeit, die Integration der Mamma-MRT in die Nachsorge empfehle. Eine telefonische Anfrage der Klägerin bezüglich einer Kostenübernahme von Mamma-MRT beantwortete deren Krankenkasse schriftlich (siehe Kasten).
Schreiben der Krankenkasse |
„Eine MRT der Brust kann gemäß den Richtlinien der Methoden vertragsärztliche Versorgung ambulant durchgeführt und mittels elektronischer Gesundheitskarte abgerechnet werden, wenn folgende Indikationen vorliegen: Sollte keine der oben genannten Indikationen bei Ihnen bestehen, müssen wir auf die vertragsärztlichen Leistungen der Diagnostik verweisen.“
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Die behandelnde Gynäkologin stellte der Klägerin eine Überweisung für eine Mamma-MRT bei „Z. n. Mamma-Ca links und narbigen Veränderungen und konsekutiv eingeschränkter konventioneller Beurteilbarkeit“ aus. In der aufgesuchten Klinik wurde die Klägerin aufgeklärt, dass die Mamma-MRT „in ihrer Situation“ keine GKV-Leistung darstelle und die Kosten von ihr zu tragen wären. Ob eine Kostenerstattung gewährt werde, liege allein im Ermessen der Krankenkasse.
Die Klägerin ließ die Mamma-MRT durchführen – maligne Veränderungen konnten nicht festgestellt werden. Die Privatrechnung der Klinik bezahlte die Klägerin und beantragte daraufhin bei ihrer Krankenkasse die Kostenerstattung. Diese lehnte ab und verwies in ihrer Begründung auf die Nichteinhaltung des sogenannten Beschaffungswegs. Die Klägerin hätte die Mamma-MRT erst nach (positivem) Abschluss eines Bewilligungsverfahrens durchführen lassen dürfen.
Entscheidungsgründe
Das LSG bestätigte die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse und führte in seiner Begründung umfassend aus, dass ein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung aus keinerlei rechtlichem Gesichtspunkt bestünde. Zum Nichtbestehen der begehrten Kostenerstattung führe insbesondere der Umstand, dass die Klägerin den im GKV-Bereich geltenden Beschaffungsweg nicht eingehalten habe. Unabhängig von der Frage, ob überhaupt eine medizinische Notwendigkeit für Leistungen außerhalb des GKV-Katalogs bestehe, sei zwingend vor der fraglichen Leistungserbringung ein Bewilligungsverfahren bei der Krankenkasse einzuleiten.Letztlich und insgesamt fehle es dem Begehren der Klägerin an dem Erfordernis einer richtlinienkonformen fachärztlichen Indikationsstellung entsprechend der MVV-Richtlinie, ohne deren Vorliegen zulässigerweise auf die GKV-Regelversorgung verwiesen werden darf. Ein Anspruch auf eine regelmäßige Mamma-MRT unabhängig von der Indikationsstellung des Arztes sei ausgeschlossen (siehe „Kein Anspruch auf MRT der Mamma ohne medizinische Indikation“ in RWF Nr. 06/2021).
Eine richtlinienkonforme fachärztliche Indikationsstellung könne auch nicht in der Überweisung der Gynäkologin gesehen werden. Dieser sei zu entnehmen, dass die Mamma-MRT nicht, wie von der MVV-Richtlinie gefordert, einem Rezidivausschluss (oder einer Primärtumorsuche nach histologisch-gesichertem Befund) diene, sondern der „Nachsorge“ zugeordnet werden müsse. Der Ausschluss von Mamma-MRT aus dem GKV-Katalog der Nachsorgeleistungen wiederum könne, so das LSG, der MVV-Richtlinie eindeutig entnommen werden.
Praxistipp |
Leistungserbringern wie auch Zuweisern sei dringend empfohlen, in derartigen Konstellationen eine ausführliche und nachweisbare Aufklärung der GKV-Patienten vorzunehmen. Ist diese unvollständig oder fehlerhaft, könnte ein Verstoß gegen die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung (vgl. § 630c Abs. 3 BGB) indiziert sein. Die Folge: Der eigene Vergütungsanspruch könnte untergehen. Um sich diesem Vorwurf nicht auszusetzen, sollten Patienten rechtzeitig (Stichwort: ausreichend Bedenkzeit!) vor Durchführung der Behandlung mündlich und in Textform, nicht nur über die Risiken, sondern auch über die Kosten und eine ggf. nicht bestehende Kostenübernahme ihrer Versicherungen aufgeklärt werden. Oftmals stellen die Fachgesellschaften entsprechende Aufklärungsformulare zur Verfügung. Bei Verwendung dieser empfiehlt es sich, in den Freifeldern (ergänzend) festzuhalten, dass Sie den Patienten über eine ggf. nicht gesicherte Kostenübernahme durch die Krankenkasse informiert haben. |
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