Honorarrecht Pro: Abrechnung von MRT-Leistungen mit angemieteten Geräten – das ist möglich
Von RA, FA MedizinR Christian Pinnow, D+B Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Düsseldorf, db-law.de
Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen Radiologen MRT-Leistungen außerhalb ihrer Praxis in Diagnostikzentren, die medizinische Großgeräte (z. B. MRT) sowie medizinisch-technisches Fachpersonal vorhalten, erbringen und abrechnen können, sind derzeit unterschiedliche Schlussfolgerungen möglich.
Zweifel lassen sich ausräumen
Das Angebot jener Diagnostikzentren richtet sich an Ärzte, die aufgrund unterschiedlichster Bedürfnisse den Zugriff auf diagnostische Großgeräte suchen, z. B. weil
- sie in ihrer Praxis kein eigenes MRT-Gerät haben,
- ihr MRT-Gerät bereits vollständig ausgelastet ist,
- sie einen Zugang zu einem High-End-MRT-Gerät für Spezialuntersuchungen benötigen oder
- sie an weiteren Standorten Untersuchungen anbieten möchten.
Im Rahmen der Rechtsauffassung einiger Juristen bestehen Zweifel, dass die Nutzung eines solchen Angebots mit den berufs-, vertragsarzt- und gebührenrechtlichen Anforderungen zu vereinbaren ist. Derartige Zweifel lassen sich aber ausräumen.
Vertragsärztliche Leistungen
Es besteht eine Rechtsauffassung, nach der die Abrechnung von in einem Diagnostikzentrum und nicht in der eigenen Praxis erbrachten Leistungen gegenüber der KV daran scheitere, dass die Leistungen nicht am Vertragsarztsitz, also nicht in der eigenen Praxis erbracht werden. Das erscheint auf den ersten Blick richtig, weil ein Vertragsarzt auf die Erbringung der Kassenleistungen an seinem Vertragsarztsitz beschränkt ist.
Gleichwohl eröffnet das Vertragsarztrecht auf den zweiten Blick – mit der Regelung des § 24 Abs. 5 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) – durchaus die Möglichkeit, ausgelagerte Praxisräume zu nutzen, in denen dann Kassenleistungen erbracht werden dürfen. Der Betrieb einer solchen Nebenbetriebsstätte ist zulässig, wenn dort spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen erbracht werden.
Diese Möglichkeit ist vom Verordnungsgeber ausdrücklich mit Blick auf die Nutzung von Großgeräten wie MRT-Scannern eingeräumt worden. An einem solchen Standort dürfen keine regulären Sprechstunden durchgeführt werden, aber Untersuchungen, wie im konkreten Fall die MRT-Scans, sind ausdrücklich dort erbringbare und abrechenbare Leistungen.
Die Nutzung eines solchen ausgelagerten Praxisraums ist zulässig, wenn sich dieser in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz (30-Minuten-Regel) befindet. Die Aufnahme der Tätigkeit an diesem Ort ist der KV lediglich anzuzeigen. Es bedarf keiner Genehmigung der KV oder des Zulassungsausschusses.
Die Nutzung des Diagnostikzentrums als ausgelagerten Praxisraum ist also vertragsarztrechtlich zulässig und dort von Radiologen erbrachte Leistungen sind im geschilderten Rahmen gegenüber der KV abrechenbar.
Privatliquidation
Es herrscht zudem die Rechtsauffassung vor, nach der die privatärztliche Abrechenbarkeit solcher MRT-Leistungen zweifelhaft ist, weil sie im Diagnostikzentrum mit fremden und nicht mit eigenen Geräten in der eigenen Praxis erbracht werden. Folge sei es, dass die Kosten der Ärzte geringer seien als im Fall der Nutzung eigener Geräte. Die Ermittlung der Punktwerte für die MRT-Leistungen habe nach dieser Rechtsauffassung solch verminderte Kosten aber nicht berücksichtigt. Demnach dürfte es dann in der Weise zu verstehen sein, dass die so erzielbare größere Marge für die Untersuchenden einer Abrechenbarkeit der in einem angemieteten Diagnostikzentrum erbrachten MRT-Leistungen entgegenstehe.
Eigene Geräte keine zwingende Voraussetzung
Es ist aber schon ungewiss, ob diese Erwägungen zur Bewertung von GOÄ-Positionen und den damit verbundenen Folgen für die Abrechenbarkeit richtig sind. Gegen diese Erwägungen spricht schon, dass es sich bei den MRT-Positionen in der GOÄ gerade nicht um reine Kostenerstattungen handelt, für die tatsächlich geringere Kosten einer Leistung zu berücksichtigen wären. Vielmehr liegt es in der Natur der Sache, dass bei einheitlich sowohl die ärztlichen als auch die technischen Leistungsbestandteile abbildenden GOÄ-Positionen geringere Kosten einer Leistung als erhöhter Gewinn bei der abrechnenden Person verbleiben können und dürfen.
Es ist der GOÄ jedenfalls nicht zu entnehmen, dass einzelne Leistungspositionen nur abrechenbar wären, wenn die tatsächlichen Kosten der enthaltenen technischen Leistung den bei der Bewertung der Leistung angenommenen Kosten noch entsprechen. Eine diese Auslegung stützende Rechtsprechung ist jedenfalls nicht ersichtlich.
Der GOÄ kann auch nicht entnommen werden, welche Kosten mindestens angefallen sein müssten, damit eine Leistung abrechenbar ist. Aufgrund hoher Fixkosten sinken die durchschnittlichen Kosten pro MRT-Untersuchung bei steigender Auslastung, auch wenn ein Arzt ein eigenes MRT-Gerät betreibt. Es liegt aber fern, dass ein Arzt Untersuchungen nicht mehr abrechnen dürfte, wenn er seine eigenen Geräte besser auslastet als dies 1996 der Fall gewesen ist.
Anwesenheit bei der technischen Durchführung der MRT-Untersuchung
Nach einer Rechtsauffassung wird für die Nutzung von Diagnostikzentren die Anwesenheit der Radiologen im Diagnostikzentrum bei der technischen Durchführung als zwingend angesehen. Nur so könne die für die Delegation der technischen Leistungsteile nötige Aufsicht gewährleistet werden.
Diese Auffassung könnte nur dann überzeugen, wenn Radiologen tatsächlich das nichtärztliche Personal so beaufsichtigen müssten, dass sie jede Verrichtung selbst vor Ort am Gerät und beim Patienten überwachen. Das ist aber weder fachlich indiziert noch rechtlich vorausgesetzt sowie auch keine gelebte Praxis. Schon die gemeinsame Stellungnahme der Bundesärztekammer und der KBV vom 29.08.2008 hält die Delegation der technischen Durchführung von MRT-Untersuchungen an nichtärztliche Mitarbeitende für zulässig und verlangt dabei die Anwesenheit des Arztes nur dann, wenn Risiko-Patienten untersucht werden.
Im Übrigen wird in der gemeinsamen Stellungnahme gefordert, dass der Radiologe mit den die Untersuchung durchführenden nichtärztlichen Mitarbeitenden so in Verbindung stehen muss, dass er die entstehenden Aufnahmen bewerten und den weiteren Gang der Untersuchung steuern kann. Das ist aber auch technisch möglich, wenn sich der Radiologe nicht in unmittelbarer Nähe des Patienten aufhält, denn es gilt:
- Die Übertragung der akquirierten Bilder in Echtzeit in die Praxis des Radiologen ist technisch ohne Zweifel möglich.
- Auch der unmittelbare telefonische Kontakt, um unmittelbar auf die Untersuchung Einfluss nehmen zu können, ist technisch unstreitig möglich.
- Zudem hat das vergangene Jahr der Pandemie auch außerhalb der Radiologie gezeigt, dass sogar Videotelefonate alltäglich geworden sind. Mit dieser Technik sind die Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Untersuchung durch einen Radiologen zusätzlich erweitert.
Die oftmals dieser Betrachtung entgegengehaltene Rechtsprechung vor allem der Sozialgerichtsbarkeit ist schließlich in Zeiten ergangen, in denen die heutigen technischen Möglichkeiten nicht bestanden haben und zudem das ärztliche Berufsrecht telemedizinischen Leistungen streng im Wege stand. Da die damals zu beurteilenden Sachverhalte nicht mehr mit der aktuellen Leistungsrealität übereinstimmen, kann jedenfalls die damalige rechtliche Beurteilung jener anderen Sachverhalte nicht zwanglos übertragen werden.
Weisungsbefugnis ist zu gewährleisten
Zu beachten ist aber natürlich, dass den Radiologen durch die Diagnostikzentren das Recht eingeräumt sein muss, dem nichtärztlichen Personal fachliche Weisungen zu erteilen und spiegelbildlich muss dieses Personal auch verpflichtet sein, solchen Weisungen zu folgen. Dazu bedarf es aber keiner arbeitsrechtlichen Vereinbarung. Der Radiologe muss auch die Fähigkeiten dieses Personals individuell kennen, um bewerten zu können, ob deren konkrete Geeignetheit für die technische Untersuchung gegeben ist. Das ist aber ebenfalls tatsächlich umsetzbar, auch wenn es einen gewissen Aufwand bedeutet.
Fazit |
Weder das ärztliche Berufs- und Gebührenrecht noch das Vertragsarztrecht stehen einer Nutzung von Diagnostikzentren außerhalb der radiologischen Praxis entgegen. Entscheidend ist aber, dass die tatsächlichen Abläufe und die durch Vereinbarung zwischen den Beteiligten herzustellenden wechselseitigen Pflichten im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen gestaltet sind. Die Nutzung von Diagnostikzentren für Ärzte ist also nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine gute Idee, sondern kann auch rechtskonform ausgestaltet werden. |
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