KrankenversicherungsrechtPET-CT/MRT-Untersuchung gebilligt
Von RA Tim Hesse und Rechtsreferendarin Lena Krenz, Münster/Dortmund, kanzlei-am-aerztehaus.de
Nicht anerkannte diagnostische Maßnahmen können im Falle einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unterfallen, wenn die standardgemäßen diagnostischen Methoden ausgeschöpft oder keine hinreichenden Erkenntnisse zu liefern in der Lage sind. Dies hat das Sozialgericht (SG) Leipzig mit Gerichtsbescheid vom 22.04.2020 bestätigt (Az. S 8 KR 1743/19).
Sachverhalt
Ein Patient beantragte gegenüber der Krankenversicherung die Kostenübernahme für eine PET-CT/MRT-Untersuchung. Die Kasse lehnte mit der Begründung ab, dass es sich um keine GKV-Leistung handele; dafür müsse der diagnostische bzw. therapeutische Nutzen nachgewiesen sein. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) habe den Nutzen einer PET/PET-CT aber nur für bestimmte medizinische Indikationen festgestellt. Hiergegen legte der an einem Hodentumor im Stadium III leidende Patient Widerspruch ein. Seine behandelnde Urologin sprach sich für eine PSMA-PET-CT aus, da die herkömmliche Bildgebung für die Unterscheidung von nekrotischem und vitalem Tumorgewebe nicht ausreiche. Die Versicherung wies den Widerspruch des Patienten unter Bezugnahme auf ein MDK-Gutachten zurück.
Entscheidungsgründe
Auf die Klage des Patienten stellte das SG einen Anspruch auf Kostenerstattung fest. Er habe einen Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V und auch auf die streitgegenständliche PET-CT/MRT-Untersuchung. Zwar liege dafür keine positive Bewertung oder Empfehlung des G-BA vor, sodass der PET-CT-Einsatz für die Diagnose Hodentumor nicht vom Leistungskatalog der GKV erfasst sei. Eine Kostenübernahme komme aber trotzdem in Betracht, wenn eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorliege, für diese Erkrankung keine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung stehe und wenn durch die Behandlung eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Diese drei Voraussetzungen sah das Gericht in diesem Fall als erfüllt an.
Merke |
In seinem Bescheid verwies das SG auf eine notstandsähnliche Situation des Patienten. CT oder MRT allein waren nicht geeignet, die Vitalität weiterer Lymphknotenmetastasen feststellen zu können. Die spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf könne auch darin liegen, lebensbedrohliche Risiken von Therapieoptionen – hier: PET-CT/MRT bei Hodentumor und mehreren abgebrochenen Chemotherapien – überhaupt erst abzuklären. |
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