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HaftungsrechtKonsiliararzt haftet nicht, wenn überweisender Arzt Empfehlungen nicht umsetzt

26.02.2021Ausgabe 3/20213min. Lesedauer
Von RA, FA MedizinR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, christmann-law.de

Wird ein Facharzt von einem anderen Arzt konsiliarisch hinzugezogen, so bleibt die Verantwortung für die Gesamtbehandlung bei dem überweisenden Arzt. Der Konsiliararzt haftet nicht dafür, dass der behandelnde Arzt Empfehlungen des Konsiliararztes nicht oder nur verspätet umsetzt. Von Interesse sind dabei weniger der konkrete Sachverhalt in diesem Fall, sondern vielmehr die Konsequenzen hinsichtlich der grundsätzlichen Rechte und Pflichten im Rahmen eines Konsils (Oberlandesgericht [OLG] Hamm, Urteil vom 30.10.2020, Az. 26 U 131/19).

Sachverhalt

In dem verhandelten Fall ging es um das Auftreten einer Frühgeborenen-Retinopathie. Geklagt wurde gegen niedergelassene Augenärzte, die konsiliarisch für die ebenfalls beklagte Klinik tätig waren. Das Neugeborene hat mittlerweile das Augenlicht weitgehend verloren. Die Klägerin (das Neugeborene bzw. die gesetzlichen Vertreter) wirft der Klinik und den Konsiliarärzten eine fehlerhafte Behandlung vor. Die Konsiliarärzte hätten es in fehlerhafter Weise unterlassen, das Neugeborene eine Woche nach der Kontrolluntersuchung erneut zu untersuchen. Dadurch sei die Behandlung verzögert und der Sehverlust hervorgerufen worden.

Entscheidungsgründe und Konsequenzen für Konsiliarärzte

Fazit

Die Verantwortung für den Patienten liegt grundsätzlich beim behandelnden Arzt bzw. bei der behandelnden Klinik. Dieser bzw. diese hat
  • den Behandlungsablauf zu überwachen und
  • die Empfehlungen der konsiliarisch hinzugezogenen Spezialisten umzusetzen.
Tun die behandelnden Ärzte dies nicht, so haften sie dafür. Die Konsiliarärzte haften hingegen nicht dafür, dass die behandelnden Ärzte ihre Empfehlungen nicht umsetzen!
Die Entscheidung des OLG Hamm folgt der allgemeinen Linie der Rechtsprechung zur Aufgabenverteilung zwischen behandelndem Arzt und Konsiliararzt. Die Entscheidung ist zu begrüßen, da sie eine klare Aufgabenverteilung und Haftungsverteilung ermöglicht.
  • Das OLG Hamm wies die Klage gegen die konsiliarisch tätigen Augenärzte als unbegründet ab. Diesen sei kein Behandlungsfehler oder Ähnliches vorzuwerfen.
  • Der hinzugezogene Arzt (Konsiliararzt) sei regelmäßig an den konkreten Auftrag des überweisenden Arztes gebunden, wenn er konsiliarisch tätig wird.
  • Die Behandlungsverantwortung mit der Pflicht vollständiger therapeutischer Aufklärung verbleibe bei dem die Behandlung führenden (überweisenden) Arzt.
  • Nach dem Ende seiner Behandlung könne und müsse sich der konsiliarisch hinzugezogene Arzt im Regelfall darauf verlassen, dass der überweisende Arzt seinen Empfehlungen folgt und die erforderlichen Maßnahmen veranlasst.
  • Der Konsiliararzt müsse i. d. R. auch bei dem überweisenden Arzt nicht rückfragen, wie die Behandlung weiterging.
  • Einen „Fristenkalender“ müsse der Konsiliararzt nicht führen.
  • Die Organisations- und Koordinationsverantwortung bleibe bei dem überweisenden Arzt.
  • Ein Konsiliararzt sei grundsätzlich nicht verpflichtet – bei ausbleibender Anforderung weiterer Behandlungen durch den überweisenden Arzt – eigenständig zum Patienten Kontakt aufzunehmen.
  • Empfiehlt der konsiliarisch hinzugezogene Arzt dem überweisenden Arzt leitliniengerecht eine Wiedervorstellung des Patienten, z. B. nach einer Woche, könne er erwarten, dass seine Empfehlung auch von der Klinik umgesetzt wird.
  • Der Konsiliararzt müsse die Einhaltung dieser Empfehlung zur Wiedervorstellung bzw. Kontrolle nicht überprüfen.
Weiterführende Hinweise

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