Organisation
Die klinische Radiologie und ihr Beitrag zur Versorgungsqualität (Teil 2)
Von Dr. Bernd May, Geschäftsführer MBM Medical-Unternehmensberatung GmbH, und Prof. Dr. med. Günter Layer, Chefarzt des Zentralinstituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klinikum Ludwigshafen
Zu den Herausforderungen der klinischen Radiologie zählen u. a. hohe Kosten für radiologische Modalitäten sowie der akute Personalmangel. Die Lösungsansätze liegen u. a. in der Nutzung von und Entlastung durch Teleradiologie, künstliche Intelligenz (KI), dem Erwirtschaften von Zusatzerlösen im KV-Bereich oder im Outsourcing der klinischen Radiologie an Praxen. Die Kostenaspekte der wichtigsten Lösungsansätze wurden in Teil 1 dieses Beitrags besprochen (siehe RWF Nr. 09/2024), in diesem Teil 2 geht es um die Qualitätsaspekte der klinischen Radiologie sowie um eine Gesamteinordnung.
Qualitätsaspekte der klinischen Radiologie
Die Beurteilung der Qualität der klinischen Radiologie ist komplex und vielschichtig. Es beginnt mit der Überprüfung der Untersuchungsanforderung und der Frage, ob diese und die angeforderte Modalität zum klinischen Kontext passen. Ein proaktives Verhalten des fachkundigen Radiologen kann helfen, fehlerhafte Anforderungen sowie zeitaufwendige Stufen- und Wiederholungsdiagnostik zu vermeiden und mit der radiologischen Ergebnisqualität zu einer Verkürzung der Verweildauer beizutragen. Das Potenzial an Verkürzungstagen ist genau messbar und kann wertmäßig die Größenordnung der Gesamtkosten einer radiologischen Einheit erreichen. Bei einem Level-2-Versorger entspräche das einer Größenordnung von etwa 6 Mio. Euro pro Jahr.
Qualitätsrelevant ist ein Team von Spezialisten, also des Neuroradiologen bei neurologischen und neurochirurgischen Partnern, des Kinderradiologen für eine Kinderklinik sowie Spezialisierungen, z. B. in der Tumordiagnostik, Unfallchirurgie, Rheumatologie oder Kardiologie.
Zusammenspiel von Qualität und Erlöspotenzialen
Ein solches Team von Spezialisten kann spezialisierte Leistungen für die Versorgung von Patienten auch außerhalb der Klinik rentabel vermarkten. Damit treten Kliniken, insbesondere große Kliniken mit einem Spezialistenteam, bei der Versorgung von privat versicherten oder selbstzahlenden Patienten in unmittelbaren Wettbewerb mit den Arztpraxen.
Dies gelingt nach Auffassung des Autors mit großem Erfolg, wie einige Kliniken beispielhaft zeigen, bei
- Kardio-CT und -MRT,
- umfassender Mamma-Diagnostik mit MRT und Stanzbiopsien,
- umfassender, MRT-gestützter Prostata-Diagnostik mit MRT-gesteuerter oder Ultraschall-Fusionsbiopsie und minimalinvasiver Therapie bei benignen und malignen Prostata-Tumoren mithilfe von hochintensivem fokussierten Ultraschall (HifU),
- Kinderradiologie mit MRT,
- spezialisierten neuroradiologischen Untersuchungen oder
- interventionellen Verfahren mit einem zunehmend großen Spektrum.
Wenn Kliniken die Versorgungsprozesse infrastrukturell sowie personell gut organisieren, können die Erlösmöglichkeiten ohne Weiteres mittlere sechsstellige Beträge erreichen. Weitere Erlöspotenziale liegen in der ambulant spezialfachärztlichen Versorgung ASV nach § 116 b SGB V bei seltenen oder schweren Erkrankungen mit besonderem Krankheitsverlauf. Zu letzteren zählen bisher Augentumoren, chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), Epilepsie, gastrointestinale Tumoren, gynäkologische Tumoren, Hauttumoren, Hirntumoren, Knochen- und Weichteiltumoren, Kopf- oder Halstumoren, Lungentumoren und Tumoren des Thorax, Multiple Sklerose, Rheuma sowie urologische Tumoren. Es handelt sich bei der ASV um extrabudgetäre Erlöse, die also ohne Abzüge mit den KV-Abrechnungen erfolgen. Diese rentieren sich insbesondere bei Leistungen mit CT, MRT und PET/CT.
Wichtiger ist allerdings der prozessuale Vorteil innerhalb der ASV. Denn wenn die Klinikradiologie bei der überwiegend anfallenden Tumordiagnostik die Untersuchungen selbst durchführt und in den Tumor-Boards bespricht, so entsteht dabei der Vorteil gegenüber den nicht-ASV-Prozessen. Denn bei den letztgenannten Prozessen stellen ambulante Radiologien auf digitalen Datenträgern die Untersuchungsergebnisse zur Verfügung, und zwar mit dem für die Klinikradiologie doppelten Aufwand der zusätzlichen Beurteilung und Präsentation solcher Untersuchungen.
Ermächtigungsleistungen für KV-Patienten spielen zunehmend eine untergeordnete Rolle und hängen vom Wohlwollen der niedergelassenen Ärzte sowie der KV ab. Die geplante und derzeit in der politischen Diskussion befindliche Krankenhausreform will mehr Brücken zwischen den Sektoren bauen, z. B. mit den Level 1i(intersektoral)-Kliniken. Zudem gibt es seit Anfang des Jahres 2024 eine dreistufige Notfallversorgung mit gestaffelten Zusatzzahlungen. Das sind zwei gute Ansätze mit viel Potenzial für eine bessere Versorgung über die Sektorengrenzen hinweg. Es ist allerdings kaum vorstellbar, dass Praxen eine auch nur einigermaßen umfassende Notfallversorgung bei fehlender radiologischer Diagnostik durchführen können. Radiologische Praxiskliniken mit Level 1i-Niveau hätten ein enormes Brückenpotenzial.
Zusammenfassung und Fazit |
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