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BetriebswirtschaftKalkulation in einer Radiologiepraxis

31.07.2024Ausgabe 8/20244min. Lesedauer
Von Prof. Günter Stephan, ehem. Hochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Baden-Württemberg Kehl, stephan@hs-kehl.de

Je größer eine Radiologiepraxis aufgestellt ist, desto sinnvoller und hilfreicher sind Kenntnisse aus der Betriebswirtschaftslehre (BWL), um den Überblick bei den Finanzen nicht zu verlieren bzw. um bei der Erlangung dieses Überblicks keine Zeit zu verlieren. Ein interessantes BWL-Instrument ist die Kalkulation oder Kostenträgerstückrechnung.

Bei der Kalkulation oder Kostenträgerstückrechnung geht es – wie der Alternativbegriff nahelegt – um die Ermittlung der sogenannten Stückkosten. Das sind die Kosten je Dienstleistung, also z. B.

Merke

Der Begriff Kostenträger bezieht sich dabei nicht auf die Zahlungspflicht und auf wen diese zutrifft (es geht also nicht darum, wer die „Kosten zu tragen“ hat), sondern auf die erbrachten Dienstleistungen.

  • die Kosten einer MRT-/CT-/Röntgenuntersuchung,
  • die Kosten einer Patientenberatung oder
  • die Kosten einer Arbeitsstunde eines Radiologen.

Bei der Kalkulation soll u. a. die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Dienstleistungen ermittelt und dargestellt werden – entweder

  • im Zeitvergleich,
  • im Vergleich mit Planwerten oder
  • mit anderen Radiologiepraxen.

Die errechneten Werte können auch zur Preisfestlegung für frei kalkulierbare Leistungen zugrunde gelegt werden.

Die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) erfolgt in drei Schritten, die aufeinander aufbauen. Als Basis fungiert die

  • Kostenartenrechnung, auf die die
  • Kostenstellenrechnung folgt, die ihrerseits eine
  • Kostenträgerrechnung ermöglicht.

Die Kostenartenrechnung soll die Frage beantworten, welche Kosten angefallen sind, bei der Kostenstellenrechnung geht es um die Frage, wo in der Einrichtung die Kosten entstanden sind und schließlich soll bei der Kostenträgerrechnung geklärt werden, für welche Produkte bzw. Dienstleistungen die Kosten angefallen sind. Die Grafik „Gliederung und Teilgebiete der KLR“ verdeutlicht diese Zusammenhänge.

Die Ergebnisse der Kostenstellenrechnung werden dann durch die Anzahl der erbrachten Leistungen dividiert. Voraussetzung ist eine genaue Ermittlung der Leistungen je Kostenstelle.

Verfahren der Kalkulation

Als Verfahren der Kalkulation/Kostenträgerrechnung kommen drei Verfahren in Betracht:

  • 1. Divisionskalkulation,
  • 2. Äquivalenzziffernkalkulation
  • 3. Zuschlagskalkulation.

Divisionskalkulation

Bei der Divisionskalkulation werden alle in einer Periode anfallenden Kosten durch die Zahl der erbrachten Leistungseinheiten dividiert. Dieses Verfahren ist nur sinnvoll, wenn ein Bereich nur eine einzige Leistung erbringt.

Berechnungsbeispiel: In der Tabelle „Divisionskalkulation“ (siehe unten) wird die Rechnung verdeutlicht. Die Kosten eines Produkts (z. B. Röntgenbilder) werden ermittelt, indem die Gesamtkosten einer Periode durch die Gesamtzahl der erstellten Produkte dividiert wird. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Divisionskalkulation sind einheitliche Produkte.

Äquivalenzkalkulation

Die Äquivalenzkalkulation ist anwendbar, wenn ähnliche Produkte/Dienstleistungen erstellt werden. Die Kostenunterschiede zwischen den Produkten werden über sogenannte Äquivalenzziffern ausgedrückt. Durch diese Gewichtung können die einzelnen Stückkosten ermittelt werden.

Berechnungsbeispiel: In einer radiologischen Praxis wurden im letzten Jahr die folgende Röntgenbilder angefertigt:

Divisionskalkulation

Kosten eines Produkts
=
Gesamte Kosten
Anzahl der erstellten Produkte
Beispiel:
40 Euro/Stück (Stückkosten)
=
200.000 Euro (Gesamtkosten der Periode)
5.000 Stück (erstellte Produkte)

Äquivalenzkalkulation

Gesamtkosten im Bereich Röntgen: 4.000.000 Euro
Art der Röntgenbilder
Anzahl der Bilder
Äquivalenzziffern
Anzahl der Recheneinheiten
Kosten je Röntgenbild
Hüfte
15.000
2
30.000
56,74 Euro
Schulter
18.000
4
72.000
113,48 Euro
Hand
13.000
3
39.000
85,11 Euro
Summe
46.000
141.000
Kosten pro Recheneinheit: 28,37 Euro

Zuschlagskalkulation

Röntgen
MRT
Einzelkosten
3.500.000
4.000.000
Gemeinkosten
3.000.000
  • Hüfte: 15.000 Bilder
  • Schulter: 18.000 Bilder
  • Hand: 13.000 Bilder

Die Gesamtkosten der Kostenstelle Röntgen beliefen sich in dem zu analysierenden Jahr laut Kostenstellenrechnung auf 4.000.000 Euro. In einer Detailanalyse wurde ermittelt, dass die Kosten der einzelnen Arten der Röntgenbilder untereinander durchschnittlich in dem folgenden Verhältnis zueinander stehen (die Ziffern werden Äquivalenzziffern genannt): Hüfte: Schulter: Hand = 2 : 4 : 3

Die Kosten pro Röntgenbild werden auf dieser Basis in mehreren Schritten ermittelt (siehe Tabelle „Äquivalenzkalkulation“):

Merke

Die Anwendbarkeit der Äquivalenzkalkulation steht und fällt mit den Möglichkeiten, die tatsächlichen Kostenunterschiede bei den unterschiedlichen Röntgenaufnahmen zu erfassen und in den Äquivalenzziffern widerzuspiegeln.
  • Ermittlung der Äquivalenzziffern.
  • Durch Multiplikation der Mengen (Anzahl) der jeweiligen Arten von Röntgenbildern mit den
  • jeweiligen Äquivalenzziffern ergeben sich die Recheneinheiten.
  • Division der zu verteilenden Gesamtkosten durch die Gesamtsumme der Recheneinheiten (hier: [4.000.000 Euro/141.000 Recheneinheiten] = 28,37 Euro/Recheneinheit)
  • Multiplikation der Kosten pro Recheneinheit mit den einzelnen Äquivalenzziffern. Das ergibt die Kosten pro Röntgenbild (28,37 x 2 = 56,74 Euro [Hüfte]; 28,37 x 4 = 113,48 Euro [Schulter]; 28,37 x 3 = 85,11 Euro [Hand])

Zuschlagskalkulation

Die Zuschlagskalkulation wird angewendet, wenn in einer Einrichtung unterschiedliche/heterogene Produkte erzeugt werden. Den Einzelkosten (dem Produkt direkt zurechenbare Kosten) werden die nicht direkt zurechenbaren Gemeinkosten (z. B. Miet-, Reinigungs-, Verwaltungskosten) als prozentualer Zuschlag zugerechnet.

Berechnungsbeispiel: Für eine radiologische Praxis ergeben sich aus der Kostenrechnung die in der Tabelle „Zuschlagskalkulation“ aufgelisteten Kosten in Euro. Bei der Durchführung der Zuschlagskalkulation werden die Einzelkosten direkt erfasst und die nicht direkt zurechenbaren Gemeinkosten als prozentualer Zuschlag auf die Einzelkosten verrechnet.

Wie der Zuschlagssatz ermittelt wird, ist der Tabelle „Zuschlagssatz“ zu entnehmen.

Zuschlagssatz

Zuschlagssatz
=
Gesamte Gemeinkosten des Zeitraums
Gesamte Einzelkosten des Zeitraums
Anwendung im Berechnungsbeispiel:
Summe der Gemeinkosten
3.000.000 Euro
x 100 = 40 %
Summe der Einzelkosten
7.500.500 Euro

Für die Erstellung einer Röntgenaufnahme können auf dieser Basis die Selbstkosten (Kosten pro Aufnahme) ermittelt werden (siehe Tabelle „Selbstkosten pro Röntgenaufnahme“. Die zusätzlichen Angaben zu den Einzelkosten [Personal- und Sachkosten] stammen in diesem Berechnungsbeispiel ebenfalls aus der Kostenrechnung).

Selbstkosten pro Röntgenaufnahme

Personalkosten (Einzelkosten Röntgen)
150 Euro
+ Sachkosten (Energie-, Kosten für Kontrastmittel)
80 Euro
= Summe Einzelkosten
230 Euro
+ Gemeinkosten; hier: 40 % von 230 Euro
92 Euro
= Selbstkosten
322 Euro

Bei dieser Vorgehensweise wird unterstellt, dass ein konstantes Verhältnis zwischen den Gemeinkosten und den Einzelkosten besteht. Für Leistungen in der radiologischen Praxis, die frei kalkulierbar sind, ist diese Vorgehensweise möglich.

Weiterführende Hinweise

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