Mitarbeiterjahresgespräche: Wo steht der ärztliche Mitarbeiter im Vergleich zu den Kollegen?

von Cornelia Harms-Schulze, CHS Personaltraining und -beratung, Bremen

Grundsätzlich wird bei Mitarbeiterjahresgesprächen zwischen zwei Methoden zur Feststellung der Leistung und der Planung zukünftiger Vorhaben unterschieden: die Methode der Zielvereinbarungen und die Methode der merkmalorientierten Leistungsbewertung. In der letzten Ausgabe des „RadiologenContrastForum“ ging es um die Ziele zur Mitarbeiterbeurteilung. Dieser zweite Teil beschäftigt sich nun mit der merkmalorientierten Leistungsbewertung.

Das merkmalorientierte Gespräch

Bei der merkmalorientierten Leistungsbewertung geht es darum, Leistungen des Mitarbeiters im Vergleich zu anderen zu beurteilen. Dies ist ein Instrument, Leistungsdefizite frühzeitig zu erkennen oder ihnen vorzubeugen, Ursachen dafür zu finden und Gegenmaßnahmen zu planen. Hier erfolgt die Beurteilung stärker nach festgelegten Regeln, die aber das Gefühl des Ausgeliefertseins an die Führungskraft vermindern.

Zur Vorbereitung auf ein merkmalorientiertes Mitarbeiterjahresgespräch dient das nachfolgende Formular, in dem zuerst der ärztliche Mitarbeiter (ÄM) und dann der Chefarzt (CA) der Radiologie seine eigenen Einschätzungen abgeben soll – vor dem Gespräch:

Formular für ein merkmalorientiertes Mitarbeitergespräch

Kategorie

Definition

Voll ausgeprägt

Ausgeprägt

Teils ausgeprägt

Betriebsbezogen

Entwickelt abteilungsbezogene Ziele und Strategien

ÄM

CA

ÄM

CA

ÄM

CA

Stimmt Abteilungsziele mit übergeordneten Zielen und Visionen ab

ÄM

CA

ÄM

CA

ÄM

CA

Steuert und koordiniert Prozesse

ÄM

CA

ÄM

CA

ÄM

CA

Beurteilt entstehende Kosten zum Arbeitsziel

ÄM

CA

ÄM

CA

ÄM

CA

Organisiert und optimiert Arbeitsabläufe

ÄM

CA

ÄM

CA

ÄM

CA

Orientierungspunkte für das Gespräch

1. Gesprächsgegenstand sind die Punkte, an denen die Einschätzungen pergieren.

2. Im Vordergrund steht die Ursachensuche für die unterschiedlichen Einschätzungen, um gemeinsam nach Maßnahmen zur Leistungssteigerung und Möglichkeiten der Veränderung zu suchen.

3. Danach sind Vereinbarungen für die Zukunft zu treffen sowie Unterstützungsmaßnahmen konkret zu formulieren.

4. Die Gesprächsergebnisse sind schriftlich festzuhalten.

Das Verhalten der Führungskraft im Gespräch

Die Führungskraft stellt in erster Linie Fragen und versucht damit, den ärztlichen Mitarbeiter zu animieren, sich Themen wie seinem Aufgabenverständnis, der Ursachenforschung für Fehler und deren Lösung eigenverantwortlich zu erarbeiten. Dabei muss sie sich in ihrem Gesprächsverhalten inhaltlich insbesondere auf drei Ebenen konzentrieren:

  • Standortbestimmung
  • Klärung der Prozesse und
  • Zieldefinitionen.

Beispiele für Fragen zur Standortbestimmung

  • Was haben Sie im letzten Jahr erreicht?
  • Was war unterstützend?
  • Was war behindernd?
  • Wo sehen Sie Ihre Grenzen und warum?
  • Wie planen Sie Ihren Arbeitsalltag?

Beispiele für Fragen zur Klärung der Prozesse

  • Wo sind Schnittstellen zu anderen Abteilungen?
  • Wie können Prozesse optimiert werden?
  • Wer muss was dazu tun?
  • Wie sieht Ihr eigener Anteil aus?
  • Wo setzen Sie Prioritäten?

Grundsätze zu Zieldefinitionen

  • Ziele der Abteilung und des Mitarbeiters sollten im Grundsatz über­einstimmen.
  • Ziele sollten stets präzise formuliert werden: zum Beispiel nicht „freundlicher sein“, sondern festlegen, was „freundlicher“ im Arbeitsalltag meint.
  • Ziele müssen messbar sein, um kontrolliert zu werden.
  • Die Zielerreichung muss überprüft und anerkannt werden, sonst entsteht Demotivation.
  • Definierte Ziele müssen gänzlich in den Möglichkeiten des Mitarbeiters liegen.

Ist die Objektivität wirklich gewährleistet?

Ärztliche Mitarbeiter achten genau darauf, wie und warum sie so und nicht anders beurteilt werden. Vorgesetzte werden dadurch stärker in die Pflicht genommen – nicht zuletzt durch das systematische Verfahren, das Vereinbarungen nachprüfbar macht. Die Gewährleistung der Objektivität im Beurteilungsverfahren ist ein großer Wunsch aller Beteiligten. Allerdings ist dies nicht hundertprozentig realisierbar.

Fazit

Mitarbeiter mögen argwöhnen, dass es sich bei Jahresgesprächen um ein reines Kontrollinstrument handelt. Führungskräfte mögen diese Gespräche als eine zusätzliche Belastung empfinden. Welche Chancen jedoch darin liegen, die interne Kommunikation zu verbessern und Arbeitsabläufe zu optimieren, zeigt sich erst, wenn

  • die Führungskraft einen wirklichen Dialog mit dem Mitarbeiter zulässt, Systematik und Konsequenz in den Gesprächen zeigt,
  • Klarheit über Anforderungen und Erwartungen schafft,
  • gemeinsam mit dem Mitarbeiter Lösungswege erarbeitet,
  • Informationen nicht als Machtinstrument gebraucht, sondern allen zur Verfügung stellt.

Hinweis: Auch die Weiterbildungsordnung schreibt jährliche Gespräche zwischen dem Weiterbilder und dem Weiterzubildenden zum Stand seiner Weiterbildung vor. Nutzen Sie diese Gelegenheit und bauen Sie diese Gespräche zu einem umfassenden „Mitarbeiter­jahresgespräch“ im obigen Sinne aus!