Ersatzvergleich von medizinischen Geräten in einer Radiologiepraxis

von Prof. Günter Stephan, ehem. Hochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Baden-Württemberg, Kehl, stephan@hs-kehl.de

Beim Ersatzvergleich geht es um die Frage, ob ein vorhandenes medizinisches Gerät durch ein neues Gerät ersetzt werden soll oder nicht. Dabei gilt die Prämisse, dass eine bestehende Anlage durch eine neue Anlage ersetzt wird, wenn die entscheidungsrelevanten Kosten der neuen Anlage geringer sind als die Kosten der Altanlage. Bei größeren Investitionsprojekten, die in einer großen Radiologiepraxis anstehen, sollte dies regelmäßig überprüft werden.

Drei Fälle – keine Berücksichtigung der Qualität

Für die hier angestellten Betrachtungen wird aus Gründen der Vereinfachung die Qualität des Outputs (Outcome), die nicht direkt in Kosten bewertet werden kann (z. B. bessere CT-, MRT- oder Röntgenbilder), außer Betracht gelassen. Die folgenden drei Situationen sind denkbar und werden näher analysiert:

  • 1. Eine voll abgeschriebene Anlage wird weiter genutzt oder durch eine neue Anlage ersetzt.
  • 2. Ein Altgerät, dessen Nutzungsdauer noch nicht abgelaufen ist und für das kein Liquidationserlös (d. h. man erhält bei Abgabe des Altgeräts noch einen Verkaufserlös) zum Zeitpunkt der Entscheidung erzielt wird, könnte vorzeitig durch eine neue Anlage ersetzt werden.
  • 3. Ein Altgerät, dessen Nutzungsdauer noch nicht abgelaufen ist, erzielt bei Abgabe bzw. Verkauf noch einen Liquidationserlös. Alternativ wird eine neue Anlage angeschafft.

Tabelle 1: Ausgangssituation

 
Röntgengerät alt
Röntgengerät neu

Anschaffungswert

70.000

80.000

Kalk. Abschreibung: 5 Jahre

14.000

16.000

Kalk. Zinsen: 3 %

1.050

1.200

Sonstige fixe Kosten

800

2.000

Variable Kosten

10.000

8.000

Reparaturkosten

900

500

Jährliche Gesamtkosten

26.750

27.700

 

Beispiel in Anlehnung an von Rüden-Kampmann, Brigitte: Statische Verfahren der Investitionsrechnung, In: Iris Wiesner (Hrsg.) Kosten- und Leistungsrechnung, Wirtschaftlichkeitsrechnung, S. 181 ff.

Fall 1: Ersatz nach Ablauf der Nutzungsdauer des Altgeräts

Ausgehend von der Ausgangssituation, die für sämtliche Varianten des Beispiels gilt (siehe Tabelle 1), entfallen in Fall 1 beim Altgerät die kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen, weil die Anlage abgeschrieben ist. Entscheidungsrelevante Kosten sind die variablen Kosten, die restlichen fixen Kosten sowie die Reparaturkosten. Hier wird unterstellt, dass sich diese nicht ändern.

Die Kosten des alten Röntgengeräts betragen somit jährlich 11.700 Euro (ohne kalkulatorische Kosten), die Kosten des neuen Röntgengeräts betragen unverändert 27.700 Euro. Somit ist es günstiger, das alte Röntgengerät weiter zu nutzen.

Fall 2: Ersatz vor Ablauf der Nutzungsdauer des Altgeräts, kein Liquidationserlös

Für das Altgerät fallen in diesem Fall weiterhin die kalkulatorischen Kosten (Abschreibung und Zinsen) an. Die Gesamtkosten für das alte Röntgengerät betragen also jährlich 26.750 Euro, für das neue Röntgengerät 42.750 Euro. Da das Altgerät stillgelegt wird, sind die kalkulatorischen Kosten dem Neugerät zuzurechnen. Somit ist das Altgerät kostengünstiger (siehe Tabelle 2).

Tabelle 2: Ersatz vor Ablauf der Nutzungsdauer des Altgeräts, kein Liquidationserlös

 

Röntgengerät alt

Röntgengerät neu

Anschaffungswert

70.000

80.000

Kalk. Abschreibung 5 J.

14.000

16.000

Kalk. Zinsen 3 %

1.050

1.200

Sonstige fixe Kosten

800

2.000

Variable Kosten

10.000

8.000

Reparaturkosten

900

500

(remanente) Kapitalkosten Altgerät* bei Verschrottung

 

+ 15.050

Jährliche Gesamtkosten

26.750

42.750

 

* Abschreibungen und Zinsen des Altgeräts

Fall 3: Ersatz vor Ablauf der Nutzungsdauer des Altgeräts, mit Liquidationserlös

Die Nutzungsdauer des alten Röntgengeräts ist noch nicht abgelaufen. Zum Entscheidungszeitpunkt am Ende des 4. Jahres kann das Gerät zu einem Preis von 6.000 Euro in Zahlung gegeben werden. Am Ende des 5. Jahres wird noch ein Liquiditätserlös von 1.000 Euro prognostiziert. In diesem Fall muss der Liquidationserlös genauer betrachtet werden. Wird das Altgerät weiter betrieben, entfällt der Liquidationserlös. Anstelle von Abschreibungen wird der durchschnittliche Wertverlust des Liquiditätserlöses pro Jahr betrachtet, der abgeschrieben und verzinst wird. In diesem Beispiel sollte das Altgerät weiter betrieben werden (siehe Tabelle 3). Erst wenn ein Liquidationserlös in Höhe von rund 17.000 Euro für das Altgerät erzielt werden kann, sollte das Neugerät beschafft werden (siehe Tabelle 4).

Tabelle 3: Ersatz vor Ablauf der Nutzungsdauer des Altgeräts, Liquidationserlös in Höhe von 5.000 Euro

 

Röntgengerät alt

Röntgengerät neu

Abschreibungen

16.000

Verringerung des Liquiditätserlöses

5.000 (=[6.000 – 1.000]/1)

Kalk. Zinsen 3 %

75*

1.200

Sonstige fixe Kosten

800

2.000

Variable Kosten

10.000

8.000

Reparaturkosten

900

500

Jährliche Gesamtkosten

16.675

27.700

 

* 5.000 / 2 x 0,03 bei 3 % Zinsen

Tabelle 4: Ersatz vor Ablauf der Nutzungsdauer des Altgeräts, Liquidationserlös in Höhe von 17.000 Euro

 

Röntgengerät alt

Röntgengerät neu

Abschreibungen

16.000

Verringerung des Liquiditätserlöses

16.000 (=[17.000 – 1.000]/1)

Kalk. Zinsen 3 %

240*

1.200

Sonstige fixe Kosten

800

2.000

Variable Kosten

10.000

8.000

Reparaturkosten

900

500

Jährliche Gesamtkosten

27.940

27.700

 

* 16.000 / 2 x 0,03 bei 3 % Zinsen