Die Vertretung des Wahlarztes: Leser fragen – Experten antworten

beantwortet von RA, FA ArbR und MedR Marc Rumpenhorst, Bochum, klostermann-rae.de

Patienten, die Wahlleistungen in Anspruch nehmen, möchten sich dadurch die persönliche Behandlung und Zuwendung des Chefarztes zu den allgemeinen Krankenhausleistungen hinzukaufen. Welchen Anteil der vereinbarten Leistungen der Chefarzt tatsächlich selbst erbringen muss und in welchen Fällen er sich von wem vertreten lassen darf, ist regelmäßig Gegenstand von Gerichtsverfahren. In den letzten Wochen und Monaten erhielt die Redaktion wiederholt Leseranfragen zu diesem Thema. Zwei davon wurden mit Antworten an dieser Stelle veröffentlicht.

Frage: Welche Regelungen sind in der Wahlleistungsvereinbarung für den Fall zu treffen, dass der Wahlarzt persönlich verhindert ist?

Antwort: Als Leser des RWF ist Ihnen sicherlich bekannt, dass wahlärztliche Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen sind. Gleichwohl hat der Wahlarzt nicht sämtliche Leistungen höchstpersönlich zu erbringen, sondern kann auch Leistungen, die weder Haupt-/Kernleistung sind noch zum Katalog des § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ gehören, delegieren oder sich auch zulässigerweise vertreten lassen.

Bei der Stellvertretung ist jedoch zu berücksichtigen, dass die im Wahlleistungsvertrag geregelte Vertretung des Wahlarztes auf Fälle der unvorhersehbaren Verhinderung beschränkt sein muss, anderenfalls wäre diese Klausel als AGB unzulässig und unwirksam (Oberlandesgericht [OLG] Stuttgart, Urteil vom 17.01.2002, Az. 2 U 147/01 und Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 20.12.2007, Az. III ZR 144/07). Ist die Verhinderung des Wahlarztes vorhersehbar bzw. steht sie im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung bereits fest, bedarf es einer Stellvertretervereinbarung nach Aufklärung des Patienten und Einräumung folgender Wahlmöglichkeiten.

Wahlmöglichkeiten in der Stellvertretervereinbarung

  • Zuwarten bis zum Wegfall des Grundes der Verhinderung in der Person des Wahlarztes, soweit medizinisch vertretbar;
  • Verzicht auf wahlärztliche Leistung und Inanspruchnahme allgemeiner Krankenhausleistungen durch den jeweils diensthabenden Arzt;
  • Leistungserbringung durch den namentlich benannten Stellvertreter unter Aufrechterhaltung der Liquidationsbefugnis des Wahlarztes.
 

Die Entscheidung des Patienten für die Stellvertretung stellt dann auch im haftungsrechtlichen Sinne die Einwilligung des Patienten in die Durchführung des Heileingriffs durch den Stellvertreter dar.

Die Stellvertretervereinbarung bedarf als Änderung zu der zwischen Krankenhausträger und Patient geschlossenen Wahlleistungsvereinbarung der Schriftform (BGH, Urteil vom 20.12.2007, Az. III ZR 144/07). Das bedeutet, dass sie von beiden Vertragspartnern eigenhändig zu unterzeichnen ist.

Vonseiten des Krankenhausträgers als Vertragspartner der Wahlleistungsvereinbarung als auch der diese modifizierenden Stellvertretervereinbarung kommt jeder Mitarbeitende als Vertretung des Krankenhausträgers in Betracht, der den Patienten über die Verhinderung des Wahlarztes und die – in der Stellvertretervereinbarung auch anzugebende – Dauer seiner Verhinderung als auch ein mögliches Zuwarten bis zum Wegfall des Verhinderungsgrundes in der Person des Wahlarztes aufklären kann.

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass nicht der Wahlarzt selbst, der ggf. bereits wegen des Verhinderungsgrundes abwesend ist,

  • über seine Verhinderung aufklären,
  • die Vereinbarung schließen
  • und unterzeichnen muss,

sondern ebenso sein Stellvertreter oder auch andere Mitarbeitende der Abteilung oder der Verwaltung, soweit sie unterrichtet sind und den Patienten unterrichten können.

Der Patient ist so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes und die Möglichkeiten der Weiterbehandlung zu informieren. Steht bereits bei Aufnahme des Patienten die Verhinderung des Wahlarztes fest, ist vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung auf die Verhinderung des Wahlarztes hinzuweisen und die Stellvertretervereinbarung gleichzeitig zu schließen.

Frage: Welche Vorkehrungen sind zu treffen, wenn der Wahlarzt über einen längeren Zeitraum verhindert oder abwesend ist?

Antwort: Ist der Wahlarzt vorhersehbar für einen längeren Zeitraum, beispielsweise mehrere Monate, verhindert, bedarf es grundsätzlich bei Abschluss der Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen des Hinweises auf die Verhinderung des Wahlarztes und des Angebots und Abschlusses einer Stellvertretervereinbarung in jedem Einzelfall.

Praxistipp

Zur Vermeidung des damit einhergehenden zusätzlichen administrativen Aufwands käme alternativ allenfalls in Betracht, den Stellvertreter des Wahlarztes und kommissarischen Leiter der Abteilung als Wahlarzt in die Wahlarztvereinbarung und die Liste der Wahlärzte aufzunehmen. Hierbei ist dann aber zusätzlich zu beachten, dass die Rechnungsstellung im Namen des – vorübergehend – „neuen“ Wahlarztes zu erfolgen hat – unabhängig davon, wem die Einnahmen dann im Innenverhältnis zustehen.

 

Weiterführende Hinweise

  • Sonderausgabe „Der Chefarzt als Wahlarzt“, PDF, 32 Seiten, online unter iww.de/s10057