von RA, FA für MedR Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Dortmund,www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Bei der Nachbesetzung eines ausscheidenden Arztes aus einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) haben sowohl dieser wie auch die verbleibenden Partner oft ein starkes Interesse daran, dass ein bestimmter Wunschkandidat die Stelle besetzt. Mit Urteil vom 22. Oktober 2014 hat das Bundessozialgericht (BSG) die Interessen der verbleibenden Partner in gesperrten Gebieten insofern gestärkt, als es die Gründung einer überörtlichen BAG, bei der kurz nach deren Gründung ein Partner zugunsten des Wunschkandidaten ausschied, nicht als Gestaltungsmissbrauch ansah.
Im Februar 2011 schloss ein niedergelassener Urologe einen Vertrag über eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (ÜBAG) mit den übrigen Partnern. Noch am selben Tag unterzeichnete er einen Vertrag über die Übertragung seines Anteils an dieser überörtlichen BAG mit den Vertragsparteien zum 1. Januar 2012 auf den Wunschkandidaten zu einem bereits vereinbarten Kaufpreis. Tags darauf beantragten die Partner die Genehmigung der ÜBAG, die vom Zulassungsausschuss mit Wirkung zum 1. April 2011 erteilt wurde. Im Juni 2011 beantragte der Urologe dann die Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes und verzichtete zum 1. Januar 2012 unter der Bedingung der Nachbesetzung auf seine Zulassung.
Auf die Ausschreibung bewarben sich der Wunschkandidat sowie ein weiterer Urologe. Der Zulassungsausschuss ließ den Wunschkandidaten als Praxisnachfolger zu; hiergegen erhob der andere Arzt Widerspruch und Klage – jedoch erfolglos. Schon das Sozialgericht Hannover (Az. S 65 KA 370/12) hatte ausgeführt, der beklagte Berufungsausschuss habe bei der Auswahl auf die Interessen der verbleibenden Mitglieder der ÜBAG abstellen dürfen, da die ÜBAG weder unzulässig gegründet worden sei noch ein Rechtsmissbrauch wegen fehlender praktischer Umsetzung vorliege.
Mit seiner Sprungrevision macht der klagende Arzt geltend, die Gründung der BAG sei rechtsmissbräuchlich gewesen, weil sie nur erfolgt sei, um Einfluss auf das Nachbesetzungsverfahren zu nehmen. Im Rahmen des Auswahlermessens nach § 103 Abs. 4 und 6 SGB V im Nachbesetzungsverfahren hätte er als der besser geeignete Bewerber ausgewählt werden müssen.
Nach Auffassung des BSG hat der Berufungsausschuss bei der Auswahl des Praxisnachfolgers und bei der Entscheidung gegen die Bewerbung des klagenden Arztes dessen Rechte nicht verletzt. Er hätte schon deswegen nicht zugelassen werden können, weil ein Sitz in einer BAG zu besetzen war und er bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsausschusses erklärt hatte, nur in Einzelpraxis als Nachfolger des ausscheidenden Arztes tätig werden zu wollen.
Zudem kam seine Auswahl bei Berücksichtigung der Belange der in der BAG verbliebenen Ärzte nicht in Betracht. Zwar seien diese Belange umso geringer zu gewichten, je kürzer und lockerer die Kooperation in der BAG war. Doch führe dies nicht dazu, dass den verbliebenen Partnern die Zusammenarbeit mit einem Arzt zuzumuten sei, mit dem eine langfristige Kooperation von vornherein nicht in Betracht kommt. Dies treffe auf den klagenden Urologen zu, da er ja nur den Arztsitz und keine Kooperation wollte.
Das BSG hat in der Urteilsverkündung ausdrücklich betont, dass weiterhin zu prüfen sei, wie schutzwürdig die Interessen der verbleibenden BAG-Partner seien. Konkrete Kriterien hat das BSG aber nicht genannt.
Der vorliegende Fall lässt indes darauf schließen, dass die Interessen der BAG-Partner wohl regelhaft überwiegen dürften. Denn hier war die ÜBAG-Gründung nur zur Steuerung der Nachbesetzung initiiert worden, eine gemeinsame Patientenbetreuung oder eine intensivere Zusammenarbeit fand unstreitig im relevanten Zeitraum nicht statt.
Trotz „Verständnis“ für den so ausgebooteten Mitbewerber entschied das BSG zu dessen Lasten. Dabei stellte es jedoch maßgeblich darauf ab, dass der Arzt nicht in der ÜBAG tätig werden wollte. Ob die Entscheidung bei anderer Erklärung des Arztes ebenso ausgefallen wäre, blieb offen.
Fazit |
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Die Gründung einer ÜBAG zur Steuerung der Nachfolge ist damit nach wie vor ein probates Gestaltungsmittel. Der Gesetzgeber erwägt jedoch, hier stärkere Restriktionen einzubauen. Praxisnachfolgen, deren Gestaltung vor diesem Hintergrund als kritisch eingestuft werden könnten, sollten daher zügig initiiert werden, um noch die aktuell günstige Gesetzeslage zu nutzen. |
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