WettbewerbsrechtSchnellere Arzttermine „gegen Geld“ sind unzulässig
Von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht Prof. Dr. Birgit Schröder, Hamburg, dr-schroeder.com
Viele gesetzlich krankenversicherte Patienten können ein Lied davon singen: Sie bekommen in Arztpraxen in der Regel erst mit erheblicher Verzögerung einen Termin, beispielsweise auch für eine radiologische Untersuchung. Bei Privatpatienten ist die Terminvereinbarung dagegen in der Regel unkompliziert und zeitnah möglich. Termine gegen Aufpreis sind allerdings kein gangbarer Weg, so das Landgericht (LG) Düsseldorf (Urteil vom 26.06.2024, Az. 34 O 107/22).
Sachverhalt
Ein Augenarzt aus Solingen bot über das Terminbuchungsportal jameda auch für gesetzlich versicherte Patienten Selbstzahlertermine an. Zu klären war, ob es zulässig ist, dass Ärzte für frühere Untersuchungs- oder Behandlungstermine extra Geld verlangen. Sogenannte Selbstzahlerleistungen (IGeL) für gesetzlich krankenversicherte (GKV) Patienten können im Grundsatz angeboten werden. Der Patient wandte sich an die Verbraucherzentrale NRW, die den Arzt abmahnte. Weil dieser keine Unterlassungserklärung abgeben wollte, beschäftigte sich das LG Düsseldorf mit dem Fall. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Arzt unterlag. Das Gericht sah in dem Vorgehen bei der Terminvergabe Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie gegen die Berufsordnung für Ärzte in Nordrhein (online unter iww.de/s11756).
Entscheidungsgründe
Soweit der Arzt einem GKV-Patienten einen früheren Termin angeboten hat, sofern dieser die Kosten der Behandlung entgegen dem Sachleistungsprinzip selbst trägt, liegt ein Verstoß gegen § 3a UWG, § 32 Abs. 1 S. 1 Berufsordnung für die nordrheinischen Ärzte vor.
Der Vortrag des Arztes, er erfülle seine Pflichten als Vertragsarzt, weil er eine Notfallsprechstunde anbiete und die vorgeschriebene wöchentliche Behandlungszeit für gesetzlich Versicherte einhalte, überzeugte das Gericht nicht. Denn er bot einem gesetzlich Versicherten eine Behandlung an. Dieser Termin war also nicht für Privatpatienten reserviert, sondern konnte für einen gesetzlich Versicherten reserviert werden. Der Termin gegen Aufpreis, der innerhalb der Sprechstundenzeit liegt, darf nicht gesondert berechnet werden, da Vertragsärzte verpflichtet sind, innerhalb der Sprechstundenzeit für GKV-Patienten zur Verfügung zu stehen.
Das Terminangebot für GKV-Patienten mit akuten Beschwerden bzw. mit Schmerzen und dem Hinweis, dass die Kosten für die Behandlung selbst übernommen werden müssen, verstößt nach Auffassung des LG Düsseldorf gegen § 3, § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG.
Die Wiederholungsgefahr wird seitens des LG Düsseldorf nach der Lebenserfahrung vermutet, nach der insbesondere im geschäftlichen Verkehr ein erfolgsversprechendes Verhalten fortgesetzt und wiederholt wird. Diese Vermutung könne bereits eine einmalige Handlung begründen. Um diese Wiederholungsgefahr auszuräumen, sei eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Zwar habe der Beklagte nach der Abmahnung den Online-Terminservice für Patienten der GKV gesperrt. Da er aber keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, bestehe die Wiederholungsgefahrdennoch fort. Der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten folgt aus § 13 Abs. 3 UWG.
Fazit |
Frühere Termine gegen Zusatzentgelt sind unzulässig. Sie verstoßen gegen geltendes Recht. Es ist gerade Aufgabe der Vertragsärzte, in der Sprechstundenzeit GKV-Patienten ärztlich zu versorgen. Daraus folgt, das GKV Patienten grundsätzlich nicht gegen ein zusätzliches Entgelt ein früherer Termin angeboten werden darf. Gleiches gilt erst recht für Notfallbehandlungen. Wer dringend einen Termin benötigt, kann sich von dem Hausarzt einen Dringlichkeitscode geben lassen, die Terminservicestellen (TSS) der KVen kontaktieren oder eine offene Sprechstunde aufsuchen. |
- „Änderungen bei der Abrechnung von TSVG-Fällen mit positiven Folgen für Radiologen“, in RWF Nr. 01/2023
- „Rechnung für Ausfallhonorar: Diese Punkte sollten Sie beachten!“, in RWF Nr. 02/2021
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