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Vertragsarztrecht

Wer die Frist für die KV-Abrechnung versäumt, kann das gesamte Quartals-Honorar verlieren

01.07.2024Ausgabe 7/20244min. Lesedauer
Von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht und Sozialrecht Babette Christophers LL.M., Münster, christophers.de

Es ist rechtmäßig, dass ein Vertragsarzt die Leistungen, die in einem Quartal abgerechnet worden sind, überhaupt nicht vergütet bekommt, wenn er die vorgegebene Abrechnungsfrist überschreitet. Dies gilt auch dann, wenn die Frist nur um einen einzigen Tag überschritten worden ist (Sozialgericht [SG] München, Urteil vom 08.11.2023, Az. S 38 KA 531/22).

KV lehnt Vergütung wegen Fristversäumnis vollständig ab

Der zugrunde liegende Fall betrifft zwar einen Hausarzt, ist aber auch auf vertragsärztlich tätige Radiologen genauso übertragbar. Der Hausarzt in Bayern hatte die Abrechnung für das Quartal 02/21 am 01.04.2022 eingereicht. Daraufhin lehnte die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Vergütung wegen eines Fristversäumnisses vollständig ab und verwies auf die geltenden Abrechnungsbestimmungen. Spätester Einreichungszeitpunkt wäre nach den Abrechnungsbestimmungen der 31.03.2022 gewesen. Einen Antrag auf Verlängerung der Abrechnungsfrist hatte der Arzt nicht gestellt. Ihm entging sein Honorar in Höhe von ca. 40.000 bis 50.000 Euro. Die hiergegen gerichtete Klage des Arztes wies das Gericht ab.

Gericht verweist auf Abrechnungsbestimmungen der KV Bayerns

Die Abrechnungsbestimmungen der KV Bayerns (KVB) sehen vor, dass die Abrechnungen der Vertragsärzte innerhalb der festgesetzten Frist einzureichen sind, wobei jedoch Anträge auf Fristverlängerung gestellt werden können. In den Abrechnungsbestimmungen ist ferner geregelt, dass die Einreichung der Abrechnung nur bis zum Ablauf von neun Monaten möglich ist, gerechnet vom Ende des Quartals an, in dem die Leistungen erbracht worden sind.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits in zwei Entscheidungen (Urteile vom 29.06.2005 und vom 29.08.2007; Az. B 6 KA 19/04 R und B 6 KA 29/06 R) ausgeführt, dass Sinn und Zweck der Abrechnungsbestimmungen darin besteht, die Vertragsärzte anzuhalten, zügig und zeitnah die Abrechnungen vorzunehmen, damit die Honorierung der in einem Quartal erbrachten Leistungen möglichst aus dem für dieses Quartal zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsvolumen der Krankenkassen möglich ist.

Eine späte Abrechnung bedingt einen höheren Verwaltungsaufwand und damit einhergehende zusätzliche Kosten, die zulasten aller Vertragsärzte gehen. Würde es zugelassen, dass Abrechnungen im Belieben der Vertragsärzte ohne Fristen und ohne Ausschluss eingereicht werden könnten, hätte dies nicht zu tolerierende Auswirkungen auf das Abrechnungssystem und auf die von den Krankenkassen zu leistende Gesamtvergütung.

Merke

Die KVen sind befugt, Abrechnungsbestimmungen als untergesetzliche Rechtsnormen festzulegen und darin Abrechnungsfristen festzulegen (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 16.02.2022, Az. ).

Gericht: kein Anlass für „Gnade“

Das Gericht sah keinen Anspruch des Vertragsarztes auf Vergütung der erbrachten Leistungen und verwies auf die geltenden Abrechnungsbestimmungen. Diese und auch der konkret formulierte Abrechnungsausschluss seien nicht zu beanstanden. Aus der Überschreitung der vorgegebenen Frist ergebe sich der Ausschluss der Vergütung. Das Gericht erkannte keine Gründe, die Anlass gegeben hätten, den Arzt so zu stellen, als wenn er die Abrechnung fristgerecht eingereicht hätte. Zwar erleide der Arzt durch die Abrechnungsbestimmungen einen Honorarverlust. Dieser Verlust sei jedoch verfassungsgemäß, da den Vertragsärzten ein Zeitraum von neun Monaten eingeräumt wird, um die Abrechnung einzureichen. Diese Zeit genüge, um die Abrechnung ordnungsgemäß zu erstellen. Auftretende Probleme, wie z. B. Krankheit oder technische Probleme, die zu einer Verzögerung führen können, seien durch den langen Zeitraum berücksichtigt. Außerdem bestehe die Möglichkeit, eine Fristverlängerung zu beantragen.

So vermeiden Sie Honorarausfall wegen Überschreitung der Fristen

Nicht in allen KV-Bezirken führt die Überschreitung der Abgabefrist zur Nichtvergütung des Honorars. In Westfalen-Lippe (KVWL) z. B. muss der Arzt für den erhöhten Verwaltungsaufwand bei verspäteter Abgabe der Abrechnung eine Gebühr pro Tag zahlen – mindestens 50 Euro, höchstens 10 Prozent des Gesamthonorars (vgl. § 9 Nr. 2 der geltenden Abrechnungsrichtlinien, online unter iww.de/s10054).

Praxistipps

Um sich vor den Konsequenzen einer verspäteten Abrechnung zu schützen, beugen Sie mit folgenden Maßnahmen vor:
  • Informieren Sie sich über den spätesten Abgabetermin der Abrechnung!
  • Die KVen veröffentlichen den Abgabetermin der Abrechnung für das jeweilige Quartal. Um sich über den spätestmöglichen Abgabetermin zu informieren, schauen Sie noch einmal in die Abrechnungsbestimmungen bzw. Abrechnungsrichtlinien Ihrer KV.
  • Notieren und überprüfen Sie die Abgabefrist, stellen Sie ggf. einen Verlängerungsantrag!
  • Notieren Sie die Abgabefrist für die Abrechnung und tragen Sie auch eine Vorfrist von einer Woche ein, damit Sie ggf. einen Antrag auf Verlängerung der Abrechnung stellen können. Dieser Antrag sollte aber gut begründet sein. Krankheit oder technische Probleme kommen als Gründe für eine verspätete Abgabe in Betracht. Stellen Sie sicher, wer in der Praxis für die Überprüfung der Fristen zuständig ist und fordern Sie ein, dass Ihnen der Ablauf der Frist mitgeteilt wird.

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