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EinkommensteuerSteuerliche Begünstigungen bei der Praxisaufgabe - der Freibetrag

29.11.2024Ausgabe 12/20244min. Lesedauer
Von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

Bei Aufgabe oder Veräußerung der Radiologiepraxis werden alle stillen Reserven aufgedeckt und ein hoher Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn realisiert. Das freut auch das Finanzamt. Um die Steuerbelastung abzufedern und einen eleganten Eintritt in den Ruhestand zu ermöglichen, gibt es deshalb Freibeträge und steuersatzbezogene Privilegien. Das Problem: Diese sind an enge Voraussetzungen bzw. das Erfordernis einer Antragsstellung geknüpft. In diesem Beitrag geht es um die steuerlichen Privilegien bei der Aufgabe bzw. Veräußerung der Radiologiepraxis, zunächst der Freibetrag.

Die privilegierte Praxisaufgabe bzw. Praxisveräußerung

Grundsätzlich unterliegt der realisierte Gewinn aus der Aufgabe oder Veräußerung der Radiologie der normalen Besteuerung zum individuellen Spitzensteuersatz. Damit sich steuerliche Privilegien nutzen lassen, muss zunächst dafür gesorgt werden, dass es sich um eine steuerlich begünstigte Praxisaufgabe oder Praxisveräußerung handelt.

Diese liegt gemäß § 18 Abs. 3 i. V. m. § 16 Einkommensteuergesetz (EStG) vor, wenn der Radiologe beschließt, die bisher in seiner Praxis entfaltete Tätigkeit endgültig einzustellen und er alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang oder innerhalb eines kurzen Zeitraums von maximal 19 Monaten (BFH, Urteil vom 20.01.2005, Az. IV R 14/03) in das Privatvermögen überführt oder an Dritte veräußert.

Die freiberufliche Tätigkeit des Radiologen in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis muss wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt werden. Er darf also nicht am selben Ort kurze Zeit später eine neue Radiologie eröffnen.

Beispiel 1:

Eine Radiologie besteht als Einzelunternehmen. Der Radiologe möchte in den Ruhestand treten und veräußert die Praxis nebst Gebäude, die Geräte und den Patientenstamm an seinen Nachfolger für 500.000 Euro. Den bisherigen Firmenwagen im Wert von 50.000 Euro verkauft er nicht, sondern er entnimmt ihn in sein Privatvermögen und nutzt ihn ab sofort privat.

Lösung zu Beispiel 1:

Der bei der Aufgabe der Radiologie erzielte Gewinn ist steuerlich privilegiert und von dem laufenden Gewinn der Radiologie abzugrenzen.

Die Ermittlung des Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinns

Liegen die Voraussetzungen für einen privilegierten Gewinn vor, dann hat der Radiologe einen Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn zu ermitteln. Dabei ist folgendermaßen vorzugehen.

Kalkulation 1

Summe der Veräußerungspreise für die veräußerten Wirtschaftsgüter
+
gemeiner Wert der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter
./.
Kosten im Zusammenhang mit der Aufgabe bzw. Veräußerung (z. B. Rechts- und Beratungs- sowie Vermittlungskosten)
./.
Buchwert des Betriebsvermögens (i. d. R. das bisherige Eigenkapital)
=
Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1. Das Eigenkapital der Radiologiepraxis belief sich zum Zeitpunkt der Aufgabe auf 395.000 Euro und es sind im Zusammenhang mit dem Verkauf der Radiologie Rechts- und Beratungskosten in Höhe von 5.000 Euro entstanden.

Lösung zu Beispiel 2:

Kalkulation 2

500.000 Euro (Veräußerungspreis)
+
50.000 Euro (Entnahmewert PKW)
./.
5.000 Euro (Veräußerungskosten)
./.
395.000 Euro (Buchwert der Radiologie)
=
150.000 Euro (Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn)

Steuerprivileg Nr. 1 – Der Freibetrag

Gemäß § 16 Abs. 4 EStG kann von dem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn ein Freibetrag in Höhe von 45.000 Euro abgezogen werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Radiologe bereits das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd berufsunfähig im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist und er beim Finanzamt die Gewährung des Freibetrags beantragt. Dieser Antrag ist innerhalb der Einkommensteuererklärung auf der Anlage S (Zeile 22) zu stellen.

Merke

Der Freibetrag wird um den Betrag gekürzt, um den der Veräußerungsgewinn 136.000 Euro übersteigt. Damit wirkt sich der Freibetrag ab einem Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn von 181.000 Euro steuerlich nicht mehr aus und sollte dann nicht beantragt werden.

Beispiel 3:

Der beim Verkauf der Radiologie erzielte Veräußerungsgewinn beträgt 150.000 Euro. Der veräußernde Radiologe ist 58 Jahre alt und beantragt beim Finanzamt den Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 EStG.

Lösung zu Beispiel 3:

Von dem Freibetrag i. H. v. 45.000 Euro kann der Radiologe lediglich 31.000 Euro in Anspruch nehmen, sodass sich der zu versteuernde Veräußerungsgewinn von 150.000 Euro auf 119.000 Euro reduziert (siehe Kalkulation 3).

Kalkulation 3: Berücksichtigung des Freibetrags

Veräußerungsgewinn
150.000 Euro
Freibetrag regulär
45.000 Euro
Veräußerungsgewinn
150.000 Euro
abzgl. Grenzbetrag
136.000 Euro
Schädlicher Betrag
14.000 Euro
- 14.000 Euro
Gekürzter Freibetrag
31.000 Euro
- 31.000 Euro
Zu versteuern:
119.000 Euro

Der Freibetrag kann pro Person nur einmal im Leben genutzt werden, da mit diesem Privileg das Ausscheiden eines Unternehmers aus dem Erwerbsleben verbessert werden soll. Er gilt dabei einmalig für alle Gewinneinkunftsarten. Wurde bereits in vergangenen Jahren der Freibetrag genutzt, scheidet die erneute Inanspruchnahme aus. Auch wenn (wie im Beispiel 3) nur ein Teil des Freibetrags gewährt wurde, kann der nicht genutzte Teil nicht für einen weiteren Vorgang berücksichtigt werden (R 16 Abs. 13 S. 4 EStR). Bei hohen Gewinnen sollte daher vor der Antragstellung eingehend geprüft werden, ob sich eine Beantragung des Freibetrags lohnt oder ob dieser bei einer gegebenenfalls später erfolgenden weiteren Veräußerung eines Betriebs lukrativer ist.

Weiterführender Hinweis
  • Die steuersatzbezogenen Privilegien für den Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn werden in einer der folgenden RWF-Ausgaben vorgestellt.

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