WirtschaftlichkeitBreak-Even-Analyse für eine Großpraxis der Radiologie
Von Prof. Günter Stephan, ehem. Hochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Baden-Württemberg, Kehl, stephan@hs-kehl.de
Die Break-Even-Analyse oder Gewinnschwellenanalyse ist eine Methode zur Unterstützung der Praxisleitung. Ermittelt wird die Gewinnschwelle (Break-Even-Point). Das ist der Punkt, an dem bei einem bestimmten Preis (Erlös) für eine Leistung oder Absatzmenge die Kosten gedeckt werden, also weder Gewinne noch Verluste anfallen.
Mit der Radiologie-Praxis in die Gewinnzone
Bei der Gewinnschwelle sind Umsatzerlöse und Kosten gleich. In der Verlustzone reichen die Erlöse nicht aus, um die Kosten zu decken. Oberhalb der Gewinnschwelle überschreiten die Erlöse die Kosten. Interessant sind für die Praxisleitung der Einfluss von Preiserhöhungen (in der radiologischen Praxis von geringer Bedeutung) sowie von Kosten- und Mengenveränderungen. Da sich allein aus der Bestimmung des Gewinnschwellenpunkts keine Aussagen über Ursachen- und Wirkungszusammenhänge treffen lassen, ist für die weitere Betrachtung eine Trennung der Kosten in fixe (mengenunabhängige) und variable (mit der Ausbringungsmenge schwankend) erforderlich.
Das Diagramm zur Break-Even-Analyse sowie das Beispiel mit den Fortsetzungen sollen diese Zusammenhänge verdeutlichen.
Beispiel: Berechnung des Break-Even-Points
In der Kostenstelle Röntgen sind für das Jahr 2021 Kosten in Höhe von 1.498.000 Euro angefallen, die Erlöse betrugen 1.189.000 Euro. 3.800 Untersuchungen wurden durchgeführt. Zur Vereinfachung sollen die Kosten zu 10 % variabel und 90 % fix sein. Somit betragen im Beispiel
- die fixen Kosten 1.348.200 Euro und die
- die variablen Kosten 149.800 Euro.
Daraus ergibt sich ein Verlust in Höhe von 309.000 Euro (= Erlöse abzüglich Kosten). Um nun den Break-Even-Point zu ermitteln, werden die Erlöse mit den Kosten gleichgesetzt. Die Anzahl der Untersuchungen beim Break-Even-Point ist zunächst unbekannt und soll errechnet werden (= X).
Zur Berechnung werden die Erlöse (Preis * Menge [hier: Untersuchungen]) mit den gesamten Kosten (fixe und variable Kosten) gleichgesetzt.
Break-Even-Point | ||||
Erlöse | = | fixe Kosten | + | variable Kosten |
Die konkrete Berechnung des Break-Even-Points wird in der Tabelle „Berechnung Break-Even-Point“ dargestellt.
Berechnung Break-Even-Point | ||
Erlöse (Erlös je Untersuchung * Anzahl Untersuchungen) | = | Kosten (fixe Kosten + variable Kosten je Untersuchung * Anzahl Untersuchungen) |
312,90 * X | = | 1.348.200 Euro + 39,42 Euro * X |
X | = | 4.930 Untersuchungen |
Das Ergebnis der Berechnung ist, dass bei 4.930 Patienten der Break-Even-Point erreicht wird, d. h., bei dieser Patienten- bzw. Untersuchungszahl sind die Erlöse gleich den Gesamtkosten. Im Beispiel ist es also erforderlich, dass die Zahl der Untersuchungen von 3.800 auf 4.930 gesteigert wird, um die Verlustzone zu verlassen. Dabei sind zunächst keine Kostensteigerungen-/senkungen oder Erlössteigerungen berücksichtigt worden. Für die Praxisleitung ist interessant, wie sich Mengen- und Kostenveränderungen auf das Gesamtergebnis auswirken. Das erste Ergebnis ist bereits bekannt. Die Patientenzahl muss um 1.130 Patienten bzw. Untersuchungen gesteigert werden, um den Break-Even-Point zu erreichen. Zudem sollte geprüft werden, ob Einsparungen bei den variablen oder auch fixen Kosten möglich sind.
Beispielfortsetzung A: Zahl der Untersuchungen steigern
Wenn die Zahl der Untersuchungen beispielsweise von 3.800 auf 4.500 Fälle ansteigt, erfolgt eine Verringerung des Verlusts. Der Break-Even-Point bleibt im Beispiel unverändert bei 4.930 Patienten bzw. Untersuchungen. Durch die Steigerung der Untersuchungszahl klettern die Erlöse, sodass der Gesamtverlust um 191.460 Euro verringert werden kann (siehe Tabelle Beispielfortsetzung A). Bei einer Steigerung der Behandlungsfälle erhöhen sich nur die Erlöse und die variablen Kosten, die fixen Kosten bleiben unverändert.
Beispielfortsetzung A: Untersuchungszahl steigern | ||
Erlöse – (fixe Kosten + variable Kosten) | = | Verlust |
1.408.050 Euro – (1.348.200 Euro + 177.390 Euro ) | = | 117.540 Euro |
Beispielfortsetzung B: Kosten senken
Durch Verhandlungen mit dem Vermieter der Praxisräume können die fixen Kosten durch neue Mietverträge von 1.348.200 Euro auf zukünftig 1.200.000 Euro gesenkt werden. Zudem betragen die variablen Kosten pro Behandlung aufgrund von Einsparungen beim Material 36 Euro statt zuvor 39,42 Euro pro Behandlung. Durch die Senkung der Kosten ergibt sich auch ein neuer Break-Even-Point (siehe Tabelle Beispielfortsetzung B: Berechnung Break-Even-Point [neu]).
Beispielfortsetzung B: Kosten senken | ||
Erlöse – (fixe Kosten + variable Kosten) | = | Verlust |
1.189.000 Euro – (1.200.000 Euro + 136.800 Euro) | = | 147.800 Euro |
Beispielfortsetzung B: Berechnung Break-Even-Point (neu) | ||
Erlöse | = | fixe Kosten + variable Kosten |
312,90 Euro * X | = | 1.200.000 Euro + 36 Euro * X |
X | = | 4.334 Untersuchungen |
Zusammenfassung der Ergebnisse | ||||||
Behandlungsfälle p.a. | Erlöse (Euro) | fixe Kosten (Euro) | variable Kosten (Euro) | Verlust (Euro) | Break-Even-Point (Untersuchungen) | |
Beispiel | 3.800 | 1.189.000 | 1.348.200 | 149.800 | 309.000 | 4.930 |
Fortsetzung A | 4.500 | 1.408.050 | 1.348.200 | 177.390 | 117.540 | 4.930 |
Fortsetzung B | 3.800 | 1.189.000 | 1.200.000 | 136.800 | 147.800 | 4.334 |
Welche Aussagen erlaubt die Break-Even-Analyse?
Die Break-Even-Analyse kann Auskunft darüber geben, wie eine Veränderung der variablen Stückkosten, des Preises und/oder der Fixkosten die abzusetzende Menge bzw. durchzuführende Untersuchungszahl verändert, bei der kein Verlust oder ein bestimmtes Gewinnziel erreicht wird.
Wird der Break-Even-Point nicht erreicht, kann mittels der Analyse festgestellt werden, welche Ersparnisse bei den variablen Kosten, welche Preiserhöhung, welche Minderung der fixen Kosten oder welche Faktorenkombinationen zur Gewinnschwelle führen. Auch kann z. B. die Frage beantwortet werden, welche Preis-/Entgelterhöhung notwendig ist, um eine Steigerung von Lohn-/Gehaltszahlungen zu kompensieren.
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