Strafrechtliche Folgen beim Verstoß gegen das Kick-Back-Verbot

von RA, FA für MedizinR, FA für StrafR Dr. Maximilian Warntjen, DIERKS+BOHLE Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin, www.db-law.de

Verstöße gegen das sozialrechtliche Kick-back-Verbot nach § 128 Sozialgesetzbuch (SGB) V können erhebliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – auch jenseits der seit dem Antikorruptionsgesetz geltenden §§ 299a ff. Strafgesetzbuch (StGB).

Der Hanserad-Fall

Die strafrechtlichen Risiken verdeutlicht der Fall des Abrechnungsbetrugs durch das Radiologieunternehmen Hanserad (Landgericht [LG] Hamburg, Urteil vom 18.08.2016, Az. 618 KLs 6/15; bestätigt durch die Revision beim Bundesgerichtshof [BGH], Beschluss vom 25.07.2017, Az. 5 StR 46/17).

Das LG Hamburg hatte einen Apotheker und den ehemaligen Geschäftsführer des (inzwischen insolventen) Radiologieunternehmens Hanserad wegen Abrechnungsbetrugs in Millionenhöhe zu Haftstrafen von fünf bzw. viereinhalb Jahren verurteilt. Sie hatten mitgeholfen, dass massenhaft und ohne jeden Bezug zum tatsächlichen Bedarf Röntgenkontrastmittel für Hanserad-Praxen geordert wurden. Über Umwege flossen Teile der hierdurch generierten Gewinne als Kick-back an den verordnenden Arzt zurück.

Im Strafverfahren vor dem LG verteidigten sich die Angeklagten damit, sie hätten auf die Rechtmäßigkeit der Kick-back-Konstruktion vertraut. Dem folgte das Gericht nicht – es verwies darauf, dass

  • der das Modell entwickelnde Rechtsanwalt sich lediglich „auf eineinhalb Seiten knapp und mit wenigen Sätzen mit der Problematik“ befasst,
  • nicht im Einzelnen die in Betracht kommenden Normen geprüft oder
  • ein „fundiertes argumentativ untermauertes Urteil“ über die aufgeworfene Frage der Strafbarkeit gefällt habe.

Insofern fehle es der anwaltlichen Stellungnahme an „Form und inhaltlicher Tiefe“ und einer Darstellung der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies sei jedoch für den ernsthaft an Beratung im Hinblick auf legales Verhalten Interessierten entscheidend.

Strafrechts-Folgen in der Praxis

Verstöße gegen das sozialrechtliche Kick-back-Verbot können erhebliche strafrechtliche Konsequenzen haben. Denn im Einreichen der Verordnungen ist nach Auffassung des BGH die stillschweigende Erklärung enthalten, es habe keine Kick-back-Zahlungen gegeben. Wenn der Vertragsarzt aber entgegen § 128 SGB V Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern erzielt, die er durch sein Verordnungsverhalten selbst maßgeblich beeinflusst, so täuscht er im Sinne des Betrugsstraftatbestands.

Praxishinweis

§ 128 SGB V ist zwar „nur“ eine sozialrechtliche Vorschrift. Wer sie aber missachtet und Kick-back-Zahlungen annimmt, läuft Gefahr, sich jenseits der seit dem Antikorruptionsgesetz geltenden Vorschriften der §§ 299a ff. StGB strafbar zu machen. Dies gilt auch, wenn die Rückvergütung verschleiert wird.

 

Anforderungen an Rechtssicherheit

Die Entscheidung verdeutlicht außerdem, dass anwaltliche Beratung nicht immer vor Strafe schützt. Der BGH hat die Voraussetzungen für eine rechtliche Absicherung präzisiert (Beschluss vom 21.12.2016, Az. 1 StR 253/16):

  • Der Betroffene muss sich an einen auf dem betreffenden Rechtsgebiet versierten Anwalt wenden.
  • Die anwaltliche Auskunft darf nicht bloß „Feigenblattfunktion“ haben. Erkennbar vordergründige oder mangelhafte Auskünfte können den Mandanten später nicht entlasten (bezüglich der Erkennbarkeit kommt es u. a. auf den Bildungsstand, die Erfahrung und die berufliche Stellung des Mandanten an).
  • Bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist „ein detailliertes und schriftliches Gutachten“ erforderlich. Bei ungeklärter oder unübersichtlicher Rechtslage bedeutet dies, dass im Gutachten einschlägige Rechtsprechung und Veröffentlichungen ausgewertet werden und auf dieser Grundlage ein Rechtsstandpunkt entwickelt und begründet wird.

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