von Prof. Günter Stephan, ehem. Hochschule für öffentliche Verwaltung des Landes Baden-Württemberg, Kehl, stephan@hs-kehl.de
Die Kostenvergleichsrechnung stellt ein monetäres Bewertungsverfahren in der Investitionsrechnung dar („ Investitionsrechnungen in einer Radiologiepraxis “ in RWF Nr. 03/2021). Die Nutzwertanalyse (NWA) dagegen ist ein nicht-monetäres Verfahren. Mit ihrer Hilfe sollen nicht-monetäre Teilziele vergleichbar gemacht werden, um so eine Entscheidung zwischen mehreren Alternativen treffen zu können.
Die Investitionsmöglichkeiten bzw. -alternativen werden unter Berücksichtigung mehrerer Zielkriterien untersucht und entsprechend einer subjektiven Präferenzordnung bewertet. Somit können auch nicht-monetäre Aspekte von Investitionen, wie z. B. Bedienerfreundlichkeit einer Anlage, Lautstärke, Platzbedarf, Qualität, Zusatzfunktionen, Kundenservice etc. in diese Zielkriterien einfließen. Die Praxis- bzw. Instituts-Leitung erhält durch dieses Instrument eine gute Übersicht über die vorliegenden Investitionsmöglichkeiten. Die NWA ist standardisiert durchführbar und leicht handhabbar.
Beispiel 1, Tabelle a: Vergleich zweier CT-Geräte – Ausgangsdaten |
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CT-Gerät 1 |
CT-Gerät 2 |
|
Anschaffungswert |
350.000 Euro |
390.000 Euro |
Monatliche Kosten |
7.000 Euro |
10.000 Euro |
Zuverlässigkeit |
wenige Ausfälle |
sehr wenige Ausfälle |
Service |
innerhalb von 36 Std. |
innerhalb von 24 Std. |
Bildqualität |
gut |
hochwertig |
Beratungskompetenz Lieferfirma |
gut |
sehr gut |
Der Ablauf einer NWA erfolgt in fünf Schritten:
Zunächst sind die Zielkriterien für die Beurteilung festzulegen: Anschaffungswert, Kosten, Zuverlässigkeit, Service, Bildqualität und Beratungskompetenz. Diese sollten voneinander unabhängig sein. Anhand dieser wird die Entscheidung für eine der Anlagen getroffen.
Beispiel 1, Tabelle b: NWA CT-Gerät |
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CT-Gerät 1 |
CT-Gerät 2 |
||||
Kriterien |
Zielgewichtung |
Zielerreichung |
Teil-nutzwerte |
Zielerreichung |
Teil-nutzwerte |
Anschaffungswert |
20 % |
8 |
160 |
6 |
120 |
monatliche Kosten |
10 % |
8 |
80 |
5 |
50 |
Zuverlässigkeit |
15 % |
7 |
105 |
10 |
150 |
Service |
10 % |
5 |
50 |
9 |
90 |
Bildqualität |
30 % |
8 |
240 |
10 |
300 |
Beratungskompetenz |
15 % |
7 |
105 |
9 |
135 |
Summe = Nutzwert |
100 % |
– |
740 |
– |
845 |
Die Zielgewichtung (Spalte 2, Tabelle b: NWA CT-Gerät) sagt aus, welche Bedeutung das jeweilige Kriterium an der Entscheidung hat. Hier ist die Bildqualität mit 30 % der bedeutsamste Gewichtungsfaktor, dann folgt der Anschaffungswert mit 20 % vor der Zuverlässigkeit mit 15 %. Die Summe der Zielgewichtspunkte beträgt 100 %. Nun ordnet man den einzelnen Alternativen entsprechend dem Erfüllungsgrad. Je nachdem, wie gut oder schlecht sie das Zielkriterium erreichen, werden Punkte (Teilnutzwerte) zugeteilt. Dies ist die Zielerreichung auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 keinen Zielbeitrag und 10 einen sehr hohen Zielbeitrag bedeutet.
Die Multiplikation der Zielgewichtung mit der Zielerreichung ergibt dann die jeweiligen Teilnutzwerte (Spalten 4 bzw. 6). Deren Summe wiederum ergibt den Nutzwert. Diese Nutzwerte bestimmen dann die Reihenfolge der Alternativen. Somit bilden nicht nur wirtschaftliche Aspekte (hier Anschaffungspreis und laufende Kosten), sondern auch nicht-monetäre Aspekte (hier Bildqualität, Service etc.) eine Entscheidungsgrundlage.
Im Beispiel 1 erzielt das CT-Gerät 2 die höheren Nutzwertpunkte (845 vs. 740 Punkte) und ist damit die bevorzugte Alternative.
Für ein neues Dienstfahrzeug einer Praxis stehen zwei Modelle zur Auswahl mit folgenden Ausgangsdaten:
Es hat einen mittleren Repräsentationswert.
Beispiel 2: NWA Dienstfahrzeug |
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Modell A |
Modell B |
||||
Kriterien |
Zielgewichtung |
Zielerreichung |
Teil-nutzwerte |
Zielerreichung |
Teil-nutzwerte |
Anschaffungswert |
30 % |
10 |
300 |
6 |
180 |
Verbrauch |
25 % |
4 |
100 |
9 |
225 |
Geräumigkeit |
15 % |
8 |
120 |
5 |
75 |
Umwelt |
10 % |
3 |
30 |
10 |
100 |
Repräsentationswert |
20 % |
9 |
180 |
6 |
120 |
Summe |
100 |
– |
730 |
– |
700 |
Auf der Grundlage dieser NWA ist Modell A als Dienstfahrzeug zu beschaffen (Nutzwert: 730 vs. 700 Punkte). Die laufenden Kosten bleiben unberücksichtigt, da sie bei beiden Modellen identisch sind.
Die NWA suggeriert durch das rechnerische Ergebnis eine objektive Genauigkeit. Dies ist aufgrund dominierender subjektiver Elemente, insbesondere der Festlegung der Zielkriterien, deren Gewichtung und der Feststellung der Zielerreichungsgrade jedoch keineswegs der Fall.
Die NWA bezieht keine finanzwirtschaftlichen Aspekte ein. Sie sollte stets ergänzt werden durch ein Verfahren der Wirtschaftlichkeitsberechnung, z. B. der Kostenvergleichsrechnung. Zudem besteht die Möglichkeit, dass sich Zielkriterien überlappen bzw. Zielkonflikte zwischen den Zielkriterien bestehen.
Trotz der dargestellten Unzulänglichkeiten stellt die NWA ein adäquates Verfahren zur Entscheidungshilfe dar, denn sie ist vergleichsweise einfach durchzuführen und kann dennoch entscheidungsrelevante Einsichten und Informationen vermitteln.
Die große Stärke der NWA liegt darin, dass sie es ermöglicht, auch nichtmonetäre Einflussgrößen zu berücksichtigen. Mithilfe der NWA ist es möglich, die subjektiven Bewertungen des Entscheidungsträgers für sich selbst und andere transparent zu machen. Der Entscheidungsablauf wird systematisch so dargestellt, dass die Vorgehensweise stets nachvollziehbar ist. Dabei kann eine flexible Anpassung an unterschiedlichste und spezielle Erfordernisse vorgenommen werden, wobei vor allem eine hohe Flexibilität hinsichtlich des Zielsystems existiert.
Ein weiterer Pluspunkt ist die direkte Vergleichbarkeit der einzelnen Alternativen. Die NWA kann jedoch nur eine Entscheidungshilfe leisten, die letztendliche Entscheidung kann sie dem Anwender nicht abnehmen.
Eine Option besteht zudem darin, die Wirtschaftlichkeit, die zunächst durch eine Kostenvergleichsrechnung ermittelt wurde, als Zielkriterium in die NWA aufzunehmen. So kann die rein monetäre mit der nicht-monetären Analyse verbunden werden.
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