von Rechtsanwältin Dr. Christina Thissen, Dortmund/Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
Die Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV) nach § 116b SGB V n.F. ist eine neue Form interdisziplinärer und zumeist sektorenübergreifender Versorgung, die mit dem alten § 116b SGB V nicht mehr viel gemein hat. Insbesondere kann die ASV nicht nur von Krankenhäusern, sondern auch von niedergelassenen Fachärzten genutzt werden. Vordergründig sollen die Patienten dabei von einer qualitativ hochwertigen interdisziplinären Versorgung profitieren. Sowohl für Krankenhausärzte als auch für Vertragsärzte ergeben sich wirtschaftlich positive Nebeneffekte. Grund genug, sich mit den wesentlichen Eckpunkten der ASV vertraut zu machen.
Der Krankenhausarzt kann über die ASV unter anderem einen bedarfsunabhängigen und damit dauerhaft gesicherten Zugang zu einem erheblichen ambulanten Leistungsspektrum erlangen. Da die Vergütung extrabudgetär direkt durch die Krankenkassen erfolgt, kann der Vertragsarzt wiederum bestimmte Leistungen aus der budgetierten KV-Vergütung in den ASV-Bereich auslagern und damit en passant auch das Risiko etwa von Plausibilitätsprüfungen minimieren. Die ersten ASV-Teams sind – stets unter Beteiligung von Radiologen – zugelassen.
Die ASV umfasst einen weiten Katalog von Erkrankungen, die entweder aufgrund ihrer schweren oder besonderen Verlaufsform oder ihrer Seltenheit einer spezialfachärztlichen Betreuung in der ASV bedürfen. Beispielhaft sind aus dem Katalog aus Sicht des Radiologen etwa die onkologischen oder rheumatologischen Erkrankungen zu nennen, die – wie nahezu alle weiteren Krankheitsbilder auch – einer Expertise des Radiologen zum Beispiel durch bildgebende Diagnostik bedürfen. Darüber hinaus fallen unter anderem auch hochspezialisierte Leistungen wie CT/MRT-gestützte interventionelle schmerztherapeutische Leistungen in den Anwendungsbereich des § 116b SGB V und dürften für entsprechend tätige Radiologen bedeutsam sein.
Die ASV erfolgt durch interdisziplinäre Teams, die sich aus einem Teamleiter, dem Kernteam und bei medizinischer Notwendigkeit hinzuzuziehenden Fachärzten zusammensetzen. Die Teams müssen den Vorgaben der Richtlinien und Konkretisierungen des Gemeinsamen Bundesausschusses entsprechen und dies durch Anzeige beim erweiterten Landesausschuss nachweisen. Bislang sind die notwendigen Konkretisierungen lediglich für Tuberkulose/Mykobakteriose, Gastrointestinaltumoren und Tumoren der Bauchhöhle in Kraft, sodass das Anzeigeverfahren derzeit auch nur für diese Krankheitsbilder durchlaufen werden kann. Für gynäkologische Tumoren und das Marfan-Syndrom wurden die Konkretisierungen kürzlich beschlossen. In den kommenden Wochen wird die Konkretisierung für die rheumatologischen Erkrankungen erwartet.
Grundsätzlich soll eine Kooperation über die Sektorengrenzen, also zwischen ambulant und stationär, erfolgen. Ein Kooperationszwang besteht aber (bislang) nur bei onkologischen Patienten. Der Nachweis ist durch Vorlage der Kooperationsvereinbarung gegenüber dem erweitertem Landesausschuss zu dokumentieren. Der Nachweis ist nur dann entbehrlich, wenn im relevanten Einzugsbereich kein geeigneter Kooperationspartner vorhanden oder trotz ernsthaften Bemühens innerhalb von mindestens zwei Monaten kein zur Kooperation bereiter Leistungserbringer zu finden ist.
Hinweis |
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In der Praxis sind bislang vielfach Konstellationen bekannt geworden, in denen Krankenhäuser die sektorenübergreifende ASV-Gestaltung durch eine Kooperation zwischen dem Krankenhaus und einem (krankenhauseigenen) MVZ erlangt haben. |
Dem Radiologen wird bei der ASV vorwiegend die Rolle des hinzuzuziehenden Facharztes zukommen. Im gleichen Einzugsgebiet können sich durchaus mehrere ASV-Teams bilden. Sie sollten bei Kooperationen daher besonders darauf achten, sich die Möglichkeit zur Teilnahme an weiteren ASV-Teams offen zu halten.
Ferner ist weithin unbeachtet, dass ASV-Teams auch durch niedergelassene Vertragsärzte gegründet werden können, soweit die – durchaus hohen – Anforderungen nach den ASV-Richtlinien erfüllt werden. Radiologen können hier nicht zuletzt aufgrund ihrer Stellung als unerlässlicher diagnostischer Partner Zuweiser auch über die ASV binden und neu gewinnen.
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