Wohin entwickeln sich die Versorgungsstrukturen für Krankenhausradiologen?

von RA Dr. Peter Wigge, Fachanwalt für Medizinrecht, Münster/Westf.

Die Radiologie ist als Querschnittsfach in besonderem Maße darauf angewiesen, sich ständig wechselnden Rahmenbedingungen anzupassen, die für eine optimale Kooperation mit anderen medizinischen Fachgebieten notwendig ist. Wohin sich die Versorgungsstrukturen bei den Krankenhausradiologen entwickeln, erfahren Sie mit der Serie zur „Vernetzung und Kooperation in der Radiologie“. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich zunächst mit den Anforderungen an eine Übertragung radiologischer Aufgaben des Krankenhauses auf niedergelassene Radiologen.

Der Wunsch des Gesetzgebers

Der Gesetzgeber hat durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) sowie das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) die verstärkte Kooperation zwischen Radiologen untereinander, aber auch mit Krankenhäusern und anderen Leistungserbringern im Interesse einer besseren Verzahnung der Versorgungsbereiche und -sektoren zum Wohle des Patienten ausdrücklich gefördert. Somit ist eine Zusammenarbeit zwischen Radiologen und anderen Fachgebieten gewünscht.

Andererseits ist spätestens seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 16.07.2004 zur fehlenden Abrechnungsbefugnis von Orthopäden und anderen nicht-radiologischen Fachgebieten im Bereich der Magnet-resonanztomographie (MRT) in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch das Bewusstsein für die primäre Zuordnung radiologischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zum Fachgebiet der Radiologie gestiegen.

Andere Facharztgruppen greifen auf Kerngebiet Radiologie zu

Allerdings sind in der stationären Versorgung bei Krankenhäusern sowie anderen medizinischen Fächern zunehmend Tendenzen erkennbar, auf Methoden aus dem Kernbereich der Radiologie zuzugreifen. Diese Tendenzen werden durch die Liberalisierung des ärztlichen Berufsrechts gefördert, das mittlerweile Kooperationen zwischen Radiologen und anderen Facharztgruppen im Bereich der Radiologie zulässt.

Beispiele

Im Krankenhaus werden Spezialdisziplinen – wie die interventionelle Angiologie – geschaffen, durch die diesen Fachgruppen der Zugriff auf moderne Verfahren der Schnittbilddiagnostik ermöglicht werden soll, ohne dass die Zulässigkeit einer solchen Leistungsverlagerung geprüft wird.

Daneben werden zunehmend Leistungsbereiche der Radiologie im Krankenhaus auf radiologische Arztpraxen übertragen, sodass es zu Abgrenzungsproblemen in der Zuständigkeit zwischen den Krankenhausradiologen und der vom Krankenhaus beauftragten Praxis kommt.

Die veränderten Rahmenbedingungen in der ärztlichen Berufsausübung ermöglichen es aber, dass nun auch Krankenhausradiologen diese Chance nutzen und entweder in Voll- oder Teilzeit Aufgaben in der ambulanten Versorgung wahrnehmen.

Die Klinikradiologie in Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten

Die besonderen Anforderungen und Rahmenbedingungen im Krankenhaus sind unter anderem durch die Notwendigkeit der 24-stündigen Rund-um-die-Uhr-Versorgung gegeben. Da es in den meisten Kliniken keinen radiologischen Bereitschaftsdienst gibt, sondern lediglich eine Rufbereitschaft, werden hier notwendigerweise Ärztinnen und Ärzte anderer Abteilungen miteinbezogen. Dennoch bleibt die Gesamtverantwortung in einer Klinik mit zentraler Radiologie für die Durchführung und Befundung beim Radiologen.

Insoweit stellt im Krankenhaus die Radiologie eine der wichtigsten Koordinationsstellen dar, da sie mittels ihrer bildgebenden Verfahren bei etwa 70 bis 80 Prozent der Patienten die entscheidenden Schritte zur Diagnose liefert. Über seinen schriftlichen Untersuchungsbefund und die Röntgendemonstration liefert der Radiologe dem primär behandelnden Arzt direkten Zugang zur Diagnostik.

Neben dieser alltäglich praktizierten Kooperation zwischen Radiologie und Klinikabteilung sind insbesondere folgende Bereiche der Zusammenarbeit zu benennen:

  • interdisziplinäre Zusammenarbeit bei speziellen diagnostischen Verfahren sowie bei interventionellen minimal-invasiven Maßnahmen sowie die
  • anteilige Weiterbildung in der fachgebundenen Röntgendiagnostik, die von der Primärdisziplin allein nicht geleistet werden kann (Verbundsbefugnis).

Eine besondere Form ärztlicher Kooperation wird von der Klinikradiologie mitgetragen und bei der Vermittlung der Fachkunde nach RöV durch die praktische Einweisung in den Strahlenschutz für Berufsanfänger zur Erlangung von Kenntnissen im Strahlenschutz mitgefördert. Dieses gilt auch für den sich anschließenden Sachkunde-Erwerb mit dem Stellen der rechtfertigenden Indikation, der technischen Durchführung und anteiligen Befundung, damit – nach Ableisten der vorgeschriebenen Kurse – für verschiedene Anwendungsgebiete eine Fachkunde nach RöV erworben wird. Denn erst diese befähigt zum Anordnen einer Röntgenuntersuchung (eigenverantwortliches Stellen der rechtfertigenden Indikation).

Der Radiologe trägt somit wirksam und entscheidend dazu bei, dass ein Klinikbetrieb im Sinne einer „Rund-um-die-Uhr“-Versorgung überhaupt erst ermöglicht wird.

Dies trifft auch für die vielen Kliniken zu, in denen seitens der Geschäftsführung aus finanziellen Gründen für die Radiologie kein Bereitschaftsdienst eingerichtet wird, sondern nur eine Rufbereitschaft. Daher werden in diesen Fällen die diensttuenden Klinikärzte – was Röntgenuntersuchungen gerade bei Notfällen betrifft – hilfsweise dem Weisungsrecht des Radiologen unterworfen, der im Einzelfall zu entscheiden hat, ob er aus der Rufbereitschaft in den aktiven Dienst vor Ort wechseln muss. Eine solche Regelung ist aber nur mit fachkundigen Ärzten möglich; daher ist die kooperative Mitwirkung des Radiologen beim Sachkunde-Erwerb wichtig und notwendig.

Die Ausgliederung von Krankenhausabteilungen

Die teilweise oder vollständige Ausgliederung einer radiologischen Krankenhausabteilung auf niedergelassene Radiologen wird seit einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) aus vertragsarztrechtlicher Sicht als zulässig anzusehen sein.

Welche Leistungen können von „Dritten“ erbracht werden?

Nach der Rechtsprechung des BSG kommt die vollständige Erbringung von radiologischen Leistungen durch Dritte und damit eine Ausgliederung der radiologischen Abteilung nur für solche Leistungen in Betracht, die lediglich als Nebenleistungen der stationären Aufnahme des Patienten anzusehen sind, wie dies regelmäßig bei diagnostischen Maßnahmen anzunehmen sein wird. Dagegen können Hauptleistungen, wie dies zum Beispiel bei interventionellen Maßnahmen der Fall ist, in der Regel nur durch das Krankenhaus mit eigenem ärztlichen Personal erbracht werden.

Auch wird seitens der für den Krankenhausbereich zuständigen Aufsichtsbehörden die Auffassung vertreten, dass für den Fall einer vertraglichen Übertragung von Krankenhausaufgaben auf einen niedergelassenen Arzt, seitens des Krankenhauses eine regelmäßige Leistung sicherzustellen ist. Der Krankenhausträger muss danach die vertragliche Gestaltung so wählen, dass eine „Rund-um-die-Uhr“-Versorgung gewährleistet werde. Dazu muss eine organisatorische Weisungskompetenz gegenüber dem beauftragten niedergelassenen Arzt vereinbart werden.

Praxishinweis: Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und niedergelassener Praxis können auch die im Krankenhaus angestellten Radiologen für sich nutzen, in dem sie sich um eine vertragsärztliche Zulassung bemühen. Diese kann seit dem VÄndG auch hälftig erteilt werden.

Aufgrund der gleichzeitig eingeführten Möglichkeit, sowohl als Vertragsarzt als auch als Krankenhausarzt nach der Ärzte-ZV tätig werden zu können, kann der Krankenhausradiologe gemeinsam mit der Praxis den Versorgungsauftrag, der ausgegliedert werden soll, übernehmen und auch die Investitionen für die radiologischen Geräte gemeinsam mit der Praxis tragen.

Zwar wird die Möglichkeit der Niederlassung durch die Bedarfsplanung beschränkt, jedoch stellt die Teilung einer vertragsärztlichen Zulassung eine sinnvolle Alternative dar. Dieses hätte zwei Vorteile:

  • Einerseits muss der Krankenhausradiologe – will er der stationären Krankenhausversorgung weiterhin zur Verfügung stehen – ohnehin eine Beschränkung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit auf den hälftigen Versorgungsauftrag vornehmen, da Vertragsärzte mit einer Vollzulassung lediglich 13 Stunden pro Woche im Krankenhaus tätig werden dürfen.
  • Andererseits benötigt auch die radiologische Praxis, deren Ärzte die Krankenhausversorgung ganz oder teilweise übernehmen, freie Kapazitäten, da sie anderenfalls Plausibilitätsprobleme hinsichtlich des Umfangs ihrer Tätigkeit bekommen dürfte.

Insofern stellt die Absicht eines Krankenhausträgers, eine radiologische Abteilung teilweise auszugliedern, auch für den Chefarzt eine Chance zur Kooperation dar, der auf diesem Weg auch die Stärkung seiner eigenen Position im Krankenhaus erfährt und sich die Privatliquidation sichern kann. Die erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung dürfte der Krankenhausträger als akzeptables Zugeständnis gegenüber dem leitenden Krankenhausradiologen ansehen und insoweit voraussichtlich erteilen.