Weiterbildung: Was müssen Chefärzte – und solche, die es werden wollen – heute beachten?

von RA Manfred Werthern, Gollob Rechtsanwälte, München, www.rawerthern.com

Weiterbildung war auf dem diesjährigen Deutschen Ärztetag ein zentrales Thema. Denn die Bedeutung der Weiterbildung geht heute über die Wahrung gruppenspezifischer Interessen hinaus: Ihre Qualität ist entscheidend für die Attraktivität der Klinik als zukünftiger Arbeitsplatz. Jedoch gibt es im Zusammenhang mit der Weiterbildungsbefugnis etliche Details, die weiterbildungsbefugte Chefärzte – und solche, die es werden wollen – kennen sollten.

Voraussetzungen zur Erteilung

Die Landesärztekammer erteilt die Weiterbildungsbefugnis auf Antrag. Antragsberechtigt ist ein Kammermitglied, das in einer anerkannten Weiterbildungsstätte (Hochschulklinikum, akademisches Lehrkrankenhaus, Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes) oder in einer auf Antrag zugelassenen sonstigen Einrichtung tätig ist – das können die Abteilungen aller anderen Krankenhäuser oder auch Praxen sein. Die Genehmigung zur Weiterbildung im stationären Bereich ist primär bei der Landesärztekammer zu beantragen.

Die Anforderungen

Die Befugnis zur Weiterbildung kann einem Arzt nur für das Gebiet zuerkannt werden, dessen Bezeichnung er führt. Mit dem Antrag ist ein strukturiertes Weiterbildungsprogramm vorzulegen. Maßstab für die persönliche Eignung ist die Einhaltung der ärztlichen Berufspflichten. Hierzu zählen unter anderem die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes und des -schutzes. Bei einem Verstoß droht dem Arzt der Verlust der Weiterbildungsbefugnis. Die M-WBO soll laut Antrag auf dem Deutschen Ärztetag um folgenden Hinweis ergänzt werden: „Duldet oder bewirkt ein zur Weiterbildung befugter Arzt Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz gegenüber den weiterzubildenden Ärzten unter seiner Verantwortung, so ist dieses grundsätzlich als fehlende Eignung anzusehen“.

Über die Aufnahme dieses Passus wird noch beraten. Letztlich entspricht er zwar der aktuellen Rechtslage und ist daher überflüssig, jedoch wird damit die Bedeutung der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes betont. Zu lange Arbeitszeiten sollte der weiterbildende Arzt auf keinen Fall dulden. Die fachliche Eignung kann nicht losgelöst von dem Leistungsspek­trum der Weiterbildungsstätte beurteilt werden. Diese muss personell und materiell so ausgestattet sein, dass der weiterbildende Arzt die Inhalte des Weiterbildungsprogramms auch vermitteln kann.

Praxishinweis: Was tun, wenn die beantragte Weiterbildungsbefugnis abgelehnt wurde? Hier kann die Weiterbildungsbefähigung noch unter Auflagen erteilt werden – quasi als milderes Mittel. Die Befugnis kann mehreren Ärzten an einer Weiterbildungsstätte gemeinsam (Team-Befugnis) oder an verschiedenen Weiterbildungsstätten gemeinsam (Verbund- oder kumulative Befugnis) erteilt werden.

Wichtige Tipps für den Weiterbildungsbefugten

Tipp 1: Als weiterbildungsbefugter Chefarzt haben Sie auch die Vermittlung der Weiterbildungsinhalte nach dem Weiterbildungsprogramm zu dokumentieren und mit dem Weiterbildungsassistenten nach jedem Weiterbildungsabschnitt, mindestens aber einmal jährlich, ein Mit­arbeitergespräch zu führen.

Darin soll von beiden Seiten der Stand der Weiterbildung beurteilt und bestehende Defizite sollen aufgezeigt werden. Der Inhalt des Gesprächs ist ebenfalls zu dokumentieren und später dem Antrag auf Prüfung beizufügen.

Praxishinweis: Den Leitfaden für ein Mitarbeitergespräch können Sie sich hier kostenlosherunterladen.

Tipp 2: Dem Weiterbildungsassistenten erteilen Sie auf seinen Antrag hin innerhalb von drei Monaten auf dem Briefbogen der Weiterbildungsstätte ein Weiterbildungszeugnis und bestätigen, dass die im Weiterbildungsprogramm festgelegten Inhalte vermittelt wurden. Sie legen die vom Weiterbildungsassistenten erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten dar und nehmen zur Frage der fachlichen Eignung ausführlich Stellung. Die Dauer von Teilzeitbeschäftigungen oder Unterbrechungen (Schwangerschaft, Mutterschutz) ist im Zeugnis anzugeben.

Zeitlicher Umfang der Weiterbildungsverpflichtung

Während die Heilberufe-Gesetze der Länder sinngemäß übereinstimmend den Weiterbildungs-assistenten grundsätzlich zu einer ganztägigen und hauptberuflichen Weiterbildung verpflichten (Ausnahmen sind mit Zustimmung der Landesärztekammer möglich), fehlen für den Weiterbildungsbefugten entsprechende gesetz-liche Vorgaben.

Die Berufsordnung Ärzte (BO-Ä) schreibt in § 39 Abs. 5 nur vor, dass die Weiterbildung zeitlich im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten zu erfolgen hat. Nach §5 Abs. 3 M-WBO hat der befugte Arzt die Weiterbildung persönlich zu leiten sowie zeitlich und inhaltlich entsprechend der WBO zu gestalten.

Nach einer Beschlussvorlage des Deutschen Ärztetages 2010 soll §5 Abs. 3 M-WBO wie folgt geändert werden: „Der Befugtenarzt ist verpflichtet, die Weiterbildung persönlich zu leiten und grundsätzlich ganztägig durchzuführen. Dies gilt auch, wenn die Befähigung an mehrere Ärzte an einer oder mehreren Weiterbildungsstätten erteilt wird. Ist ein Befugtenarzt an mehr als einer Weiterbildungsstätte tätig, ist eine gemeinsame Befugnis mit einem weiteren Befugtenarzt an jeder Weiterbildungsstätte erforderlich.“

Mit diesem neuen Passus werden die Anforderungen an Weiterbildungsbefugte künftig erhöht. Dennoch wird es weiterhin möglich sein, dass auch Weiterbildungsbefugte, die an mehreren Betriebsstätten tätig sind, die Weiterbildung ausüben dürfen. Allerdings bedarf es einer guten Begründung, warum unter diesem Umstand eine gute Qualität der Weiterbildung gegeben ist.

Wie groß muss der notwendige zeitliche Umfang sein?

Die Rechtsprechung beurteilt die Frage nach dem zeitlichen Umfang der Verfügbarkeit von Weiterbildungsbefugten uneinheitlich. Das OVG Rheinland-Pfalz stellt die persönliche Eignung eines Arztes, der nicht genügend Zeit für die ordnungsgemäße Durchführung der Weiterbildung hat, bereits aus diesem Grund infrage.

Andererseits hat das Heilberufegericht beim OVG Mecklenburg-Vorpommern es mit den Pflichten des weiterbildungsbefugten Chefarztes für vereinbar gehalten, dass er mit Nebentätigkeitsgenehmigung der Krankenhausleitung fünf bis acht Wochenstunden in seiner zwei Autostunden entfernten Privatpraxis arbeitet. Die Weiterbildungsordnung selbst enthält bislang keine Regelungen zum Umfang der chefärztlichen Tätigkeit für die Weiterbildung,

Bei einer fünfstündigen Anwesenheit des weiterbildungsbefugten Chefarztes pro Arbeitstag ist die Grenze des Zulässigen nach Auffassung des VG Saarland überschritten. Mit der Pflicht des Weiterbildungsassistenten, sich intensiv und in der Regel ganztägig und hauptberuflich dem Ziel der Weiterbildung zu widmen, müsse die Verpflichtung des Weiterbildungsbefugten korrespondieren, sich ebenso intensiv und persönlich um die Weiterbildung des Assistenten zu kümmern.

Vier Grundsätze für die Zukunft

Die Qualität der Weiterbildung entscheidet über die Attraktivität der Klinik als zukünftiger Arbeitsplatz für den immer knapper werdenden medizinischen Nachwuchs. Bei der Sicherstellung dieser Attraktivität nimmt der weiterbildungsbefugte Chefarzt eine wichtige Rolle ein. Für einen reibungslosen Ablauf sollte er auch darauf einwirken, dass folgende Grundsätze eingehalten werden:

  • Weiterbildungsassistenten sollten von nichtärztlichen Tätigkeiten, zum Beispiel der Patientenverwaltung, weitgehend verschont bleiben.
  • Weiterbildungsprogramme sind abteilungsübergreifend abzustimmen. Durch koordinierte Abfolge der Weiterbildungsabschnitte ist eine gleichbleibende Besetzung der Weiterbildungsstellen anzustreben, die mit den Notwendigkeiten der einzelnen Abteilung vereinbar ist.
  • Defizite im Leistungsspektrum können durch Weiterbildungsverbünde von mehreren Weiterbildungsbefugten an mehreren Weiterbildungsstätten ausgeglichen werden.
  • Durch Weiterbildung gebundene Kapazitäten des ärztlichen Stammpersonals sind im Personalschlüssel und bei den ökonomischen Zielvorgaben für die Abteilung zu berücksichtigen.