Vorsicht Frist! Was ist beim Widerspruch gegen den KV-Bescheid zu beachten?

von RA und FA für MedR Dr. Thomas Willaschek, DIERKS + BOHLE Rechtsanwälte, Berlin, www.db-law.de 

Unabhängig davon, ob ein Bescheid einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) rechtmäßig oder rechtswidrig ist, wird dieser bestandskräftig, wenn er nicht rechtzeitig mittels Widerspruchs angefochten wird. Damit ein Widerspruch überhaupt Aussicht auf Erfolg haben kann, ist einiges zu beachten.

Form und Frist – das A und O des Widerspruchs 

Der KV-Bescheid, am häufigsten in Form der RLV-Zuweisung oder der Honorarfestsetzung, ist ein Verwaltungsakt. Die am Ende stehende Rechtsbehelfsbelehrung ist dessen einfachstes Erkennungsmerkmal. Dort steht, in welcher Form und innerhalb welcher Frist gegen ihn vorgegangen werden kann. Die Formerfordernisse sind dabei minimal.

Der Widerspruch muss schriftlich oder zur Niederschrift bei der KV eingereicht werden und eine Unterschrift beinhalten, die erkennbar macht, von wem der Widerspruch stammt. Das Schreiben muss nicht als Widerspruch bezeichnet werden, auch eine Begründung ist nicht notwendig. Ein Widerspruch per Telefon oder E-Mail ist jedoch nicht möglich.

Der Widerspruch muss binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides eingelegt werden. Eine Verlängerung der Frist ist ausgeschlossen. Die Frist beginnt mit Bekanntgabe, meistens ist dies die Zustellung des Bescheids mittels Einwurf in den Briefkasten des Arztes.

Wird der Bescheid in Form eines einfachen Briefs versandt, gilt die Zustellungsfiktion: Der Bescheid gilt am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Fiktion ist aber widerlegbar: Der Empfänger kann zum Beispiel behaupten, den Brief tatsächlich erst später als die unterstellten drei Tage nach der behaupteten Aufgabe bei der Post erhalten zu haben. In einem solchen Fall muss der Widerspruchsführer (hier: der Arzt) beweisen, dass er rechtzeitig Widerspruch eingelegt hat. Daher empfiehlt es sich, immer das Zugangsdatum von Bescheiden zu notieren, am besten per Eingangstempel. Ab diesem Datum beginnt die Ein-Monats-Frist zu laufen.

Frist versäumt – was tun? 

Wurde die Frist zum Einlegen des Widerspruchs versäumt, bleibt nur ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dieser muss innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses, das das Fristversäumnis verursacht hat, gestellt werden. Unter sehr strengen Voraussetzungen ist es dann möglich, das Widerspruchsverfahren wieder aufleben zu lassen. Die Wiedereinsetzung wird aber nur gewährt, wenn das Fristversäumnis unverschuldet war. Da dies eine Frage des Einzelfalls ist, ist die Begründung entscheidend. Einige Beispiele:

  • Ein unverschuldetes Fristversäumnis kann Urlaub von längstens sechs Wochen sein, wenn sowohl die Bekanntgabe als auch die Widerspruchsfrist in die Urlaubszeit fallen (BVerfG, Beschluss vom 18.10.12, Az. 2 BvR 2776/10). Ist jedoch – wie in der Regel bei KV-Bescheiden – schon vor Urlaubsantritt mit der Zustellung eines Bescheids während der Urlaubszeit zu rechnen, muss Vorsorge getroffen und ein Dritter mit der Angelegenheit betraut werden.
  • Auch eine Krankheit, die so schwer und plötzlich auftritt, dass weder man selbst seiner Verpflichtung nachkommen noch einen Dritten als Vertreter bestellen kann, hindert ein Verschulden.
  • Verzögert sich die Beförderung eines per Brief zur Post aufgegebenen Widerspruchs aus Gründen, die nicht in den Verantwortungsbereich des Widerspruchsführers fallen (zum Beispiel Streik), ist die Wiedereinsetzung durch die KV ebenfalls zu gewähren.
  • Auch ein Verschulden des Praxispersonals wird dem Arzt nicht zugerechnet, wenn er das Personal sorgfältig ausgewählt und überwacht hat und das Fristversäumnis nicht Folge unzureichender Organisation ist (Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 2.10.13, Az. 6 Ca 725/13).

Fazit

Die Hürden für eine Wiedereinsetzung des Widerspruchsverfahrens sind hoch. Wenn möglich, sollte man es daher erst gar nicht so weit kommen lassen und die einmonatige Widerspruchsfrist einhalten.