von RAin, FAin MedizinR Dr. Christina Thissen und RA Lucas Augustyn, Voß & Partner, Münster, voss-medizinrecht.de
Wenn zufriedene Patienten Ihre Praxis oder Institut über Online-Bewertungsportale empfehlen, kann sich das positiv auswirken, z. B. auf die Zahl der Patienten. Umgekehrt schaden schlechte Bewertungstexte, niedrige Punktbewertungen und schlimmstenfalls regelrechte Schmierkampagnen einer Praxis oder einem Institut. Welche Äußerungen mit all ihren nachteiligen Konsequenzen Sie hinnehmen müssen und gegen welche Sie mit Erfolg rechtlich vorgehen können, erklärt dieser Beitrag.
Bei den typischen Erscheinungsformen negativer Aussagen lassen sich im Wesentlichen drei Arten von Online-Kritikäußerung unterscheiden:
Beispiel: Radiologie bei Jameda |
Das Ärzte-Bewertungsportal Jameda liefert unter dem Stichwort „Radiologie“ rund 8.750 Treffer (Stand Juni 2021). Die Bewertungen der Radiologinnen und Radiologen weist dabei das gesamte Schulnoten-Spektrum von 1,0 bis 6,0 auf. Insbesondere bei den schlechteren Noten ab etwa 5,0 liegen allerdings häufig nur sehr wenige Bewertungen zugrunde, meist sogar nur eine einzige. |
Solange Sie sich in den o. g. Erscheinungsformen rein sachlicher Kritik im Netz ausgesetzt sehen, ist ein Vorgehen dagegen extrem schwierig. Und selbst Kritik, die weder höflich noch sachlich klingt, ist oftmals noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Erst wenn eindeutig die Schwelle zur Beleidigung überschritten ist, besteht ein Anspruch auf Löschung des Kommentars. Gleiches gilt für den Fall, dass unwahre Tatsachen behauptet werden. Die Abgrenzung zwischen Meinung und Tatsachenbehauptung ist selten trennscharf zu ziehen, sodass stets eine gute Argumentation erforderlich ist, um einen Kommentar erfolgreich entfernen zu lassen.
Merke |
Selbst bei einer vermeintlich „objektiven“ niedrigen Punktbewertung allein (d. h. ohne Begründung) ist nicht abschließend geklärt, ob diese zulässig ist. Problematisch ist hierbei, dass der Nutzer die Grundlage seiner Bewertung nicht offenbart. In jüngerer Vergangenheit stellen sich die Gerichte jedoch häufiger auf den Standpunkt, dass auch hierin eine zulässige Meinungsäußerung zu sehen sei. |
Ungeachtet dieser hohen Hürden zeigt die anwaltliche Praxis immer wieder, dass negative Kommentare, die sich jedenfalls am Rande der zulässigen Meinungsäußerung bewegen, dennoch erfolgreich entfernt werden können. Eine gute Chance auf Löschung einer Bewertung haben Sie insbesondere dann, wenn der Nutzer nicht mit seinem Klarnamen aufgetreten ist. Der Bewertete hat dann keine Möglichkeit zu überprüfen, ob er überhaupt eine Behandlung bei diesem Patienten durchgeführt hat und kann gegenüber der Bewertungsplattform auch genauso argumentieren.
Verzichten Sie möglichst auf eigene Kommentierungen unliebsamer Bewertungen. Dies wirkt wie eine Lupe und lenkt die Aufmerksamkeit anderer Nutzer unnötig auf den Vorgang. Legen Sie den Fokus ohne Umwege auf einen Löschungsantrag: Wenden Sie sich an den Plattformbetreiber und verlangen Sie die Löschung mit entsprechender Begründung.
Der Plattformbetreiber fordert den Kommentator dazu auf, innerhalb von zwei Wochen Stellung zum Löschungsantrag zu nehmen. Während dieser Prüfphase wird der Kommentar schon vorübergehend vom Netz genommen. Häufig gibt der Kommentator daraufhin gar keine Stellungnahme ab. Dies gilt vor allem bei einem Löschungsantrag mit anwaltlicher Begleitung, der gegenüber dem Kommentator i. d. R. die gewünschte Wirkung erzielt. In diesem Fall wird der Eintrag ohne weitere inhaltliche Prüfung seitens des Plattformbetreibers dauerhaft gelöscht. Nimmt der Kommentierende Stellung, entscheidet der Plattformbetreiber zugunsten der einen oder anderen Seite. Auch in diesem Fall erweist sich eine anwaltliche Begleitung erfahrungsgemäß als vorteilhaft.
Weitergehende Maßnahmen sollten Sie bei wiederholten negativen Foreneinträgen, echter Schmähkritik oder Hasskommentaren ergreifen. Dies kommt vor allem bei Kommentaren in sozialen Medien in Betracht, in denen einzelne Nutzer in geschlossenen Gruppen regelrechte Schmierkampagnen durch wiederholte Beiträge führen, die eine Eigendynamik entwickeln oder die Grenze zum Hasskommentar überschreiten.
Verzichten Sie darauf, eine Gegendarstellung zu fordern. Dies erregt nur unnötiges Aufsehen und erzielt einen ähnlichen unerwünschten Effekt wie die eigene Kommentierung einer schlechten Bewertung (siehe oben).
Erstatten Sie Strafanzeige. Die in Betracht kommenden Straftaten der Beleidigung und Verleumdung sind zwar sogenannte „Privatklagedelikte“, bei der die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit hat, die Strafverfolgung vollständig in die Hände des Betroffenen zu legen. Dennoch verleiht eine Strafanzeige Ihrem Anliegen zusätzliches Gewicht. Fordern Sie den Verfasser anwaltlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Hierin verpflichtet sich der Kommentator, seine Äußerungen künftig zu unterlassen und bei Verstoß eine Geldzahlung zu leisten.
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