Trotz BGH-Urteil: Kein Freibrief für Ärzte bei Annahme von unerlaubten Zuwendungen

von Rechtsanwalt Rainer Hellweg, Kanzlei Schroeder-Printzen, Kaufmann & Kollegen, Hannover, www.armedis.de

Bei Zuwendungen von Dritten an Ärzte finden die entsprechenden Tatbestände des Strafgesetzbuches (StGB) auf Ärzte keine Anwendung – dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem viel beachteten Beschluss vom 29. März 2012 klargestellt (Az: GSSt 2/11). Vorsicht ist dennoch nach wie vor geboten, denn berufsrechtlich gilt für Ärzte unverändert das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt bzw. der Annahme von unerlaubten Zuwendungen. 

Der Entscheidungsgegenstand

Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob ein niedergelassener Vertragsarzt als Amtsträger oder Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des Strafgesetzbuches anzusehen ist. Dies wurde verneint. 

Zur Begründung führten die BGHRichter aus, dass der Arzt im System der vertragsärztlichen Versorgung keine Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnehme. Auch wenn er durch den öffentlich-rechtlichen Akt der Zulassung in das Leistungserbringersystem der gesetzlichen Krankenversicherung eingegliedert sei, übe er seinen Beruf in freiberuflicher Tätigkeit aus. Die Bindung an den Patienten stehe im Vordergrund. Ein Vertragsarzt sei kein Angestellter oder bloßer Funktionsträger einer öffentlichen Behörde. 

BGH-Urteil erfolgte nur im ­strafrechtlichen Kontext

Diese begrüßenswerte Klarstellung durch den BGH erfolgte allerdings allein im strafrechtlichen Kontext. Daraus folgt, dass sich Ärzte im Falle der Annahme von Provisionszahlungen oder sonstigen Zuwendungen nicht nach den Wett­bewerbsdelikten strafbar machen können. Eine Erweiterung der Rechte des Arztes im vertragsärztlichen System gegenüber KV oder Krankenkassen geht damit aber nicht einher. 

Kein neuer Freiraum für Ärzte

Der BGH-Beschluss bedeutet also keinesfalls einen neuen rechtlichen Freiraum für Ärzte. An den bestehenden berufsrechtlichen Grenzen etwa des Verbots der Zuweisung von Patienten gegen Entgelt und der unerlaubten Zuwendungen – insbesondere bei vertraglicher Zusammenarbeit mit Arznei, Hilfsmittel und Medizinproduktherstellern – hat sich nichts geändert. 

Zuwendungen: Adäquate Gegenleistung des Arztes erforderlich

Hiernach ist es erforderlich, dass der an den Arzt geleisteten Zuwendung immer eine adäquate Gegenleistung gegenübersteht. Diese müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen, wobei sich eine juristisch zu überprüfende vertragliche Regelung empfiehlt. Letztlich darf das medizinische Vorgehen des Arztes nicht durch zu erwartende ökonomische Vorteile in unlauterer Weise beeinflusst werden, etwa wenn Patienten zum Radiologen zwecks Durchführung entsprechender Diagnostik überwiesen werden. Wird hiergegen verstoßen, bestehen schon nach derzeitiger Rechtslage Möglichkeiten der Sanktionierung der Ärzte. 

Änderung des StGB wird ­diskutiert

Zudem wird aktuell diskutiert, dass der Gesetzgeber eine Änderung des StGB vornimmt und darin entsprechende Straftatbestände schafft – was zulässig wäre.