Thoraxröntgen in Kooperationen: Vergütung setzt persönliche Leistung voraus

von RA, FA für MedR Dr. Tobias Scholl-Eickmann und RA Benedikt Büchling, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Die Vergütung des Vertragsarztes hängt von seiner persönlichen Leistungserbringung ab. Zulässige Ausnahmen, z. B. in Leistungserbringungsgemeinschaften, sind eng auszulegen (Landessozialgericht [LSG] NRW, Urteile vom 28.10.2015, Az. L 11 KA 94/13 und L 11 KA 39/14).

Der Fall 

Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit den Fachrichtungen radiologische Diagnostik, Neuroradiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin hatte mit einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis (ÜBAG) für Pneumologie, Allergologie und Schlafmedizin einen Kooperationsvertrag geschlossen. Danach kooperierten die Beteiligten im vertragsärztlichen Bereich beim konventionellen Röntgen des Thorax als sogenannte Leistungserbringungsgemeinschaft i. S. d. § 15 Bundesmantelvertrag für Ärzte (BMV-Ä).

Konkret verpflichtete sich das MVZ, an einem Standort der ÜBAG einen radiologischen „Bucky“-Arbeitsplatz zu errichten. Aufgaben der Vertragsärzte der ÜBAG waren Indikationsstellung, Aufklärung und technische Untersuchung durch das qualifizierte Personal sowie deren ärztliche Überwachung. Nach Überweisung durch die Vertragsärzte der ÜBAG übernahm das MVZ die Befundung, die Befundmitteilung sowie die Archivierung der Patientenunterlagen und rechnete die erbrachten Leistungen als eigene Gesamtleistung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ab.

Nach Ansicht von KV und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) sei eine Abrechnung durch das MVZ nicht möglich. Zwar können sich Vertragsärzte bei gerätebezogenen Untersuchungen zur gemeinschaftlichen Leistungserbringung zusammenschließen. Nach der vorliegenden Vertragsgestaltung seien die Thoraxröntgenaufnahmen aber persönliche Leistung des anweisenden Arztes der ÜBAG. Daran ändere auch nichts, dass die Befundung durch das MVZ erfolge.

Die Entscheidung des LSG NRW 

Das LSG teilte die Auffassung von KV und KBV und bestätigte die Rechtmäßigkeit der festgesetzten Honorarberichtigung zulasten des MVZ.

§ 15 Abs. 1 S.1 BMV-Ä bestimme, dass jeder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt verpflichtet ist, die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben. Die radiologischen Leistungen seien hier nicht von dem MVZ erbracht worden. Der zu einer Abrechnung berechtigende Tatbestand einer Leistung des EBM sei erst erfüllt, wenn alle einzelnen Tatbestandsmerkmale persönlich von dem abrechnenden Arzt erbracht worden sind (z. B. bei der EBM-Nr. 34220 „Röntgenaufnahmen des knöchernen Thorax und/oder seine Teile“ einschließlich Beurteilung, obligatorischer schriftlicher Befunddokumentation, Befunde nach der EBM-Nr. 1600 sowie Briefe, nach der EBM-Nr. 01601 an den auftraggebenden Arzt sowie ggf. Eintragung in ein Röntgennachweisheft nach Abs. 4 der EBM-Präambel 34.1).

Eine Ausnahme von dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung nach § 15 Abs. 3 BMV-Ä liege nicht vor. Federführend, d. h. anweisend, sei nach Kooperationsvertrag und Ablauf allein der Arzt der ÜBAG an deren Standort. Eine Beteiligung des MVZ erfolge erst, nachdem die Indikation der radiologischen Leistungen gestellt und darauf beruhend die Röntgenaufnahmen gefertigt worden seien.

Praxishinweis

Nicht jedes vertragsärztliche Kooperationsmodell entspricht von vornherein den gesetzlichen Vorgaben. Neben dem Gesellschaftsrecht müssen vor allem vertragsarztrechtliche Vorgaben berücksichtigt werden, um nachteilige Auswirkungen (wie z. B. Honorarrückforderungen) zu vermeiden. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der Einführung der neuen Korruptionstatbestände im Gesundheitswesen.

Die vorherige rechtliche Überprüfung von Kooperationsmodellen ist in Bezug auf die beabsichtigte konkrete vertragliche Gestaltung und die gesetzlichen Vorgaben unerlässlich.