Teleradiologie nach dem neuen Strahlenschutzrecht (Teil 2)

von RA und FA für MedizinR Till Sebastian Wipperfürth, LL.M., Mazars Rechtsanwälte, Berlin,mazars-law.de

Das seit dem Jahr 2019 geltende Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) hat u. a. auch einige Konsequenzen für die Teleradiologie gebracht. Im ersten Teil dieses Beitrags ( RWF Nr. 08/2020 ) wurde auf allgemeine Genehmigungsvoraussetzungen für die Teleradiologie nach aktuellem Strahlenschutzrecht eingegangen. In diesem zweiten Beitragsteil geht es um die Frage, wie die geforderte Einbindung des Teleradiologen in den Klinikbetrieb konkret aussehen soll. Zudem wird darauf eingegangen, wann genau ein Medizinphysik-Experte hinzugezogen werden muss.

Einbindung des Teleradiologen in den klinischen Betrieb – Grundlagen

Neu in das Strahlenschutzgesetz aufgenommen wurde das Erfordernis, dass der Teleradiologe regelmäßig und eng in den klinischen Betrieb des Krankenhauses eingebunden sein muss. Nach der Gesetzesbegründung soll auf diese Weise gewährleistet werden, dass der Teleradiologe genaue Kenntnisse

  • über die Röntgeneinrichtungen des Krankenhauses und
  • die eingesetzten Untersuchungs-verfahren erlangt und
  • dass ein enger fachlicher Austausch zwischen allen an der Teleradiologie beteiligten Personen stattfindet.

Damit soll die erforderliche Untersuchungsqualität auch bei komplexen und seltenen Untersuchungssituationen sichergestellt werden. Bislang war unklar, wie diese Einbindung in den klinischen Betrieb eigentlich genau zu erfolgen hat.

Vorgaben des BMU

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), das das Strahlenschutzgesetz federführend entworfen hat, hat im Februar 2020 ein Rundschreiben an die Strahlenschutzbehörden der Länder verschickt, das als Auslegungshilfe für das Merkmal der „regelmäßigen und engen Einbindung“ dienen soll (BMU, Rundschreiben vom 14.02.2020, S II 4 – 11600/01).

Danach muss sich der Teleradiologe regelmäßig persönlich mit dem klinischen Betrieb des Krankenhauses befassen, indem er sich aktiv mit

  • den technischen Eigenschaften der für die teleradiologischen Unter-suchungen bestimmten Röntgengeräte und Computertomografen,
  • der technischen Untersuchungsdurchführung,
  • den Arbeitsabläufen und
  • dem Personal vertraut macht.

Konkrete Anforderungen an den Teleradiologen

Zur Umsetzung der genannten Vorgaben ist vor der Aufnahme der teleradiologischen Tätigkeit mindestens ein Besuch vor Ort im Krankenhaus erforderlich. Anschließend soll der Teleradiologe mindestens jährlich das Krankenhaus besuchen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Besuche vor Ort sollen außerdem immer dann erforderlich sein, wenn sich der klinische Betrieb in technischer oder personeller Hinsicht wesentlich ändert, z. B. durch

  • die Aufstellung neuer Röntgengeräte oder
  • den Wechsel der operativen Leitung der radiologischen Einheit.

Außerdem soll der Teleradiologe an wichtigen Besprechungen (z. B. Fallkonferenzen) teilnehmen.

Praxistipp

Bei der vorgegebenen Teilnahme des Teleradiologen an Fallkonferenzen oder ähnlichen wichtigen Besprechungen ist eine virtuelle Teilnahme ausreichend, z. B. in Form einer Videoschalte.

 

Da der Teleradiologe persönlich in den klinischen Betrieb eingebunden sein muss, darf er die vorgenannten Aufgaben nicht an Dritte delegieren.

Umsetzung bei Teleradiologie-Dienstleistern

Für Teleradiologie-Dienstleister, die mit angestellten Teleradiologen mehrere Krankenhäuser betreuen, gelten die vorgenannten Grundsätze ebenfalls. Das bedeutet, dass die mit der regelmäßigen und engen Einbindung in den klinischen Betrieb einhergehenden Verpflichtungen des Teleradiologen nicht durch ständig wechselnde Teleradiologen wahrgenommen werden dürfen. Es ist aber zulässig, dass der Teleradiologie-Anbieter für das jeweilige Krankenhaus einen verantwortlichen Teleradiologen (einschließlich eines Stellvertreters) benennt, der die oben beschriebenen Aufgaben erfüllt und insbesondere das Krankenhaus regelmäßig besucht. Dieser Teleradiologe muss zwar nicht selbst die teleradiologischen Untersuchungen für dieses Krankenhaus durchführen.

Allerdings muss der verantwortliche Teleradiologe alle mit der Untersuchung betrauten Teleradiologen regelmäßig über sämtliche relevanten Begebenheiten des klinischen Betriebs (technische Eigenschaften der Röntgeneinrichtung, technische Durchführung der Untersuchungen und das im Krankenhaus tätige Personal) unterrichten, etwa im Wege von Schulungen oder in Handbüchern.

Für die Durchführung der Untersuchungen müssen die Krankenhäuser mit dem verantwortlichen Teleradiologen abgestimmte Protokolle und Arbeitsanweisungen verwenden.

Hinzuziehung eines MPE als Genehmigungsvoraussetzung

Neben den in Teil 1 des Beitrags dargestellten teleradiologiespezifischen Genehmigungsvoraussetzungen ist auch auf die allgemeinen Anforderungen für die Anwendung von Röntgenstrahlung am Menschen hinzuweisen. Hier besteht eine Besonderheit: Bei der Durchführung von CT-Untersuchungen und – für den Bereich der Teleradiologie allerdings irrelevant – Untersuchungen der interventionellen Radiologie muss grundsätzlich sichergestellt sein, dass ein Medizinphysik-Experte (MPE) zur Mitarbeit hinzugezogen werden kann (hierzu im Einzelnen RWF Nr. 04/2019 und Nr. 11/2019).

Für CT-Geräte, die am 31.12.2018 schon in Betrieb waren (Altgeräte), gilt eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2022. Sollen jedoch Altgeräte zur Teleradiologie verwendet werden, für die noch keine Teleradiologie-Genehmigung erteilt wurde, gilt diese Übergangsregelung nicht!

Merke

Für Altgeräte, die neu zur Teleradiologie verwendet werden sollen, muss die vertragliche Einbindung eines MPE (Hinzuziehung zur Mitarbeit) umgehend gegenüber der Strahlenschutzbehörde nachgewiesen werden. Andernfalls wird die Behörde die Genehmigung verweigern.

 

Eine Übergangsregelung besteht für Teleradiologie-Genehmigungen, die Kliniken vor dem 31.12.2018, also dem Tag des Inkrafttretens des Strahlenschutzgesetzes erteilt wurden: Diese Genehmigungen bestehen bis zum Ende ihrer Befristung unter dem Vorgängerregime, also der (alten) Röntgenverordnung (RöV), fort.

Es ist davon auszugehen, dass die Strahlenschutzbehörden die Genehmigungsvoraussetzungen eng auslegen werden. Gegen ablehnende Entscheidungen der Behörden steht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen.

Weiterführende Hinweise