„In manchem Arztkittel in Kliniken steckt ein Scheinselbstständiger“ – so lautete eine Schlagzeile in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 29. Dezember 2010. Dass dies nicht ganz fernliegend ist, zeigt auch eine erst jetzt bekannt gewordene Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 12. Januar 2006 (Az:S 10 RJ 307/03), die sich mit der Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängigem Beschäftigungsverhältnis bei einem Facharzt beschäftigt, der für Aufnahme- und Entlassungsuntersuchungen Honorarzahlungen auf Stundenbasis von einem Krankenhaus erhielt.
Das SG Dortmund hat die Tätigkeit dieses Arztes als abhängige Beschäftigung angesehen und den Krankenhausträger verurteilt, Sozialversicherungsbeiträge von ca. 35.000 Euro nachzuzahlen. Zur Begründung verweist das Sozialgericht darauf, dass der Arzt sowohl örtlich als auch zeitlich in die Organisation des Krankenhauses eingebunden gewesen sei und er sich die Patienten nicht aussuchen könne; vielmehr würden diese ihm vom Krankenhausträger zugewiesen.
Eine selbstständige Tätigkeit aber sei vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt gewesen.
Das Urteil liefert Chefärzten Argumente, auf ihre Krankenhausträger einzuwirken, bei Verträgen mit freiberuflichen Honorarärzten, die ihnen in ihrem Gebiet Konkurrenz machen, Vorsicht walten zu lassen. Allerdings gilt diese Vorsicht auch für die Honorarärzte. Denn: Wenn ein Facharzt in den Betrieb eines Krankenhauses eingegliedert ist, ohne dort angestellt oder Belegarzt zu sein, so nimmt er diese Tätigkeit häufig innerhalb geregelter Abläufe zu bestimmten Zeiten wahr. Dies aber bedingt die Gefahr, dass typische Merkmale der Freiberuflichkeit fehlen und somit Scheinselbstständigkeit vorliegt.
Sollte im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung festgestellt werden, dass in einem Krankenhaus als Freiberufler tätige Ärzte in Wirklichkeit als abhängig beschäftigte Mitarbeiter anzusehen sind, trifft die Verpflichtung zur Nachzahlung der SV-Beiträge den Krankenhausträger. Möglicherweise kommen hier auf so manchen Krankenhausträger zukünftig noch erhebliche Kosten zu.
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