Privatpatient ohne Überweisungsschein muss indizierte MRT-Untersuchung bezahlen

von RA, FA für MedR, Mediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann und RA Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzei-am-aerztehaus.de

Ein Privatpatient, der einen Facharzt ohne Überweisungsschein aufsucht, stellt in das pflichtgemäße Ermessen des Arztes, welche Untersuchungen durch­geführt werden sollen. Dies entschied das Amtsgericht (AG) Halle mit Urteil vom 2. Februar 2012 (Az: 93 C 2736/11). Abgerechnet werden dürfen grundsätzlich dennoch nur solche Leistungen, die nach den Regeln der ­ärzt­lichen Kunst für eine medizinisch notwendige Versorgung erforderlich sind. 

Fall und Urteil

Auf Überweisung seiner Orthopädin hatte sich ein Privatpatient bei der einer radiologischen Gemeinschafts­praxis in Behandlung begeben. Einen Überweisungsschein legte er dort jedoch nicht vor. Nach Durchführung einer MRT-Untersuchung der Lendenwirbelsäule stellte ihm die Praxis dafür über 500 Euro in Rechnung. Mit dem Hinweis, eine solche Untersuchung sei nie Gegenstand des Behandlungsvertrags gewesen, weigerte sich der Patient, diese zu begleichen. Daraufhin verklagte die Gemeinschaftspraxis den Patienten auf Erstattung der Rechnung. 

Das Gericht gab der Klage statt. Wenn ein Privatpatient ohne Überweisungsschein einen Facharzt aufsucht, ist der Arzt an keinen Untersuchungsauftrag gebunden, so das Urteil. Es sei dann in das ärztliche Ermessen gestellt, welche Untersuchungen durchgeführt werden sollen. Der Patient habe von Schmerzen im Steißbereich berichtet. Daher sei eine MRT der Lendenwirbelsäule die medizinisch gebotene Untersuchung gewesen und daher auch zu vergüten. Ob die Praxis im Vorfeld der Untersuchung bei der Orthopädin den Auftrag telefonisch abzuklären versucht hatte – was streitig war –, konnte das Gericht somit offenlassen. 

Anmerkungen

Das Urteil des AG Halle bestätigt die Grundsätze der ärztlichen Berufsordnung zu den ärztlichen Berufspflichten. Danach muss jeder Arzt nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, was ihm im Hinblick auf Diagnose und Behandlung für seinen Patienten sowie im Rahmen seiner Verantwortung im Einzelfall als ausreichend und angemessen erscheint. Der Patient kann verlangen, dass der Arzt von allen Erkenntnisquellen Gebrauch macht, die nach dem medizinischen Erkenntnisstand sinnvoll und verfügbar sind. 

Vergütungen darf der Arzt nach § 1 Abs. 2 der GOÄ indes nur für solche Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich, also im Hinblick auf eine Heilung oder Beschwerdelinderung objektiv geboten sowie effizient und kostengünstig sind. Darüber hinausgehende sogenannte Übermaßbehandlungen dürfen nur abgerechnet werden, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind. 

Vor diesem Hintergrund ist das vorliegende Urteil keineswegs als „Freifahrtsschein“ zu verstehen. Nicht immer sind Patientenwille und medizinische Indikation so klar ermittelbar wie im entschiedenen Fall. Die Vergütung von auf Verlangen erbrachten Wunschleistungen, aufwendigen Mehrleistungen oder medizinisch nicht indizierten Leistungen ist mit dem Patienten ausdrücklich zu vereinbaren und schriftlich festzuhalten.