Nr. 1 GOÄ neben MRT?

Frage: „Ausschließlich die Central Krankenversicherung verweigert mittlerweile regelmäßig ihren Versicherten die Erstattung der Nr. 1 GOÄ, sofern diese im Zusammenhang mit kernspintomografischen Leistungen erbracht wurde. Als Begründung wird mitgeteilt:

‚Ziffer 1 der GOÄ darf nicht neben der Ziffer 5700 bis 5732 und Ziffer 5735 aus dem Abschnitt O III Magnetresonanztomographie der GOÄ berechnet werden. Das Aufklärungsgespräch, die Befundmitteilung und die notwendige ärztliche Überprüfung der Indikation und des Untersuchungsumfangs sind Bestandteil der Magnetresonanztomographie-Leistung.‘

Da bei uns das Beratungsgespräch nach der Untersuchung grundsätzlich weit über das Maß einer reinen Befundmitteilung hinausgeht, setzen wir u. E. die Beratungsziffer 1 zu Recht an. Hierzu hätten wir gerne Ihre Einschätzung.“

Antwort: Die Argumentation der Versicherung entspricht tatsächlich nicht den Vorgaben der GOÄ.

Allgemeine Bestimmungen des Abschnitts O I 

In den allgemeinen Bestimmungen des Abschnitts O I GOÄ Satz 3 ist lediglich Folgendes vermerkt: „Die nach der Strahlenschutzverordnung bzw. Röntgenverordnung notwendige ärztliche Überprüfung der Indikation und des Untersuchungsumfangs ist auch im Überweisungsfall Bestandteil der Leistungen des Abschnitts O und mit den Gebühren abgegolten.“

Dies bedeutet keinen Ausschluss von Beratungsleistungen aufgrund anderer Konstellationen, die eine gesonderte Beratung des Patienten erforderlich machen. Außerdem ist zu beachten, dass die MRT-Untersuchungen nicht der Strahlenschutz-bzw. Röntgenverordnung unterliegen. Es wird keine Röntgenstrahlung im Sinne dieser Verordnungen angewendet. Deshalb kann die o. g. allgemeine Bestimmung ohnehin nicht direkt zutreffen.

BÄK-Hinweise zu kernspintomographischen Leistungen 

Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hat in einer Stellungnahme zur Abrechnung kernspintomographischer Leistungen am Beispiel von Kniegelenksuntersuchungen Hinweise zur Berechnungsfähigkeit der Beratungsleitungen gegeben (DÄB 102,46 (2005), S. A3207 - 3211):

„MRT-Untersuchungen unterliegen nicht der Röntgen- oder Strahlenschutzverordnung, da keine Röntgenstrahlung im Sinne dieser Verordnungen angewendet wird. Als Röntgenstrahlung im Sinne der o. g.Verordnungen gelten nur Einrichtungen zur Erzeugung von (ionisierender) Strahlung mit einer Mindestenergie der Teilchen (z. B. Elektronen oder Photonen) von fünf Kiloelektronenvolt (keV). Die Strahlung bei der Kernspintomographie fällt nicht hierunter, da hier die Photonenergien um viele Größenordnungen geringer sind.

Die Sorgfaltspflichten des Arztes erfordern in jedem Fall vor einer diagnostischen Auftragsleistung eine Überprüfung der Indikation und des Untersuchungsumfangs im Hinblick auf die medizinische Notwendigkeit (§ 1 Abs. 2 GOÄ) und die Anpassung der im Einzelfall erforderlichen Messbedingungen und -parameter im Sinne der Leitlinien der BÄK zur Qualitätssicherung der Magnetresonanztomographie. Die Erbringung dieser Leistung erfüllt zugleich nicht den Leistungsinhalt der Beratung nach Nr. 1 GOÄ.“

Wird der Radiologe von einem privatversicherten Patienten direkt aufgesucht, so muss er den Patienten beraten und ggf. untersuchen, um eine Indikation zur Untersuchung stellen zu können. Die Erhebung der Anamnese und die anschließende Beratung kann nach Nr. 1 GOÄ berechnet werden.

Kein Ausschluss neben Leistungen nach Abschnitt O 

Ein Ausschluss der Nrn. 1 und/oder 5 GOÄ neben den Leistungen nach Abschnitt O der GOÄ ergibt sich auch nicht aus der Präambel zu Abschnitt B Rn. 2, sondern „die Leistungen nach den Nrn. 1 und/oder 5 (sind) neben Leistungen nach den Abschnitten C-O im Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig“.

Diese Abrechnungsbestimmung verdeutlicht im Zusammenhang mit den Bestimmungen der Präambel zu Abschnitt O, dass für alle Leistungen des Abschnitts O die Berechnung der Nrn. 1 und 5 GOÄ grundsätzlich zulässig ist. Dies setzt aber voraus, dass diese Leistungen nicht – wie oben dargestellt – ausschließlich im Zusammenhang mit der Sorgfaltspflicht (Überprüfung der Indikationsstellung und des Untersuchungsumfangs) erbracht werden, sondern darüber hinaus eine eigenständige medizinische Indikation zur Durchführung einer symptombezogenen Untersuchung und/oder Beratung besteht.

Indikationen zur Beratung und ggf. Untersuchung 

Folgende Beispiele stellen im Rahmen eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts Indikationen zur Beratung und ggf. Untersuchung dar:

  • Am häufigsten ist sicher die über die Befundmitteilung hinausgehende Erörterung des erhobenen MRT-Befunds mit dem Patienten, einschließlich einer ersten Wertung der möglichen Therapieoptionen sowie des weiteren Verhaltens des Patienten.
  • Auch die genaue Abklärung eines Sturzmechanismus durch den Radiologen zur Erkennung möglicher Verletzungsmuster im MRT kann im Ausnahmefall eine Indikation zur Beratung und Untersuchung nach Nr. 1 und 5 GOÄ darstellen.
  • Der Eintritt von kontrastmittelbedingten Komplikationen stellt ebenfalls eine (eher seltene) Indikation zur Beratung und Untersuchung dar.

BEACHTEN SIE | Im Einzelfall kann sich die Abgrenzung zu Beratungs- und Untersuchungsleistungen schwierig gestalten, die als Bestandteil der MRT-Leistungen anzusehen sind. Die im Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) von Brück zu Rn. 5 der Präambel zu Abschnitt O angeführten Beispiele sind auch auf MRT-Leistungen anwendbar.