Neue Zuschlagsregelung für Berufsausübungsgemeinschaften ab 1. Juli 2011

Der Bewertungsausschuss hat am 22. Dezember 2010 die Systematik der Zuschlagsregelungen für Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) und Praxen mit angestellten Ärzten geändert. Von den Änderungen betroffen sind primär fachgleiche standortübergreifende BAG sowie sämtliche fachübergreifenden BAG. Für diese Kooperationsformen wird der Zuschlag zum Regelleistungsvolumen (RLV) künftig in Abhängigkeit von dem sogenannten Kooperationsgrad festgelegt. Die Änderungen treten zum 1. Juli 2011 in Kraft. Nachfolgend informieren wir über die wesentlichen Inhalte. 

Nicht-standortübergreifende fachgleiche BAG

Fachgleiche BAG und Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe, die nur an einem Standort (Praxis) tätig sind, sind von den Änderungen nicht betroffen. Sie erhalten unverändert einen Zuschlag von 10 Prozent auf das RLV. Ob und in welchem Umfang Patienten von mehreren Ärzten der BAG behandelt wurden, spielt keine Rolle. 

Standortübergreifende ­fachgleiche BAG

Standortübergreifende (überörtliche) fachgleiche BAG und standortübergreifende Praxen mit angestellten Ärzten der gleichen Arztgruppe erhalten ab dem 1. Juli 2011 nur noch dann einen Zuschlag von 10 Prozent auf das RLV, wenn ein Kooperationsgrad von mindestens 10 Prozent im Vorjahresquartal erreicht wurde. Als Kooperationsgrad wird dabei die Anzahl der Fälle verstanden, die in demselben Behandlungsfall durch mehrere Ärzte der BAG behandelt wurden. Der Kooperationsgrad wird nach folgender Formel berechnet: 

Formel für Kooperationsgrad

Kooperationsgrad in Prozent = ([Summe Arztfälle geteilt durch Summe Behandlungsfälle] – 1) x 100

 

Beispiel

Eine aus zwei Radiologen bestehende überörtliche Gemeinschaftspraxis hat im Quartal 3/2010 3.000 Behandlungsfälle abgerechnet. Auf Arzt A entfallen 1.900 Arztfälle, auf Arzt B 1.500 Arztfälle, insgesamt also 3.400 Arztfälle. Daraus errechnet sich nach obiger Formel ein Kooperationsgrad von 13,3 Prozent. Diese BAG erhält somit im Quartal 3/2011 einen Zuschlag zum RLV in Höhe von 10 Prozent. Hätte sie jedoch nur 3.200 Arztfälle (Kooperationsgrad 6,7 Prozent) abgerechnet, gäbe es keinen Zuschlag zum RLV.

 

Hintergrund: Mit dieser Einschränkung will der Bewertungsausschuss dem in letzter Zeit zu beobachtenden Trend zur Bildung überört­licher Gemeinschaftspraxen, in denen überhaupt keine bzw. nur eine geringe gemeinsame Patienten­versorgung durch die an der fachgleichen überörtlichen BAG beteiligten Ärzte stattfindet, entgegenwirken. 

Fachübergreifende BAG

Der Zuschlag zum RLV für fachübergreifende BAG, Medizinische Versorgungszentren und Praxen mit angestellten Ärzten, in denen mehrere Ärzte unterschiedlicher Arztgruppen tätig sind, richtet sich ab 1. Juli 2011 nicht mehr nach der Anzahl der in der jeweiligen BAG vertretenen Fachgruppen, sondern nach dem Kooperationsgrad im Vorjahresquartal. 

Voraussetzung für den Erhalt eines RLV-Zuschlags ist bei fachübergreifenden BAG ein Kooperationsgrad von mindestens 10 Prozent. Mit steigendem Kooperationsgrad erhöht sich auch der RLV-Zuschlag bis zu einem maximalen Zuschlag von 40 Prozent. Die Staffelung erfolgt entsprechend der nachfolgenden Tabelle: 

Kooperationsgrad in Prozent

RLV-Zuschlag in Prozent

0 bis unter 10

0

10 bis unter 15

10

15 bis unter 20

15

20 bis unter 25

20

25 bis unter 30

25

30 bis unter 35

30

35 bis unter 40

35

über 40

40

 

Beispiel

Eine aus zwei Radiologen und einem Nuklearmediziner bestehende Gemeinschaftspraxis hat im Quartal 3/2010 4.000 Behandlungsfälle abgerechnet. Auf Arzt A entfallen 1.500 Arztfälle, auf Arzt B 2.000 Arztfälle und auf Arzt C 1.000 Arztfälle, insgesamt also 4.500 Arztfälle. Daraus errechnet sich nach obiger Formel ein Kooperationsgrad von 12,5 Prozent. Diese BAG erhält somit im Quartal 3/2011 wie bisher einen Zuschlag zum RLV in Höhe von 10 Prozent. Hätte diese BAG jedoch nur 4.200 Arztfälle (Kooperationsgrad 5 Prozent) abgerechnet, gäbe es keinen Zuschlag zum RLV.

 

Neue Kooperationen

Durch die Bezugnahme auf das jeweilige Vorjahresquartal kann ein Kooperationsgrad für Neupraxen bzw. Änderungen von Kooperationsformen nicht ermittelt werden. Für derartige Konstellationen müssen auf regionaler Ebene KV und Krankenkassen Anfangs- bzw. Übergangsregelungen treffen. Vorgaben hierzu enthält der Beschluss des Bewertungsausschusses nicht. 

Zuschläge auch für QZV?

Wie bisher wird der Kooperations-Zuschlag nur auf das RLV gewährt. Der Bewertungsausschuss wird jedoch prüfen, ob auch die qualifikationsgebundenen Zusatzvolumen (QZV) berücksichtigt werden können. Bis zu einer entsprechenden Beschlussfassung können auf regionaler Ebene KVen und Krankenkassen einvernehmliche Regelungen zu einer Anwendung der RLV-Zuschläge auch auf die QZV treffen. 

Neues Honorarkontingent für RLV-Zuschläge

Der Bewertungsausschuss hat weiter beschlossen, für die Vergütung der RLV-Zuschläge ein besonderes Honorarkontingent im sogenannten Vorwegabzug zu bilden. Damit sollen nachteilige Auswirkungen auf die Höhe der RLV-Fallwerte und der QZV verhindert werden. 

Über das Verfahren bei Über- bzw. Unterschreitung dieses Honorartopfes sollen sich KV und Krankenkassen auf regionaler Ebene einigen. Dies kann gegebenenfalls zu einer Quotierung der Zuschläge führen. 

Fazit

Die Anknüpfung an den Kooperationsgrad als maßgebliche Einflussgröße für die Bemessung des RLV-Zuschlags ist für fachübergreifende BAG mit einem hohen Anteil an gemeinsamer Patientenversorgung in der Regel günstiger als die bisherige Bezugsgröße nach der Zahl der Arztgruppen. Demgegenüber dürften viele standortübergreifende fachgleiche BAG künftig keinen Zuschlag zum RLV mehr erhalten, da der geforderte Kooperationsgrad von wenigstens zehn Prozent häufig nicht erreicht wurde. 

Die Vergütungssystematik selbst wird durch diese Neuregelung jedoch nicht transparenter. Dies betrifft insbesondere die mögliche Quotierung der RLV-Zuschläge.