Neue Größenklassen bei der Betriebsprüfung: Wie können sich Radiologen vorbereiten?

von Steuerberater Dr. Rolf Michels, ­Laufenberg Michels und Partner, Köln, www.laufmich.de

Eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt muss fast jeder ­Radiologe regelmäßig über sich ergehen lassen. Für ihn bedeutet dies eine hohe zeitliche und nervliche Belastung, da der Betriebs­prüfer oft unangenehme Fragen stellt. Seit dem 1. Januar 2013 gibt es neue Grenzen für Umsatz und Gewinn bei der Einteilung der jewei­ligen Betriebsgrößen, die den Prüfungsrhythmus der Finanzämter bestimmen. Nachfolgend wird aufgezeigt, worauf Sie als Praxisinhaber bzw. Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft jetzt achten sollten. 

Welche Radiologiepraxis wird wie häufig geprüft?

Es gibt verschiedene Anlässe, die eine Betriebsprüfung auslösen können. Der Prüfungsrhythmus richtet sich dabei insbesondere nach der Größenklasse, in die die Radiologiepraxis eingeteilt wird. Sie ­bestimmt sich nach dem Umsatz und dem steuerlichen Gewinn. 

Die Größenklassen wurden mit Wirkung zum 1. Januar 2013 für die Prüfungsjahre 2013 bis 2015 durch das Bundesfinanzministerium neu geregelt und lauten nun wie folgt: 

Die Größenklassen für freie Berufe ab 2013

  • Großbetriebe
    Umsatz mindestens 4.700.000 Euro oder steuerlicher Gewinn über 580.000 Euro
  • Mittelbetriebe
    Umsatz mindestens 830.000 Euro oder steuerlicher Gewinn über 130.000 Euro
  • Kleinbetriebe
    Umsatz mindestens 170.000 Euro oder steuerlicher Gewinn über 36.000 Euro

 

Es reicht aus, dass eine der beiden Grenzen, also entweder die Umsatz- oder die Gewinngrenze, überschritten wird. Zählt Ihre Radiologiepraxis nach dem Umsatzerlös oder Gewinn zu den Großbetrieben, wird sie lückenlos geprüft, das bedeutet: in jedem Geschäftsjahr. 

Beispiel

Die Radiologen Müller, Meyer und Schmidt betreiben gemeinsam eine Berufsausübungsgemeinschaft. Ihre Gesamthonorareinnahmen im Jahr betragen 3,5 Millionen Euro. Der Gewinn beträgt 750.000 Euro. 

Zwar liegt der Umsatz unterhalb der Grenze für Großbetriebe (4,7 Mio. Euro), aber der Gewinn übersteigt die Grenze von 580.000 Euro. Daher gilt die radiologische Berufsausübungs­gemeinschaft als Großbetrieb und wird jährlich geprüft. 

 

Da die meisten Radiologen als (überörtliche) Gemeinschaftspraxen tätig sind, werden diese Praxen im Regelfall als Großbetriebe lückenlos geprüft. Sie können und müssen sich daher darauf einrichten, dass das Finanzamt ungefähr alle drei Jahre eine Betriebsprüfung anordnen wird. 

Die Praxis wurde ausgewählt – und jetzt?

Falls Ihre Praxis ausgewählt wurde, sollten Sie zunächst Ruhe bewahren. Nachfolgend zeigen wir Ihnen die Prüfungsschwerpunkte, die Betriebsprüfer bei Radiologen in der Regel bilden und geben Ihnen Hinweise, um unangenehme Überraschungen bei einer Prüfung zu vermeiden. 

Privatrechnungen

Es ist möglich, dass der Betriebsprüfer die Privatrechnungen anfordert, wenn sie nicht über einen Abrechnungsdienst abgewickelt worden sind. In diesem Fall ist es wichtig, eine vollständige und in den Rechnungsnummern fortlaufende Sammlung der Privatrechnungen vorzulegen. 

Praxishinweis: Auskünfte zur Patientenkartei sollten Sie nicht zu detailliert geben, da dies wegen der Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Andererseits ist der Prüfer aus steuerrechtlichen Gründen berechtigt, Auskunft zu verlangen. Da Berufs- und Steuerrecht somit in Konflikt geraten können, sollten Sie sich mit ihm auf eine für Sie (noch) vertretbare Position einigen. Können Sie glaubhaft versichern, dass eine Abrechnungsstelle Ihren gesamten Zahlungsverkehr abwickelt, wird der Prüfer möglicherweise kein Interesse mehr an Ihrer Patientenkartei haben. 

Abschreibungsdauer bei ­Großgeräten

Gerade bei medizinischen Großgeräten (zum Beispiel MRT, CT, PET-CT usw.) führen die Abschreibungsdauern immer wieder zu Konfliktpotenzial mit dem Betriebsprüfer. Zwar werden diese Geräte grundsätzlich nach der amtlichen „Abschreibungs-Tabelle“ mit einer Nutzungsdauer von acht Jahren abgeschrieben. Es kann aber immer wieder vorkommen, dass dies nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Damit Sie die Anschaffungskosten möglichst früh steuerlich geltend machen können (beispielsweise um mit der entstehenden Liquidität die Kredite schneller zurückzuführen), sollten Sie anstreben, eine möglichst kurze Nutzungsdauer geltend zu machen. Wenn Sie kürzere Nutzungsdauern wirtschaftlich begründen können, können Sie auch diese bei einer Betriebsprüfung erfolgreich verteidigen. 

Beispiel für kürzere Nutzungsdauer eines CT-Geräts

Ihre Gemeinschaftspraxis hat ein CT-Gerät für 500.000 Euro angeschafft. Aufgrund der positiven Patientenresonanz ist die Praxis täglich von 7 bis 22 Uhr geöffnet. Das heißt, das Gerät wird deutlich häufiger genutzt als in einer radiologischen Einzelpraxis mit Öffnungszeiten von 8 bis 15 Uhr und einer entsprechend niedrigeren Auslastung. In diesem Fall kann eine geringere Nutzungsdauer als acht Jahre wirtschaftlich begründet werden. Wenn Sie die Nutzung zum Beispiel so nachweisen können, dass das Gerät nur sechs Jahre nutzbar ist, können Sie jährlich 83.333 Euro statt 62.500 Euro steuerlich geltend machen. Die verbleibende Liquidität nach Steuern von etwa 10.000 Euro können Sie zur schnelleren Tilgung des Kredits verwenden. 

 

Problem Mietereinbauten

Bei Gründung einer radiologischen Praxis müssen häufig sehr hohe Umbaukosten in den Praxisräumen getätigt werden, um diese nutzbar zu machen. Wenn die Praxisräume gemietet sind und Sie diese Aufwendungen tragen, können Sie die Ausgaben über den Zeitraum der Grundmietzeit des Mietvertrags verteilen. 

Gerade für MRT-Käfige, Bleiummantelungen, Zuleitungen etc. sollten Sie aber beachten, dass diese Kosten „Betriebsvorrichtungen“ darstellen. Diese Betriebsvorrichtungen können Sie teilweise auch kürzer nach ihrer tatsächlichen Nutzungsdauer abschreiben und müssen sich nicht an der Grundmietzeit des Mietvertrags orientieren. Diese kürzeren Abschreibungsdauern werden sicherlich zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung führen. Dennoch empfiehlt es sich auch hier, Nachweise über die Kosten zu führen, um Argumente für das Finanzamt zu sammeln. 

Fortbildungs- und Reisekosten

Kritisch sind teure Auslandsreisen, vor allem wenn weitere Personen mitfahren, bei denen es keine berufliche Veranlassung gibt – etwa Ehegatten. ­Reisekosten im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen sind nur dann steuerlich abziehbar, wenn sie beruflich veranlasst sind. Sind die Aufwendungen sowohl beruflich als auch privat veranlasst, können sie grundsätzlich in ­abziehbare Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden. Die beruflichen Zeitanteile müssen jedoch feststehen und dürfen keine untergeordnete Bedeutung haben. 

Praxishinweis: Bewahren Sie ­Seminarunterlagen und -mitschriften, Teilnahmebestätigungen und Einzahlungsbelege für zusätzlich besuchte Veranstaltungen auf, um den betrieblich veranlassten Anteil nachzuweisen. 

Verträge mit nahen Angehörigen

In Radiologenpraxen ist es nicht unüblich, Verträge mit Familienangehörigen zu schließen. Häufig sind es vor allem Arbeits- oder Darlehensverträge. Da sich mit solchen Gestaltungen erhebliche Steuer­ersparnisse erzielen lassen können, ist die Anerkennung der Verträge vonseiten des Finanzamtes an eine Voraussetzung geknüpft: Fremd­üblichkeit. Fremdüblichkeit bedeutet, dass die vertraglichen Vereinbarungen dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten ­üblich ist. Zu belegen ist dies mit­hilfe eines schriftlichen Vertrags und der entsprechenden – tatsächlichen – Durchführung. 

Tipp: Führen Sie daher – wenn möglich – genaue Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten und bezahlen Sie möglichst alle Aufwendungen per Überweisung und nicht bar, um die Zahlungen dokumentieren zu können. 

Was gilt bei betrieblich veranlassten Pkw-Kosten?

Grundsätzlich können Radiologen die Kosten für ihren Pkw als Betriebsausgaben abziehen, wenn eine betriebliche Nutzung vorliegt. Ob das Fahrzeug dem Betriebsvermögen zugeordnet werden kann, hängt von der tatsäch­lichen Nutzung ab. 

Wenn ein Arzt – was bei Radiologen praktisch nicht vorkommt – sein Fahrzeug zu mehr als 50 Prozent für ­betriebliche Fahrten (inklusive Fahrten zwischen Wohnung und der Praxis) nutzt, dann ist der Pkw „notwendiges“ Betriebsvermögen. Bei betrieblicher Nutzung zwischen 10 und 50 Prozent handelt es sich um „gewillkürtes“ ­Betriebsvermögen. Sie können wählen, ob Sie den Pkw in Ihr Betriebsvermögen überführen oder weiterhin in Ihrem Privatvermögen belassen. 

Ordnen Sie das Fahrzeug Ihrem Betriebsvermögen zu, können Sie alle Ausgaben, die Ihnen im Zusammenhang mit dem Pkw entstehen, als Betriebsausgaben abziehen. Sie müssen in diesem Fall aber den ­Anteil der privaten Nutzung dagegen rechnen. Dies kann – allerdings nur bei „notwendigem“ Betriebsvermögen – entweder durch ein Fahrtenbuch oder die sogenannte „1-Prozent-Methode“ geschehen. Bei gewillkürtem Betriebsvermögen können Sie nur die tatsächlichen betrieblichen Kosten (also zum Beispiel 40 Prozent der gesamten Kosten) steuerlich geltend machen. 

Bei einer 90-prozentigen Privatnutzung ist der Pkw notwendiges Privatvermögen. Befindet sich der Pkw im Privatvermögen, können Sie Ihre betrieblichen Fahrten mit einem Pauschalsatz von 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer als Betriebsausgaben geltend machen. 

Private Ausgaben von betrieblichen Bankkonten

Wenn Sie private Ausgaben – zum Beispiel Versicherungen – von Ihrem betrieblichen Bankkonto abfließen lassen, hat der Betriebsprüfer die Möglichkeit, auch private Ausgaben zu ­prüfen. Daher gilt: Führen Sie private Zahlungen ausschließlich über Ihre privaten Konten aus und transferieren Sie nur eine regel­mäßige Entnahme von Ihren betrieblichen auf die privaten Bankkonten. 

Fazit

Wenn Sie die vorgenannten Praxishinweise beherzigen, haben Sie schon einmal einen großen Teil der steuerlichen Voraussetzungen erfüllt, um im Falle einer Betriebsprüfung nicht unangenehm überrascht zu werden.