Mutterschutz 2018: Diese Neuregelungen sollten Sie als Arbeitgeber beachten

von RA Thorsten Leisinger, Frankfurt

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist neu geregelt worden. Hier ein Überblick über die wichtigsten Änderungen und die konkreten Auswirkungen für Ihre Personalarbeit.

Die wichtigsten Änderungen des MuSchG

Neuregelung

Auswirkungen auf die Praxis

1. Ausweitung des Anwendungsbereichs (§ 1 MuSchG)

  • Der Anwendungsbereich ist auf Beschäftigte (statt Arbeitnehmerin) im sozialversicherungsrechtlichen Sinn präzisiert worden. Damit fallen z. B. auch Geschäftsführerinnen eines MVZ unter das MuSchG.
  • Ausdrücklich sind Schülerinnen, Studentinnen, Praktikantinnen, Beschäftigte in Behindertenwerkstätten, Frauen im Bundes- oder Jugendfreiwilligendienst und Mitarbeiterinnen einer geistlichen Genossenschaft aufgenommen.
  • Auch arbeitnehmerähnliche Frauen werden geschützt; sie haben aber keinen Anspruch auf finanzielle Leistungen.

Arbeitgeber müssen genau prüfen, ob Frauen aus dem geschützten erweiterten Personenkreis in der Arztpraxis tätig sind. Sie müssen diese in die Prozessabläufe bei Schwangerschaft aufnehmen (insbesondere Meldung an die Arbeitsschutzbehörde und Beachtung der Schutzfristen etc.).

2. Verlängerte Schutzfristen (§ 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 MuSchG)

  • Arbeitgeber müssen auf Antrag der Mutter eine verlängerte nachgeburtliche Schutzfrist von zwölf Wochen bei Geburten von behinderten Kindern (§ 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch IX) gewähren. Bisher galt diese nur bei Früh- und Mehrlingsgeburten (ausführlich dazu Beitrag in RWF Nr. 10/2017).

Dem Antrag muss die Mutter die ärztliche Feststellung der Behinderung (festzustellen innerhalb von acht Wochen nach der Geburt) beilegen. Arbeitgeber müssen diese zum Lohnkonto nehmen.

3. Neuregelung von Mehrarbeit und Ruhezeit (§ 4 MuSchG)

  • Mehrarbeit ist in dem folgenden Rahmen zulässig:
    • Maximal 8 ½ Stunden täglich und 90 Stunden (einschließlich des Sonntags) pro Doppelwoche. Für unter 18-jährige Frauen gelten 8 bzw. 80 Stunden.
  • Arbeitstäglich müssen Arbeitgeber eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden gewähren.
  • Ausnahmegenehmigungen gibt es nur in Einzelfällen (§ 29 MuSchG).
  • Sonderregeln gelten für Auszubildende.

Arbeitgeber müssen die Einsatzpläne prüfen und ggf. anpassen. Für Mehrarbeit ist eine Bereitschaftserklärung der werdenden Mutter sowie eine Bestätigung des Arztes erforderlich, dass von der Mehrarbeit keine Gefahr für Mutter und Kind ausgeht. Für eine etwaige Ausnahmegenehmigung muss der Arbeitgeber einen Antrag bei der Aufsichtsbehörde stellen.

4. Verbot und Zulässigkeit von Nachtarbeit (§ 5 MuSchG, § 28 MuSchG)

  • Eine schwangere oder stillende Frau darf nicht zwischen 20:00 und 6:00 Uhr beschäftigt werden.
  • Eine Beschäftigung bis 22:00 Uhr ist zulässig bei Einwilligung der werdenden Mutter, ärztlicher Bescheinigung der Unbedenklichkeit, Einhaltung des Arbeitsschutzes und behördlicher Genehmigung. Dies gilt jetzt für alle Berufsgruppen und während der gesamten Schwangerschaft.
  • Für Zeiten nach 22:00 Uhr gibt es Ausnahmen für Einzelfälle (§ 29 MuSchG).
  • Für Auszubildende gelten Sonderregelungen.

Arbeitgeber müssen prüfen, ob ein Einsatz nach 20:00 Uhr nötig ist (Einwilligungserklärung und Attest zu den Unterlagen nehmen). Einsätze zwischen 20:00 und 22:00 Uhr müssen bei der Aufsichtsbehörde beantragt werden. Während die Behörde prüft, kann die Frau bis 22:00 Uhr beschäftigt werden. Der Antrag gilt als genehmigt, wenn er nicht innerhalb von sechs Wochen abgelehnt wird.

5. Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit (§ 6 MuSchG)

  • Schwangere oder stillende Frauen aller Berufsgruppen können sich im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes zur Arbeit an Sonn- und Feiertagen ausdrücklich bereiterklären.

Es muss sichergestellt sein, dass die Frau nicht allein arbeitet. Pro Woche muss ihr dann ein Ersatzruhetag gewährt werden.

6. Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen (§ 7 Abs. 2 MuSchG)

  • Der Anspruch auf die Stillzeiten wird auf die ersten zwölf Monate des Kindes begrenzt (bisher keine Begrenzung).

Der eingeschränkte Anspruch auf Stillzeiten muss organisatorisch erfasst werden.

7. Neue Arbeitgeberpflichten zum betrieblichen Gesundheitsschutz für Mütter (§ 9 ff. MuSchG)

  • Die Regelungen der MuSchArbV wurden in das MuSchG integriert und an vielen Stellen konkretisiert und erweitert.
  • Der Arbeitgeber muss bei der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingungen alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um die physische und psychische Gesundheit der Schwangeren oder stillenden Frau sowie der ihres Kindes zu schützen.
  • Ziel ist es, dass (werdende) Mütter die Möglichkeit bekommen, ihre Beschäftigung weiter ausüben zu können. Beschäftigungsverbote sollen vermieden werden.

Jeder einzelne Arbeitsplatz muss jetzt neu auf „unverantwortbare“ Gefährdungen hin überprüft werden. Auch die innerbetrieblichen Regelungen zu Beschäftigungsverboten sind zu prüfen und ggf. anzupassen. Die Dokumentationsprozesse zur Gefährdungsbeurteilung nach § 19 MuSchG a. F. müssen auf eine Dokumentation nach § 14 MuSchG n. F. übergeleitet werden.

8. Rangfolge der Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Beschäftigungsverboten (§ 13 MuSchG)

  • Wird eine „unverantwortbare“ Gefährdung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach §§ 9, 11, 12 MuSchG festgestellt, sieht § 13 MuSchG eine eigene Rangfolge von Schutzmaßnahmen vor, die der Arbeitgeber einleiten muss.
  • 1. Umgestaltung der Arbeitsbedingungen
  • 2. Umsetzung auf einen geeigneten Arbeitsplatz
  • 3. Erst dann ggf. Beschäftigungsverbot

Die Ergebnisse sind zu dokumentieren.

9. Kündigungsverbot (§ 17 MuSchG)

  • Neu ist der viermonatige Kündigungsschutz nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Woche der Schwangerschaftswoche unabhängig vom Gewicht des Fötus. Das Verbot gilt auch für Vorbereitungsmaßnahmen für eine Kündigung (ausführlich dazu Beitrag in RWF Nr. 10/2017).

Kündigungsschutz beachten, auch für arbeitnehmerähnliche Mitarbeiterinnen. Vorbereitungsmaßnahmen sollten Arbeitgeber in den kritischen Fristen vermeiden.

10. Mutterschutzlohn, Mutterschaftsgeld und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (§§ 18 ff. MuSchG)

  • Zuschusspflicht und Entgeltfortzahlung und das System der Rückerstattungen dieser finanziellen Aufwendungen durch das AAG-Umlageverfahren sind gleich geblieben.

Keine praktischen Konsequenzen – die bisherige Berechnungspraxis bleibt unberührt.

11. Beschäftigung nach Ende des Beschäftigungsverbots (§ 25 MuSchG)

  • Arbeitgeber müssen Mütter nach Ende des Beschäftigungsverbots entsprechend den vertraglich vereinbarten Bedingungen weiter beschäftigen.

Arbeitgeber müssen einen entsprechenden Arbeitsplatz freihalten. Dieser muss gleichwertig, aber nicht unbedingt der frühere Arbeitsplatz sein.

12. Aushangpflicht (§ 26 MuSchG)

  • Arbeitgeber müssen das (neue) MuSchG allen Mitarbeiterinnen bekannt machen.

Es genügt, das MuSchG in einem elektronischen Verzeichnis zugänglich zu machen.

13. Bußgeldvorschriften (§ 32 MuSchG)

  • Der Bußgeldkatalog wird erweitert. Insbesondere wird in Nr. 6 ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Abs. 1 und 2 MuSchG zur Ordnungswidrigkeit erklärt.

Hier gilt als Stichtag der 01.01.2019. Vorher müssen Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilungen gesetzeskonform anpassen.

 

Weiterführende Hinweise

  • Die Verlängerung der Schutzfristen bei Geburten von behinderten Kindern gilt bereits seit dem 30.05.2017. Ebenso wurde übergangsweise schon zum 30.05.2017 die MuSchVO hinsichtlich der Gefahr- und Schadstoffe (Anlage 1) aktualisiert. Die Gefährdungsbeurteilung greift erst ab dem 01.01.2019. Das übrige Gesetz ist zum 01.01.2018 in Kraft getreten.