LSG Baden-Württemberg gestattet Zweigpraxis wegen besserer Erreichbarkeit

von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Ralf Lächler, Kanzlei Dr. Kroll & Partner, Stuttgart, Reutlingen, Tübingen, Balingen, www.kp-recht.de

Mit Urteil vom 23. September 2009 hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit erfreulicher Klarheit deutlich gemacht, dass es für die Genehmigung einer Zweigpraxis im Sinne des § 24 Abs. 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) nicht mehr notwendig ist, eine Bedarfslücke in der Versorgung festzustellen (Az: L 5 KA 2245/08). Vielmehr reicht bereits eine Verbesserung der Versorgung für die betroffenen Versicherten aus. Eine solche Verbesserung kann bereits in der verbesserten Erreichbarkeit für die Versicherten vor Ort im Bereich der Zweigpraxis bestehen. 

Hintergrund und Sachverhalt

Bis zum Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes am 1. Januar 2007 wurde eine Zweig- oder Filialpraxis nur genehmigt, wenn sie zur ausreichenden kassenärztlichen Versorgung der Versicherten „notwendig“ war. Mit der Neuregelung reicht nunmehr eine „Verbesserung“ der Versorgung aus. Dabei wird immer wieder darüber gestritten, wann denn eine Verbesserung vorliegt. 

Die Beurteilung der KVen erfolgt in der Regel anhand einer sogenannten kleinräumigen Bewertung der Versorgungssituation vor Ort. Im Ergebnis wird meist die Einschätzung vertreten, dass es den Versicherten vor Ort in der Umgebung der geplanten Zweigpraxis zumutbar sei, entsprechend längere Fahrtwege und Wegstrecken in Kauf zu nehmen, um sich entweder bei einem Wettbewerber oder aber am Ort der Hauptpraxis behandeln zu lassen. 

Im konkreten Fall hatte eine urologische Gemeinschaftspraxis den Antrag zur Genehmigung einer Zweigpraxis gestellt. Die Zweigpraxis sollte etwa 25 km vom Hauptpraxissitz entfernt liegen. Die KV lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass in der betreffenden Region eine Überversorgung besteht. 

Das Urteil des LSG

Während die Vorinstanz darauf abgestellt hat, dass die Grund­entscheidung des Gesetzgebers hinsichtlich der Frage der Bedarfsplanung Bestand hätte und dem Patienten damit gewisse Entfernungen vom Sitz der Praxis zumutbar seien, kam das LSG zu einem konträren Ergebnis und hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Entgegen der früheren Praxis bei der Genehmigungsprüfung, bei der auf den Aspekt der Notwendigkeit und Erforderlichkeit abgestellt wurde, gehe es nach der Neuregelung des § 24 Abs. 3 Satz 1 Ärzte-ZV nur noch um die „Verbesserung“ der Versorgungssituation. Diese Frage sei unabhängig von bedarfsplanungsrechtlichen Bestimmungen zu beantworten. 

Im vorliegenden Fall sahen die Richter des LSG durch die Zweigpraxis eine qualitative Verbesserung in der Versorgung. Diese müsse ein gewisses Gewicht haben. Beim Schließen von Versorgungslücken sei dies stets der Fall. Im konkreten Fall wurde eine Verbesserung der Erreichbarkeit für ortsansässige Versicherte bereits für ausreichend erachtet. Nach Auffassung des Gerichts reicht damit bereits die bessere Erreichbarkeit für die Versicherten am Ort der geplanten Zweigpraxis aus, um eine Genehmigung zu erhalten.