Klinik-Praxis-Kooperation: Kein Wahlleistungsentgelt für den niedergelassenen Radiologen

von RA, FA für MedR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, www.christmann-law.de

Veranlasst ein Chefarzt standardmäßig die Hinzuziehung eines externen Arztes (hier Radiologe), so handelt es sich nicht um eine Veranlassung nach § 17 Abs. 3 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG). Folglich kann der Radiologe kein Wahlleistungsentgelt von dem Patienten verlangen (Landgericht [LG] Stade, Urteil vom 20.5.2015, Az. 4 S 45/14).

Der aktuelle Fall 

Zwischen der (klagenden) radiologischen Praxis und einem Klinikum ohne eigene radiologische Abteilung bestand ein Kooperationsvertrag. Danach wurde die Praxis für alle radiologischen Untersuchungen des Klinikums beauftragt.

Die beklagte Patientin befand sich zur stationären Behandlung in der Klinik. Sie war gesetzlich krankenversichert und hatte eine private Zusatzversicherung für Wahlleistungen. Sie schloss mit dem Chefarzt des Klinikums einen Wahlleistungsvertrag, in dem auf den Kooperationsvertrag von Klinik und Praxis Bezug genommen wurde.

Im Rahmen des stationären Aufenthalts wurden bei der Patientin radiologische Behandlungen durch die Praxisärzte durchgeführt und berechnet. Die private Krankenversicherung der Patientin zahlte aber nur einen Teil und verweigerte die Erstattung der Sachkosten. Das LG Stade wies die diesbezügliche Klage der Praxis gegen die Patientin ab.

Untersuchung war allgemeine Krankenhausleistung 

Der Zahlungsanspruch für Wahlleistungen richtet sich nach § 17 Abs. 3 KHEntgG. Danach sind wahlärztliche Leistungen vom Patienten zu bezahlen, wenn der Wahlarzt diese besonderen Leistungen durch einen externen Arzt veranlasst hat.

Dies ist hier nicht der Fall gewesen. Denn der externe Radiologe wurde zu Leistungen herangezogen, die das Krankenhaus mangels Einrichtung einer entsprechenden medizinischen Abteilung nicht erbringen konnte. Solche allgemeinen Krankenhausleistungen sind keine Wahlleistungen, sondern mit dem (von der Krankenversicherung beglichenen) Krankenhausentgelt nach § 2 KHEntgG abgegolten.

Wahlarztleistung setzt zusätzliche besondere Kompetenz voraus 

Mit einer Wahlarztvereinbarung will der Patient gerade die Kompetenz eines qualifizierten Spezialisten „hinzukaufen“. Mithin kann nicht jeder Honorararzt diese besonderen Leistungen erbringen. Dass im vorliegenden Fall ein Wahlarzt die radiologische Untersuchung in Auftrag gegeben hat, kann nicht zu einer anderen Bewertung führen.

Das ist der Konstellation gleichzustellen, wenn die Praxis ohne Wahlleistungsvereinbarung und damit „nur“ aufgrund des Kooperationsvertrags für das Klinikum tätig geworden wäre. Das Klinikum ist durch den Kooperationsvertrag verpflichtet, radiologische Leistungen ausschließlich durch die Praxis erbringen zu lassen. Das Klinikum besitzt auch keine eigene radiologische Abteilung. Dem Klinikum stehen also gar keine Alternativen zur Verfügung.

Stellungnahme 

Der vom LG Stade entschiedene Fall ist nicht mit der für Radiologen günstigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 4. November 2010 zu vergleichen (Az. III ZR 323/09). Denn hier arbeitete die Klinik standardmäßig und exklusiv mit dem Radiologen zusammen. Das heißt: Alle radiologischen Leistungen mussten über diesen einen Radiologen laufen. Insofern kann nicht von einem gesonderten Hinzukaufen von besonderer Kompetenz externer Ärzte gesprochen werden (s. dazu BGH, Urteil vom 16.10.2014, Az. III ZR 85/14). Darüber hinaus ging es hier nur um das alltägliche „Brot-und-Butter-Geschäft“, während der Radiologe im BGH-Fall von 2010 eine Angiografie mit Gefäßdilatation, also eine hochkomplexe radiologische Leistung erbrachte.

Gestaltung 

Niedergelassenen Radiologen ist davon abzuraten, als „ausgelagerte exklusive Klinik-Radiologie“ tätig zu werden. Sie können bei dieser Gestaltung keine Wahlarzthonorare erwirtschaften.

Anders liegt der Fall, wenn eine Klinik mehrere Kooperationsradiologen vorhält, ein niedergelassener Radiologe von einem Wahlarzt (in der Regel dem Chefarzt) beauftragt wird und der Chefarzt mit dem Patienten eine Wahlleistungsvereinbarung getroffen hat:

  • Der niedergelassene Radiologe wird damit beauftragt, den Patienten bezüglich einer medizinischen Fragestellung zu untersuchen und dem Chefarzt davon zu berichten. So kommt der Chefarzt in den Genuss der besonderen Kompetenz des erfahrenen Radiologen.
  • Die Anforderung des niedergelassenen Radiologen durch den Chefarzt sollte aus Beweiszwecken schriftlich erfolgen oder zumindest aktenkundig gemacht werden.
  • Der Radiologe sollte sich vor der Untersuchung die Wahlleistungsvereinbarung zwischen Patient und Chefarzt in Kopie vorlegen lassen und ausschließen, dass die (in der Regel komplexe) Vereinbarung formelle Mängel aufweist, die seinem Honoraranspruch gegen den Patienten im Wege stünden.