Kein zeitlicher Mindestumfang für ärztlichen Leiter eines MVZ

von RA, FA für MedR Carsten Reiter, pwk & Partner, Dortmund, www.pwk-partner.de 

Der ärztliche Leiter eines MVZ kann auch mit einer Arbeitszeit von lediglich zehn Wochenstunden (Faktor 0,25) angestellt sein. Das Gesetz kennt keinen Mindesttätigkeitsumfang von 20 Wochenstunden. Dies hat das Sozialgericht (SG) Nürnberg mit Urteil vom 9. April 2014 (Az. S 1 KA 2/14, nicht rechtskräftig) entschieden.

Der Fall 

Die Zulassungsgremien weigerten sich, die ärztliche Leitung eines MVZ durch einen angestellten Facharzt mit einem Tätigkeitsumfang von 10 Wochenstunden anzuerkennen. Der ärztliche Leiter müsse vielmehr mindestens 20 Wochenstunden beschäftigt werden, da das Gesetz nur bei mindestens „halbtags“ beschäftigten angestellten Ärzten von einer KV-Mitgliedschaft des Arztes ausgehe. Nur dann könne der ärztliche Leiter durch die KV disziplinarrechtlich gemaßregelt werden. Eine abweichende Auffassung würde zu einem „sanktionslosen Rechtsraum“ zugunsten des MVZ führen.

Die Entscheidung 

Die dagegen gerichtete Klage des MVZ war erfolgreich. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gebe es weder Anforderungen an den Mindestumfang der Beschäftigung eines angestellten Arztes im MVZ noch ein normiertes Erfordernis der KV-Mitgliedschaft des Arztes, auch wenn er als ärztlicher Leiter tätig sei. Abweichendes folge auch nicht aus der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Nach den gesetzlichen Vorgaben sei es erforderlich, aber auch ausreichend, dass das MVZ über einen dort tätigen ärztlichen Leiter verfüge, der für die Organisation der ärztlichen Versorgung verantwortlich zeichnet. Auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 14.12.2011, Az. B 6 KA 33/10 R) sei ein Mindestumfang nicht zu entnehmen. Zudem habe das BSG ausgeführt, dass sich das MVZ in Fällen, in denen ein personenbezogener Durchgriff aus KV-Sicht nicht möglich sei, als Leistungserbringer etwaige Pflichtverletzungen zurechnen lassen müsse.

Fazit

Die deutliche Absage an einen Mindesttätigkeitsumfang des MVZ-Leiters verdient volle Zustimmung. In der Verwaltungspraxis mehren sich durchaus auch außerhalb Bayerns Fälle, in denen die Zulassungsgremien mindestens 20 Wochenstunden verlangen. Hintergrund ist hier der Wunsch der KVen, den ärztlichen Leiter disziplinarrechtlich maßregeln zu können. Zudem sei die Leitungsfunktion des Arztes, der im MVZ zusätzlich auch originär ärztlich tätig sein müsse, nur bei 20 Wochenstunden faktisch zu leisten. Letzteres ist auf ein Fehlverständnis der Tätigkeit des ärztlichen Leiters zurückzuführen.