von Rechtsanwältin Dr. Ulrike Tonner, Münster, www.ra-wigge.de
Praxisnetze werden immer bedeutsamer. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und diese Versorgungsform im Rahmen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG) gefördert. So wurde in § 87b Abs. 2 S. 2 SGB V den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) die Möglichkeit zugewiesen, kooperative Praxisnetze durch gesonderte Vergütungsregelungen bzw. ein eigenes Honorarvolumen finanziell zu fördern. Jetzt hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) im Einvernehmen mit dem GKV-Spitzenverband Rahmenvorgaben für die Anerkennung als förderungsfähiges Praxisnetz beschlossen. Diese gelten seit dem 1. Mai 2013.
Praxisnetze im Sinne der Rahmenvorgabe nach § 87b Abs. 4 SGB V sind Zusammenschlüsse von Vertragsärzten verschiedener Fachrichtungen sowie Psychotherapeuten zur interdisziplinären, kooperativen, wohnortnahen ambulanten medizinischen Versorgung. Ihr primäres Ziel soll in der Steigerung der Qualität sowie der Effizienz und Effektivität der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer intensivierten fachlichen Zusammenarbeit liegen.
Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens hat das Praxisnetz gegenüber der zuständigen KV bestimmte Strukturvorgaben nachzuweisen (siehe nachfolgende Übersicht).
Strukturvorgaben für förderungsfähige Praxisnetze |
1. Das Praxisnetz muss mindestens 20 und höchstens 100 Praxen umfassen. Aus Gründen der Größe der Versorgungsregion und der Bevölkerungsdichte kann hiervon abgewichen werden. 2. In dem Praxisnetz müssen mindestens drei Fachgruppen vertreten sein. Die Fachgruppe der Hausärzte muss immer beteiligt sein. 3. Das Praxisnetz muss mit seinen Betriebsstätten ein auf die wohnortnahe Versorgung bezogenes zusammenhängendes Gebiet erfassen. 4. Zulässige Rechtsform des Praxisnetzes sind die Personengesellschaft, die eingetragene Genossenschaft, der eingetragene Verein oder die GmbH. 5. Das Praxisnetz muss unter Berücksichtigung der Vorgaben 1 bis 4 seit mindestens drei Jahren bestehen, um als förderungsfähiges Praxisnetz anerkannt werden zu können. 6. Das Praxisnetz muss eine verbindliche Kooperationsvereinbarung mit mindestens einem nichtärztlichen Leistungserbringer oder einem stationären Leistungserbringer unterhalten. 7. Die beteiligten Praxen müssen gemeinsame Standards zur Unabhängigkeit gegenüber Dritten, zum Qualitätsmanagement sowie Wissens- und Informationsmanagement vereinbart haben. 8. Das Praxisnetz muss eine eigene Geschäftsstelle, einen Geschäftsführer sowie einen ärztlichen Leiter oder Koordinator nachweisen. |
Darüber hinaus fordern die Rahmenvorgaben den Nachweis bestimmter Versorgungsziele:
Das Anerkennungsverfahren wird bei der jeweiligen für das Praxisnetz zuständigen KV durchgeführt. Die Anerkennung gilt für eine Dauer von 5 Jahren. Danach kann die Anerkennung beliebig oft um weitere 5 Jahre verlängert werden, wenn die Anforderungen unaufgefordert gegenüber der KV erneut nachgewiesen werden.
Je nach Erfüllung der oben genannten Kriterien wird das Praxisnetz in eine von drei Stufen eingeordnet. Die Basis-Stufe muss auf jeden Fall erreicht werden. Für das Erreichen der zwei weiteren Stufen gelten höhere Anforderungen im Bereich der Nachweispflicht.
Wie bei jeder Neuregelung bleibt nun zunächst abzuwarten, wie schnell die einzelnen KVen auf Grundlage dieser Rahmenvorgabe der KBV eigene Richtlinien zur finanziellen Förderung von Praxisnetzen erlassen und umsetzen werden.
Die Etablierung von Praxisnetzen als zukunftsträchtige ambulante Versorgungsstruktur im GKV-System wird in den Fachkreisen vielseits als sinnvolle Ergänzung zu Selektivverträgen und als probates Mittel gegen den Ärztemangel gesehen. Bereits eine beträchtliche Anzahl von Praxisnetzen steht in den Startlöchern, um entsprechende Anträge auf Anerkennung der Förderungsfähigkeit zu stellen. Zu klären bleibt jedoch noch die Frage, aus welchem Topf die Praxisnetze finanziert werden und ob die übrigen Vertragsärzte bereit sein werden, den in ein Praxisnetz eingebundenen Kollegen aus der Gesamtvergütung etwas abzugeben.
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