Kauf eines MRT macht aus radiologischer Gemeinschaftspraxis keine Aufbaupraxis

von RA, FA für MedizinR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, www.christmann-law.de

Die Aufnahme eines neuen Leistungsbereichs führt nicht zur Annahme des Bestehens einer (privilegierten) Aufbaupraxis. Denn auch der Eintritt eines Arztes in eine bestehende vertragsärztliche Praxis führt nicht dazu (Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.10.2015, Az. L 24 KA 65/14 ).

Der Fall 

Die Klägerin ist eine seit 2005 bestehende Gemeinschaftspraxis und in S zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie ist der Arztgruppe „Radiologen mit CT und MRT“ zugeordnet.

Mitte 2009 erwarb die Praxis ein MRT und rechnete von da an MRT-Leistungen ab. Die Gesamtsumme der abgerechneten MRT-Leistungen schöpfte dabei das Regelleistungsvolumen (RLV) nicht aus. In den – hier streitigen – Folgequartalen ab I/2010 überschritt die Gemeinschaftspraxis dagegen das RLV. Mit Honorarbescheiden für I/2010 und folgende Quartale bewilligte die beklagte Kassenärztliche Verrechnungsstelle (KV) der Klägerin wegen Überschreitung des RLV nur zwischen 70 und 80 Prozent der abgerechneten Leistungen.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die volle Zahlung der Leistungen. Unter anderem wandte sie letztlich erfolglos ein, die Gemeinschaftspraxis sei wegen der Aufnahme der MRT-Tätigkeit als (privilegierte) Aufbaupraxis bzw. Anfängerpraxis anzusehen. Die Honorarbescheide wurden bestätigt.

Die Entscheidung 

Die Klägerin ist im Hinblick auf die neu ab dem III. Quartal 2009 angebotenen MRT-Leistungen nicht als „Aufbaupraxis“ anzusehen. Sie existierte nämlich davor bereits ununterbrochen seit mehr als fünf Jahren.

Nicht einmal der Eintritt eines neuen Arztes führte zur Annahme des Vorliegens einer Aufbaupraxis, weil insofern streng auf die zivilrechtliche Rechtslage abzustellen ist (vergleiche Bundessozialgericht, Urteil vom 17.07.2013, Az. B 6 KA 44/12 R). Der Eintritt eines weiteren Arztes in eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) stellt in diesem Sinne keine Neuaufnahme vertragsärztlicher Tätigkeit dar. Denn bei der Neuformierung einer BAG durch Austritt oder Neueintritt eines Partners besteht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. die Partnerschaftsgesellschaft gleichermaßen unverändert fort.

Ist bereits der Eintritt eines Arztes in eine Berufsausübungsgemeinschaft keine Neuaufnahme vertragsärztlicher Tätigkeit, trifft dies erst recht nicht auf die Aufnahme eines neuen Leistungsbereichs (hier: MRT) zu.

Folgen für die Praxis 

Die Beklagte hat sowohl im I. als auch im II. Quartal 2010 mangels MRT-Fallzahlen aus dem Vorjahresquartal die tatsächliche Fallzahl umgerechnet auf den Leistungsfallanteil der MRT-Behandlerin zugrunde gelegt. Ab dem Quartal III/2010 hat sie dann die Fallzahl des Vorjahresquartals III/2009 herangezogen. Es ist also nicht, wie bei Aufbaupraxen, das arztgruppendurchschnittliche RLV angesetzt worden. Diese Methode wurde vom Gericht nicht beanstandet. Das heißt:

Erwirbt eine Praxis neue Untersuchungsgeräte und kann sie dadurch neue Behandlungsmethoden erbringen, so bezieht sich die KV bei den Abrechnungen immer auf das erste Quartal der Nutzung. Dies sollte – mit Blick auf die oft siebenstelligen Anschaffungskosten der MRT-Geräte – bei der Planung der Untersuchungen mit dem neuen Gerät im Startquartal berücksichtigt werden.

Es ist daher zu raten, das MRT nach Inbetriebnahme nach Möglichkeit sogleich voll auszulasten, um das RLV auszuschöpfen.

Sollte ein Arzt dann im ersten Quartal erkranken oder aus anderen Gründen verhindert sein und kann er dadurch weniger Leistungen erbringen, so ist ihm zu raten, diese Besonderheit bei der KV unter Beifügung von Nachweisen geltend zu machen (sogenannter Antrag auf Anpassung des RLV/Qualitätsgebundenen Zusatzvolumens [QZV]).