Hohe Dokumentationspflichten des Chefarztes auch für die Abrechnung

von RA, FA für MedR Dr. Kyrill Makoski, Möller und Partner, Düsseldorf, www.m-u-p.info 

Je nach Alter des Chefarztvertrages unterscheiden sich die darin festgelegten Dokumentationspflichten. Während früher nur auf die „medizinisch notwendige Dokumentation“ abgestellt wurde, erstreckt sich die Verpflichtung des Chefarztes jetzt auch auf die Dokumentation der für die Abrechnung erforderlichen Angaben.

Allgemeine Dokumentationspflicht 

Aus dem Behandlungsvertrag ergibt sich die Pflicht des Arztes, alle medizinisch wesentlichen Umstände der Behandlung zu dokumentieren. Dies ist in § 630f Abs. 2 BGB geregelt. Demnach ist der behandelnde Arzt unter anderem verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde sowie Therapien und Eingriffe sowie ihre Wirkungen.

Diese Regelung geht in ihrer Detailtiefe deutlich über die allgemeine berufsrechtliche Dokumentationspflicht in § 10 Abs. 1 MBO-Ärzte hinaus, wo nur allgemein von den „erforderlichen Aufzeichnungen“ die Rede ist. Nur diese Dokumentation ist gemeint, wenn in einem Arbeitsvertrag von der „üblichen Dokumentation“ gesprochen wird.

Spezifische Dokumentationspflicht aus dem Arbeitsvertrag 

Die meisten Chefarztdienstverträge orientieren sich am Muster der DKG. In der aktuellen 9. Auflage 2013 ist in § 6 Abs. 7 zunächst ausführlich die Pflicht zur Führung einer Krankengeschichte geregelt, insbesondere im Hinblick auf die erforderliche Arbeitsteilung sowie die Nachvollziehbarkeit des Verbleibs der Akte. In § 6 Abs. 8 hingegen sind die – umfangreichen – Dokumentationspflichten des Chefarztes festgelegt (siehe nachfolgenden Kasten).

Pflichten nach § 6 Abs. 8 DKG-Mustervertrag

„Soweit der Krankenhausträger zur Erhebung seiner Entgelte, zur Erstellung der Kosten- und Leistungsrechnung, zur Diagnosenstatistik, für allgemeine statistische Zwecke o.ä. Angaben über die vom Arzt selbst oder von den nachgeordneten Ärzten oder sonstigen Mitarbeitern bewirkten ärztlichen Leistungen oder Krankenhaussachleistungen braucht, ist der Arzt verpflichtet, der Krankenhausverwaltung alle Angaben zu machen. Dies gilt insbesondere auch für Angaben über die in Betracht kommenden Leistungsziffern der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM), des Krankenhaustarifs (DKG-NT), sowie für Angaben von Verschlüsselungen gemäß International Classification of Diseases (ICD) und Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS), die zur Erhebung der Daten benötigt werden.

Der Arzt ist insbesondere für eine richtige und vollständige Kodierung und Dokumentation der für die Eingruppierung in einem deutschen DRG- oder PEPP-System erforderlichen Diagnosen und Prozeduren nach Maßgabe der jeweils gültigen Deutschen Kodierrichtlinien verantwortlich. Er hat der Krankenhausverwaltung alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die ärztliche Schweigepflicht und die Vorschriften über den Datenschutz bleiben unberührt.“

 

Diese Dokumentationspflichten gehen deutlich über die Angaben hinaus, die aus rein medizinischen Gründen erforderlich sind. Denn für die Abrechnung sind mehr Daten notwendig als alleine für die Behandlung. So werden zum Beispiel Einzelheiten zur Leistungserbringung benötigt (wie Zahl und Qualifikation der in die Behandlung eingebundenen Personen), die sonst nicht erhoben worden wären.

Chefarzt zum Teil mit Controller-Aufgaben 

Damit wird dem Chefarzt jedenfalls ein Teil der Verantwortung für den Bereich übertragen, für den eigentlich das Medizincontrolling und die Dokumentationsassistenten verantwortlich sind, nämlich die Ausrichtung der Dokumentation an den Vergütungsregelungen. Er hat sich also nicht alleine die Frage zu stellen, welche Informationen für die weitere Behandlung wichtig sind. Darüber hinaus muss er sich auch fragen, welche Informationen wichtig sind, damit das Krankenhaus die Behandlung mit der zutreffenden Vergütung abrechnen kann. Dies bedeutet eben auch, dass der Chefarzt die jedenfalls für seinen Bereich relevanten Abrechnungsregelungen kennen muss und er die Möglichkeit erhält, die jährlichen Änderungen zu erfahren. Insoweit ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Chefärzten und Medizincontrolling nötig.

Folge einer Verletzung der Dokumentationspflicht 

Verletzt der Chefarzt die Dokumentationspflichten, wenn er zum Beispiel medizinisch notwendige Angaben nicht in der Krankenakte vermerkt, gefährdet dies die weitere Behandlung des Patienten und rechtfertigt eine Abmahnung und im Wiederholungsfall auch die Kündigung.

Die gleiche Konsequenz droht auch bei einer Verletzung der abrechnungsrelevanten Dokumentationspflicht. Dies hatte das Landesarbeitsgericht Sachsen mit Urteil vom 1. Dezember 2010 entschieden (Az. 2 Sa 56/10 – Nichtzulassungsbeschwerde vom Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 24.3.2011, Az. 2 AZN 1378/10, zurückgewiesen).

Dem Urteil lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Chefarzt mehrfach Operationen nicht ausreichend dokumentiert hatte, was in einem Fall dem Medizincontrolling aufgefallen war und in einem anderen Fall zu einer Rechnungskürzung nach MDK-Prüfung geführt hatte. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hatte der Chefarzt gegen die im Arbeitsvertrag enthaltene Pflicht zur Dokumentation der für die Abrechnung erforderlichen Diagnosen und Prozeduren verstoßen. Der Chefarzt konnte sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es auch eine Abteilung Medizincontrolling gebe; diese Abteilung hatte in diesem Fall einen Teil des Schadens verhindert.

Fazit

Enthält der Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Pflicht zur Dokumentation der abrechnungsrelevanten Daten, kann der Krankenhausträger auf entsprechende Verstöße keine Kündigung stützen. Der Chefarzt sollte also genau prüfen, welche Pflichten sein Dienstvertrag enthält; in der Praxis dürften jedoch zumindest die in den letzten zehn Jahren abgeschlossenen Verträge die oben angesprochene ausführliche Regelung des DKG-Mustervertrages enthalten.