Hintergrundmusik in Arztpraxen nicht vergütungspflichtig

von RA Rudolf J. Gläser, Bremen, www.hammerundpartner.de 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 18. Juni 2015 entschieden, dass die Wiedergabe von Hintergrundmusik in Arztpraxen keine vergütungspflichtige öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechtsgesetzes darstellt (Az. I ZR 14/14). Somit scheiterte die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) endgültig mit ihrer Auslegung, bei Hintergrundmusik in Arztpraxen handele es sich um eine „öffentliche Wiedergabe“, was sie zur Erhebung einer Gebühr berechtige.

Der Fall 

Die GEMA hatte einen Zahnarzt verklagt, in dessen Wartebereich Hörfunksendungen als Hintergrundmusik übertragen wurden. Der Zahnarzt hatte hierfür mit der GEMA einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag geschlossen, den er später jedoch fristlos kündigte. Er verwies dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 15. März 2012 (Az. C-135/10), der im Falle eines italienischen Zahnarztes entschieden hatte, dass die Wiedergabe von Musik in einer Zahnarztpraxis keine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der einschlägigen internationalen Verträge und insoweit auch des deutschen Urheberrechts darstelle. Ein Anspruch auf Vergütung durch die entsprechenden nationalen Verbände – in Deutschland durch die GEMA – bestünde nicht.

Die Entscheidung des BGH 

Der BGH schloss sich dem Urteil des EuGH an und entschied: Der Arzt sei zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen, weil die Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrags durch das EuGH-Urteil entfallen sei. Eine GEMA-pflichtige öffentliche Wiedergabe setze voraus, dass die Wiedergabe gegenüber einer unbestimmten Zahl potenzieller Adressaten und vieler Personen erfolge. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn ein Arzt in seiner Praxis für seine Patienten Hörfunksendungen als Hintergrundmusik wiedergibt.

Konsequenzen aus dem BGH-Urteil: GEMA-Nutzungsvertrag kündigen! 

Mit diesem Urteil haben Praxisinhaber jetzt Rechtssicherheit. Diejenigen, die in der Vergangenheit einen GEMA-Nutzungsvertrag abgeschlossen und noch nicht gekündigt haben, sollten diesen mit sofortiger Wirkung unter Berufung auf das Urteil des BGH kündigen und erteilte Einzugsermächtigungen widerrufen.

Fazit

Das Urteil des BGH ist für die Ärzteschaft einschränkungslos zu begrüßen. Die teilweise sehr extensive Auslegung deutscher Instanzgerichte des Begriffs der „öffentlichen Tonträger- oder Rundfunkwiedergabe“ war dem gesunden Menschenverstand schlicht nicht zu vermitteln. Umso erfreulicher, dass sich der BGH mit seinem Urteil der EuGH-Entscheidung aus 2012 anschloss und somit für deutsches Recht zementierte, dass die Wiedergabe von Hintergrundmusik in Arztpraxen nicht vergütungspflichtig ist.