Ermächtigte Ärzte: Vorsicht vor der Einladung zum Gespräch zur Plausibilitätsprüfung!

von RAen, FAen für MedR, Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann und Sören Kleinke, Dortmund/Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

Einige Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) schreiben derzeit ermächtigte Krankenhausärzte an und laden zu einem Gespräch zur „Plausibilitätsprüfung“ ein. Darin sollen die Honorarabrechnung sowie Praxisstruktur und Arbeitsweise des Arztes erörtert werden. Doch Vorsicht: Das Gespräch kann böse Folgen haben – es drohen empfindliche Sanktionen! Dieser Beitrag zeigt, was Sie erwartet und wie Sie sich vorbereiten sollten.

Was ist eine Plausibilitätsprüfung?

Die Plausibilitätsprüfung ist ein Verfahren, mit dessen Hilfe ärztliche Abrechnungen anhand bestimmter Anhaltspunkte geprüft werden, wodurch die Vermutung einer fehlerhaften Abrechnung entstehen kann. Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind bestimmte Abrechnungsauffälligkeiten. Diese können sich vor allem aufgrund von Zeitprofilprüfungen oder anderer Verdachtsmomente ergeben, etwa wenn die KV von Dritten stichhaltige Hinweise auf Abrechnungsmängel erhält – zum Beispiel von Patienten, unzufriedenen nachgeordneten ­Ärzten, niedergelassenen Ärzten oder enttäuschten Partnern.

Die Prüfung des Zeitprofils

Die Prüfung betrifft oft die Zeitprofile, die anhand der im vertragsärztlichen Abrechnungsverzeichnis EBM (Anhang 3) aufgeführten Zeiten berechnet werden. Sie wird nach den Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie des GKV-Spitzenverbands als regelhafte Prüfung durchgeführt.

Für ermächtigte Ärzte gilt dabei – anders als für niedergelassene Ärzte – nicht die Grenze von 780 Stunden im Quartal. Vielmehr ist die Abrechnung bereits bei einem Ansatz von 156 Stunden auffällig mit der Folge, dass ein Prüfverfahren eingeleitet werden kann. Diese Vorgabe – insbesondere im Hinblick auf das „Quartalsprofil“– ist weithin unbekannt und wird daher vielfach nicht beachtet. Einige KVen sind derzeit in intensive Prüfungen eingetreten, wobei vor allem größere Ermächtigungsambulanzen in den Fokus geraten sind. Von dieser Auffälligkeitsgrenze wird jedoch regional bzw. in Einzelfällen teilweise zugunsten der ermächtigten Ärzte abgewichen. Im Bereich des „Tagesprofils“ erfolgen – genau wie bei niedergelassenen Ärzten – weitere Prüfungen, wenn an mindestens drei Tagen im Quartal Leistungen von mehr als 12 Stunden angesetzt werden.

Welche Leistungen für das Tagesprofil relevant sind, ist dem EBM (Anhang 3) zu entnehmen. Vorsicht: Dort sind auch angesetzte Leistungen, die nicht in das Tagesprofil einberechnet werden, mit einer Zeit hinterlegt!

Praxishinweis: Präventiv sollten ermächtige Krankenhausradiologen die regelmäßig in der Abrechnungssoftware enthaltene Kontrollfunktion nutzen, um die Leistungszeiten im Blick zu halten. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Quartals- wie auch die Tagesprofilleistungen. Wer diese regelmäßig überschreitet, sollte frühzeitig eine spezialisierte Beratung in Anspruch nehmen, um Sanktionen zu vermeiden.

Die persönliche Leistungserbringung

Die Plausibilitätsprüfung kann zum Anlass genommen werden, zu prüfen, ob der ermächtigte Arzt die Leistungen im Rahmen der Ermächtigung tatsächlich „höchstpersönlich“ erbracht hat. Die Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung folgt aus § 32a der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) sowie aus § 15 des Bundesmantelvertrags-Ärzte, der für ermächtigte Ärzte unmittelbar gilt.

Zudem wird in den Ermächtigungsbescheiden regelmäßig darauf hingewiesen, dass ein ermächtigter Arzt zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet ist. Schließlich versichert der ermächtigte Arzt auch mit der Unterzeichnung der Sammelerklärung für die KV-Abrechnung, die dort angesetzten Leistungen als eigene erbracht zu haben. Der ermächtigte Krankenhausarzt ist somit nicht berechtigt, nachgeordnete Ärzte mit ärztlichen Leistungen zu betrauen, die Gegenstand seiner Ermächtigung sind.

Aus der Praxis wird jedoch immer wieder berichtet, dass in der Ermächtigungsambulanz nicht der ermächtigte Arzt persönlich, sondern nachgeordnete Ärzte die Patienten alleinverantwortlich versorgen. Das häufig vorgebrachte Argument, diese Ärzte würden zu Ausbildungszwecken eingesetzt, schützt aber nicht: Eine Beschäftigung von nachgeordneten Ärzten in der Ermächtigungsambulanz ist nicht vorgesehen – im Gegensatz zu den Vorschriften, die für niedergelassene Vertragsärzte gelten.

Sollte sich daher im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung zeigen, dass über mehrere Quartale erhebliche Zeitüberschreitungen im Tages- und Quartalsprofil gegeben sind, liegt die Vermutung nahe, dass der ermächtigte Arzt diese Leistungen neben seiner Tätigkeit als Chef- bzw. Krankenhausarzt nicht höchstpersönlich hat erbringen können oder aber bestimmte Ziffern des EBM ohne vollständige Erfüllung des obligaten Leistungsinhalts angesetzt wurden. Folge ist dann, dass aufgrund dieser Verstöße ein Prüfverfahren eingeleitet wird.

Was droht bei Verstößen gegen Vertragsarztrecht?

Bei Verstößen gegen vertragsarztrechtliche Vorgaben drohen verschiedene Sanktionen. Die wirtschaftlich bedeutsame Gefahr besteht in Honorar-Rückforderungen der KV, die schnell eine empfindliche Höhe erreichen können. Zum Beispiel musste in einem durch das LSG Niedersachsen entschiedenen Fall ein Chefarzt der Hämatologie/Onkologie mehr als 200.000 Euro zurückzahlen (Az. L3 KA 209/04). Grund: Auf seine Weisung hin hatten zwei Assistenzärzte regelmäßig vollzeitig Leistungen im Rahmen der Ermächtigungsambulanz erbracht, die er in den Sammelerklärungen als eigene Leistungen auswies. Die zum Teil erheblichen Honorar-Rückforderungen treffen den ermächtigten Arzt zunächst unmittelbar – inwieweit ein Rückgriff auf den Arbeitgeber möglich ist, hängt von der jeweiligen vertraglichen Gestaltung ab.

Daneben drohen disziplinarrechtliche sowie – je nach Sachlage – auch strafrechtliche Folgen (Abrechnungsbetrug), wobei die etwaig leistungserbringenden nachgeordneten Ärzte auch wegen Beihilfe belangt werden können. Ungeachtet dessen besteht die Gefahr arbeitsrechtlicher Konsequenzen.

Aktuelle KV-Praxis: Einladung zum „kollegialen Gespräch“

Einige ermächtigte Ärzte werden derzeit von ihrer KV angeschrieben und zu einem Gespräch eingeladen, da sich bei der bislang durchgeführten Plausibilitätsprüfung einige Fragen ergeben hätten. Aus der Beratungspraxis ist bekannt, dass sich viele Ärzte in derartigen Gesprächen um „Kopf und Kragen“ reden. Spätestens jetzt ist die Hinzuziehung eines spezialisierten Anwalts geboten, um das Gespräch vorzubereiten. Es sollte umgehend Akteneinsicht erbeten werden, um den Kenntnisstand der KV zu klären und eine Strategie für das Gespräch zu entwickeln.

Fazit

Der ermächtigte Arzt unterliegt den vertragsarztrechtlichen Vorgaben. KVen gehen zunehmend – zum Teil auch auf Druck der Krankenkassen – dazu über, die Leistungserbringung im Rahmen von Ermächtigungen auf den Prüfstand zu stellen. Betroffene ermächtigte Ärzte sollten hier mit größter Vorsicht agieren und frühzeitig anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.