Ergebnis- und prozessrelevante Kennzahlen in der klinischen radiologischen Regelversorgung

von Geschäftsführer Dr. Bernd May, MBM Medical-Unternehmensberatung GmbH, Mainz

In der DRG-Welt ist die klinische Radiologie darauf ausgerichtet, die Versorgungsprozesse effizient zu unterstützen. Im Vordergrund steht die Wirkung der radiologischen auf die klinische Versorgung. Bewertet man nur den Kostenaspekt, ist das Steuerpotenzial an der Schnittstelle zu den Kliniken um etwa den Faktor Fünf größer als bei den eigentlichen radiologischen Versorgungsabläufen und -strukturen. Der Beitrag erläutert die entsprechenden ergebnis- und prozessrelevanten Kennzahlen. Das Anforderungsverhalten der zuweisenden Abteilungen/Kliniken an die Radiologie sowie die Kosten der radiologischen Versorgung sind Gegenstand gesonderter Beiträge.

Welche Rolle spielt das Verhältnis Oberärzte : Assistenzärzte? 

Der Haupteinflussfaktor für die radiologische Versorgung ist das Verhältnis von trainierten Ärzten (Oberärzte/Fachärzte) zu solchen in Ausbildung (Assistenzärzte) für die Regelversorgung zwischen 7 Uhr und etwa 16/17 Uhr (bis ca. 80 Prozent Leistungsaufkommen).

Zusätzlich dazu gibt es den klinischen Overhead, also den Personalaufwand für Tumorboards, klinische Besprechungen, Ausbildung/Coaching, Ausbildung von Assistenzärzten, Prozess- und Organisationsmanagement. Je nach Klinikgröße und Versorgungsauftrag – und diesem Verhältnis von trainierten zu Assistenzärzten – beansprucht der klinische Overhead einen erheblichen Anteil der Ober- und Fachärzte (ca. 20 Prozent).

Beispiel

Bei einem Maximalversorger mit 40 Radiologen beträgt das Verhältnis Fachärzte : Assistenzärzte beispielsweise 1 : 3. Der klinische Overhead absorbiert mindestens sieben Oberärzte. Somit stehen für den Regeldienst, in dem tagesdurchschnittlich 70 bis 80 Prozent des gesamten Leistungsaufkommens bearbeitet wird, maximal nur drei Oberärzte zur Verfügung. Bei einem Verhältnis von 1 : 5 stünde für die Regelversorgung gar kein Facharzt mehr zur Verfügung.

 

Für eine qualitätsorientierte Prozess-Steuerung ist in der Regelversorgung mindestens ein Oberarzt jeweils für MRT, CT, interventionelle Radiologie (bei neurologischem Schwerpunkt auch für die interventionelle Neuroradiologie), konventionelles Röntgen und moderne Sonographie notwendig. Bei dislozierter radiologischer Versorgung in einzelnen Klinikschwerpunkten (Chirurgie, innere Medizin, Kinderklinik, Frauenklinik) kommt jeweils eine oberärztliche Leitung hinzu.

Welche Folgen hat dies für die Prozessgeschwindigkeit? 

Wird die Regelversorgung überwiegend von Assistenzärzten durchgeführt, kommt es zu einer Prozessverlangsamung. Diese wirkt sich vor allem auf die modalitätenbezogene Produktivität aus. Damit sind auch die Zeitfenster zwischen Untersuchungsanmeldung und Untersuchungsdurchführung sowie zur Verfügbarkeit eines zutreffenden Befunds bei der zuweisenden Klinik betroffen (siehe dazu Abbildungen 1 und 2). Abbildung 1 zeigt einen herausragenden Engpass bei der MRT-Versorgung: 20 Prozent der Anmeldungen müssen zwei Tage auf die Untersuchung warten.

Gemäß Abbildung 2 werden einen Tag nach Abschluss der Untersuchung erst 34 Prozent der Befunde am CT 1 freigegeben und stehen der zuweisenden Klinik zur Verfügung; weitere fast 30 Prozent folgen erst nach zwei bis drei Tagen.

Prozessrelevante Kennzahlen 

Die Prozessverlangsamung ist ein Mangel, der leicht entstehen kann, wenn die Radiologie nicht ergebnisorientiert gesteuert wird. Wichtige weitere prozessrelevante Kennzahlen sind:

  • die Taktzeiten an den Modalitäten (durchschnittliche Patientenwechselzeit in Minuten),
  • wie oft ein Patient in der Radiologie mit verschiedenen Modalitäten und/oder der gleichen Modalität behandelt wird (Fälle je Patient) und
  • die Anzahl von Untersuchungen unterschiedlicher Organregionen je Fall.

Patientenwechselzeit 

Die mittlere Patientenwechselzeit je Modalität lässt sich aus dem radiologischen Informationssystem (RIS) bestimmen.

Beispiel

Bei dem Taktzeitspektrum an einem universitären CT mit guter Auslastung (7.532 Patienten) liegt der Häufungspunkt bei etwa 10 Minuten durchschnittlicher Patientenwechselzeit. Es kommen aber auch wesentlich längere Untersuchungen vor, die zum Teil Wartezeiten auf den zuständigen Radiologen oder den angemeldeten stationären Patienten enthalten. Der Schwerpunkt liegt hier z. B. bei 19 Minuten durchschnittlicher Taktzeit.

 

Fälle je Patient 

Zur Anzahl der radiologischen Untersuchungsfälle je radiologischem Patient zeigt Abbildung 3 Folgendes:

Die erste Säule in Abbildung 3 bedeutet: Wie viele klinische Patienten haben eine radiologische Behandlung erfahren?

Die zweite Säule weist aus, wie viele Behandlungsfälle an den einzelnen Modalitäten durchgeführt worden sind.

Die letzte Säule misst die Anzahl der unterschiedlichen Organregionen, die mit Hilfe jeder einzelnen Modalität untersucht worden ist.

Für jede Modalität lässt sich aus dem Verhältnis der Fälle zu den Erstpatienten berechnen, wie oft derselbe Patient mit der jeweiligen Modalität untersucht worden ist (Röntgen beispielsweise 2,36-mal; CT 1,55-mal; MRT 3,22-mal).

Untersuchungskomplexität korreliert nicht mit Modalitäten-Taktzeit 

Bei Analysen radiologischer Abteilungen verweisen die Ärzte oft auf die besonders komplexen Untersuchungsfälle, vor allem am CT (Polytraumata) und MRT, also auf die Anzahl der unterschiedlichen Organregionen je Untersuchungsfall und Modalität. Diese ist in Abbildung 3 zwischen den beiden letzten Säulen angegeben.

Abbildung 4 zeigt aber, dass diese Kennzahl keinen Einfluss auf die durchschnittliche Patientenwechselzeit (Taktzeit) hat. Es gibt keine Korrelation zwischen Untersuchungskomplexität und der Taktzeit an den einzelnen Modalitäten. Dazu dienen beispielhaft die Zahlen für drei typische Klinikrepräsentanten:

  • ein universitärer Maximalversorger (s. grüne Kreise in Abbildung 4),
  • ein nichtuniversitärer Maximalversorger (s. gelbe Kreise in Abbildung 4) und
  • ein kleinerer Schwerpunktversorger mit 430 Betten.

Der CT des universitären Maximalversorgers wird offensichtlich mit den meisten komplexen Fällen genutzt, hat aber die niedrigste Taktzeit (19 Minuten).

Der MRT des nichtuniversitären Maximalversorgers ragt bezüglich der durchschnittlichen Anzahl der Untersuchungen je Fall mit 1,49 deutlich heraus, hat aber mit 38 Minuten die höchste Taktzeit im Vergleich der drei abgebildeten Kliniken.

Praxishinweis

Der entscheidende Korrelationsfaktor für die Taktzeit lässt sich in der Regel aus einer Vor-Ort-Prozessanalyse ableiten: Wenn ein erfahrener/trainierter Radiologe patienten- und modalitätennah die Untersuchungsabläufe steuert, werden herausragende Taktzeiten erarbeitet. Dabei spielen die Komplexität einer Untersuchung für einen erfahrenen Radiologen und die jeweilige Gerätetechnologie eine untergeordnete Rolle.

 

Weiterführender Hinweis

  • Der Beitrag wird in den nächsten Ausgaben zum einen mit dem Anforderungsverhalten der zuweisenden Abteilungen/Kliniken an die Radiologie und zum anderen mit den Kennzahlen zu den Kosten einer klinischen radiologischen Versorgung fortgesetzt.