Erbschaft steuern statt Erbschaftsteuer: Vermeiden Sie die „Dummensteuer“!

von Steuerberater Thomas Ketteler-Eising, Laufenberg Michels und Partner, Köln, www.laufmich.de

Wir leben in einer „Erbengeneration“: 2010 wurden allein in Deutschland 30,6 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt. Der Fiskus kassierte davon 4,6 Milliarden Euro Erbschaft- und Schenkungsteuer – durchschnittlich also 15 Prozent! Oft wird dabei zu viel an Steuern gezahlt: Mit einer konkreten Erbschaftsteuerplanung sollte daher spätestens ab dem 55. Lebensjahr begonnen werden. Dieser Beitrag gibt einen Einblick in die Grundlagen der Erbschaft- und Schenkungsteuer und einiger Steuerfallen des Alltags. 

Wann fällt Erbschaftsteuer an?

Grundsätzlich unterliegt in Deutschland jede Erbschaft und Schenkung, bei der einer der Beteiligten seinen Wohnsitz in Deutschland hat, der Erbschaftsteuer. Je nach Verwandtschaftsgrad werden die Erben bzw. Beschenkten in drei Steuerklassen unterteilt. Je weiter das Verwandtschaftsverhältnis auseinander liegt, umso höher steigen die Steuersätze und umso geringer sind die Freibeträge, innerhalb derer eine Erbschaft oder Schenkung steuerfrei bleibt. 

Welche Freibeträge gibt es – und wie werden sie genutzt?

Die wichtigsten Freibeträge sind solche für Ehegatten in Höhe von 500.000 Euro, für Kinder in Höhe von 400.000 Euro und für Enkelkinder noch lebender Kinder von 200.000 Euro. Daneben gibt es weitere Freibeträge und Vergünstigungen – etwa für Hausrat, private Grundstücke, das Familienwohnheim oder auch bei der Übertragung von Betriebsvermögen. 

Die Steuersätze beginnen – soweit die Freibeträge überschritten werden – bei nahen Verwandten wie Kindern und Enkelkindern bei 7 Prozent (bis 75.000 Euro), steigen dann stufenweise über 11 Prozent (bis 300.000 Euro), 15 Prozent (bis 600.000 Euro),19 Prozent (bis 6 Mio. Euro) und bei einer Erbschaft oder Schenkung ab 26 Mio. Euro auf 30 Prozent. Bei „fremden“ Personen – dazu gehören auch Lebenspartner – beträgt dagegen der Freibetrag nur 20.000 Euro. Die Steuersätze beginnen hier bei 30 Prozent und enden bei 50 Prozent. 

Eine Besonderheit besteht darin, dass die Freibeträge alle zehn Jahre wieder aufleben. Schenkt also am 30. Oktober 2013 ein Vater seiner Tochter 400.000 Euro, bleibt die Schenkung ohne Schenkungsteuerbelastung, weil der Freibetrag für Kinder nicht überschritten ist. Ab dem 1. November 2023 kann die Tochter bei weiteren Schenkungen oder einer Erbschaft vom Vater den Freibetrag von 400.000 Euro erneut geltend machen. Würden dagegen die 800.000 Euro – etwa im Rahmen einer Erbschaft im Jahre 2024 – in einer Summe übertragen, würde dies eine Steuerbelastung von 60.000 Euro auslösen. Bei rechtzeitiger Planung kann diese Belastung völlig vermieden werden. 

Dabei ist es nicht immer notwendig, das Vermögen vollständig aus der Hand zu geben. Bei Immobilien bietet es sich an, zwar das Eigentum zu übertragen, sich aber den Nießbrauch – das heißt insbesondere die Mieteinnahmen – bis zum Tode vorzubehalten. Auf diese Weise wird das Vermögen bei einer späteren Erbschaft der Erbschaftsteuer entzogen, ohne dass die Eltern auf die Mieteinnahmen – etwa zur Altersvorsorge – verzichten müssten. 

Zudem ist zu bedenken, dass jedem Elternteil gegenüber jedem Kind jeweils ein Freibetrag zusteht. Ist nur ein Elternteil vermögend, bietet es sich im Einzelfall an, Vermögen zunächst auf den vermögenslosen Ehepartner steuerfrei zu transferieren und dann an die Kinder bzw. Enkelkinder. Dieses Vorgehen verdoppelt die erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen Freibeträge. 

Was müssen Eheleute beim Vermögenstransfer beachten?

Ungewollte erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Folgen können entstehen, wenn größere Summen an den Ehepartner überwiesen werden. Das gilt übrigens auch für Gemeinschaftskonten und -depots von Ehegatten („Oder-Konten“ bzw. „Oder-Depots“). Ist einer der Ehegatten Hauptverdiener und transferiert das Einkommen in einen gemeinsamen Vermögenstopf der Ehegatten, kann das Finanzamt hier Schenkungen (sogenannte ehebedingte freigiebige Zuwendungen) annehmen und je nach Höhe mit Erbschaftsteuer belasten. Dies lässt sich zwar durch geschickte Gestaltungen auch nachträglich häufig wieder reparieren – allerdings nur zu Lebzeiten. Grundsätzlich sollten aber Ehegatten ihre Vermögen getrennt führen und sich vor einem Vermögenstransfer eingehend beraten lassen. 

Wann wird das „Berliner ­Testament“ zur Steuerfalle?

Zu einer echten Erbschaftsteuerfalle kann sich bei größeren Vermögen das Berliner Testament entwickeln. Dabei erhält zunächst der überlebende Ehegatte das gesamte eheliche Vermögen. Erst wenn dieser stirbt, erben die Kinder alles. In der Regel wird dieses Testament mit einer sogenannten Pflichtteilsklausel versehen. Hierdurch werden die Kinder für beide Erbschaften auf den Pflichtteil herabgestuft, wenn sie nach dem Versterben des ersten Ehegatten ihren gesetzlichen Pflichtteil geltend machen. 

Durch die Pflichtteilsklausel soll vermieden werden, dass die Kinder ihren Pflichtteil tatsächlich geltend machen. Wenn das Vermögen jedoch – zum Beispiel bei zwei Kindern – über einer Höhe von ca. 800.000 Euro liegt, führt das Berliner Testament manchmal zu einer deutlichen, aber vermeidbaren Mehrbelastung an Erbschaftsteuer. Dies liegt daran, dass dasselbe Vermögen zweimal übertragen wird und damit zweimal Erbschaftsteuer auslöst: im ersten Schritt vom erstversterbenden Ehegatten auf den überlebenden Ehegatten und dann von diesem auf die Kinder. Zudem bleiben die Freibeträge des erstversterbenden Ehegatten gegenüber den Kindern ungenutzt. Hier lässt sich durch eine geschickte Gestaltung häufig ein Großteil – wenn nicht gar alles – an Erbschaftsteuer vermeiden. 

„Generations-Hopping“ zum ­Steuersparen nutzen

Als weitere Überlegung könnte man mit dem Vermögen zum Teil auch eine Generation überspringen. Im Testament könnte man beispielsweise vorsehen, dass Enkelkinder zulasten des Erbteils des entsprechenden Kindes ein Vermächtnis in Höhe von bis zu 200.000 Euro erhalten. Dieser Betrag fällt dann nicht in das zu versteuernde Erbe des Kindes, sondern wird dem Enkelkind zugerechnet und bleibt aufgrund dessen eigenen Freibetrags in Höhe von 200.000 Euro steuerfrei. 

Was ist bei Risikolebensversicherungen zu beachten?

Oft werden Risikolebensversicherungen so abgeschlossen, dass der Versicherungsnehmer selbst die versicherte Person ist. Man versichert quasi sein eigenes Leben. Die Person, dessen wirtschaftliche Situation im Todesfall abgesichert werden soll, wird als Bezugsberechtigte benannt. Aus dieser Gestaltung ergeben sich bei Eintritt des Erbfalls folgende steuerliche Folgen: Der Anspruch des Bezugsberechtigten auf Auszahlung der Versicherungssumme fällt nicht in den Nachlass, sondern ist gesondert zu betrachten. Er unterliegt aber gleichwohl – als Erwerb von Todes wegen – der Erbschaftbesteuerung. Übersteigt die auszuzahlende Ver­sicherungssumme (zusammen mit einer anderweitigen Erbschaft) dann den persönlichen Freibetrag des Bezugsberechtigten, muss dieser Erbschaftsteuer auf seinen Anspruch aus der Versicherung zahlen. 

Eine Besteuerung der Versicherungssumme mit Erbschaftsteuer lässt sich dadurch umgehen, dass die begüns­tigte Person selbst Versicherungs­nehmer und Beitragszahler ist. Man versichert quasi das Leben eines anderen, also etwa die Ehefrau (als Versicherungsnehmerin und Beitragszahlerin) versichert das Leben des Ehemannes (als versicherte Person). Hier steht der Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme beim Tod des Ehemannes der begünstigten Ehefrau selbst zu und stammt nicht von dem Verstorbenen. Damit wird vermieden, dass es zu einer Versteuerung der Versicherungssumme kommt.