Diese Änderungen der Medizinprodukte-Betreiberverordnung sind praxisrelevant

von RA, FA für MedizinR Dr. Julian Braun und Hannah Wiborg, Dierks + Bohle Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin

Fehler und Mängel bei Medizinprodukten oder eine falsche Bedienung bedeuten nicht nur eine Gefahr für den Anwender, sondern vor allem auch für den Patienten. Um die Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten beim Einsatz von Medizinprodukten zu gewährleisten, ist die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) geschaffen worden. Diese ist zum 01.01.2017 geändert worden. Ziel der Neuerungen ist – neben einer praxisgerechteren Ausgestaltung der Regelungen zur besseren Verständlichkeit – die Sicherstellung eines hohen Sicherheitsniveaus. Hier die wichtigsten Änderungen mit Blick auf die Relevanz für den radiologischen Fachbereich.

Einweisungs- und Dokumentationspflicht des Betreibers 

Zwar war schon bisher eine „Einweisung“ für bestimmte Medizinprodukte der Anlage 1 vorgeschrieben, zu denen z. B. auch Röntgengeräte gehörten (§ 5 MPBetreibV a.F.). Im Praxisalltag stellt jetzt aber vor allem die Neuregelung zur Einweisung in die Handhabung von Medizinprodukten (§ 4 Abs. 3, Abs. 5 MPBetreibV) eine wichtige gesetzliche Konkretisierung dar.

Danach hat der Betreiber (z. B. Praxisinhaber oder Krankenhausträger) sicherzustellen, dass in seinem Verantwortungsbereich Medizinprodukte nur von Personen angewendet werden, die die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Dazu gehört insbesondere eine genaue Einweisung in die Handhabung des Produkts, soweit das Produkt nicht „selbsterklärend“ ist (also ohne Gebrauchsanweisung angewendet werden kann) oder eine Einweisung schon in ein baugleiches Medizinprodukt erfolgt ist.

Diese Einweisung muss bei sogenannten aktiven nicht-implantierbaren Medizinprodukten (z. B. Röntgengeräte, MRT, CT) auch dokumentiert werden, damit der Betreiber einen Überblick über schon erfolgte Einweisungen erhält. So kann er die Durchführung der Einweisung gegenüber der zuständigen Behörde ggf. nachweisen.

Praxishinweis Einweisung

  • Die Einweisungspflicht gilt nun für alle Medizinprodukte (d. h. nicht nur für Großgeräte, sondern z. B. auch bei Kontrastmittelinjektoren oder Darmrohren).
  • Eine Dokumentationspflicht bzgl. der Einweisung bei aktiven nicht-implantierbaren Medizinprodukten (z. B. Röntgengeräte, MRT, CT) ist jetzt ausdrücklich gesetzlich geregelt.

 

Betreiberpflichten bzgl. Instandhaltung von Medizinprodukten 

Wie bisher hat der Betreiber für die Instandhaltung der in seiner Einrichtung angewendeten Medizinprodukte zu sorgen (§ 7 MPBetreibV). In diesem Zusammenhang muss er die für die Sicherheit und Funktionstüchtigkeit der Medizinprodukte wesentlichen konstruktiven und funktionellen Merkmale überprüfen.

Der Betreiber hat diese Pflicht aber nicht höchstpersönlich zu erfüllen, sondern kann auch andere Personen oder Einrichtungen mit dieser Aufgabe beauftragen. Diese Person/Einrichtung muss hierfür besondere fachliche und sachliche Voraussetzungen erfüllen, die einheitlich in § 5 MPBetreibV aufgeführt werden und im Vergleich zu den bisherigen Regelungen strenger sind. So reicht z. B. eine allgemeine berufliche Eignung nicht mehr aus. Stattdessen muss die Person nunmehr über aktuelle (Fach-)Kenntnisse im Hinblick auf die Instandhaltung des konkreten Produkts verfügen. Dies muss z. B. durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen sichergestellt werden.

Außerdem muss die beauftragte Person/Einrichtung bei der Durchführung und Auswertung der Prüfungen in ihrer fachlichen Beurteilung weisungsunabhängig sein. Das bedeutet nicht, dass die Person gegenüber dem Betreiber generell weisungsunabhängig sein muss. Letztlich soll aber sichergestellt werden, dass sie eine unabhängige fachliche Beurteilung abgeben kann.

Praxishinweis Instandhaltung

  • Der für die Instandhaltung zuständige Betreiber oder eine von ihm beauftragte Person/Einrichtung müssen dazu fachlich und sachlich qualifiziert sein.
  • Die beauftragte Person/Einrichtung muss eine (weisungs-)unabhängige fachliche Beurteilung abgeben können. Insofern darf der Betreiber z. B. aber auch einen seiner Angestellten mit der Instandhaltung bzw. Prüfung beauftragen.

 

Betreiberpflichten im Hinblick auf messtechnische Kontrollen 

Nach der bislang geltenden MPBetreibV hatten Betreiber für Medizinprodukte nach Anlage 2 sowie für Medizinprodukte, für die der Hersteller messtechnische Kontrollen (MTK) vorgesehen hatte, solche MTK durchzuführen.

Im Gegensatz zum bisherigen Recht müssen MTK nur noch bei den Produkten nach Anlage 2 der MPBetreibV durchgeführt werden, und zwar unabhängig von eventuellen Herstellervorgaben (§ 14 MPBetreibV). MTK sollen also nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich des Herstellers fallen. Im Bereich der Radiologie betrifft die MTK demnach vor allem Therapiedosimeter und Diagnostikdosimeter.

Neu ist auch, dass eine ordnungsgemäße Durchführung der MTK vermutet wird, wenn der Betreiber dabei den Leitfaden zu MTK von Medizinprodukten mit Messfunktion der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) beachtet hat. Dieser PTB-Leitfaden wird in seiner jeweils aktuellen Fassung auf der Internetseite der PTB bekannt gemacht (www.ptb.de).

Praxishinweis MTK

  • MTK sind – unabhängig von Herstellerangaben – nur bei den in Anlage 2 der MPBetreibV genannten Produkten durchzuführen (v. a. Therapie- und Diagnostikdosimeter).
  • Führt der Betreiber eine MTK durch, hat er darüber künftig ein Protokoll anzufertigen und anschließend aufzubewahren. Bei Beachtung des PTB-Leitfadens zu MTK von Medizinprodukten mit Messfunktion (www.ptb.de) wird die Ordnungsgemäßheit vermutet.
  • Beauftragt der Betreiber eine andere Person/Einrichtung mit der MTK, muss er darauf achten, dass diese die sachlichen und fachlichen Voraussetzungen des § 5 MPBetreibV für die MTK des Medizinprodukts erfüllt.

 

Sonstige Betreiberpflichten 

Nach wie vor hat der Betreiber regelmäßige sicherheitstechnische Kontrollen (spätestens nach zwei Jahren) durchzuführen (§ 11 MPBetreibV). Neu ist in diesem Zusammenhang, dass dies nur noch für in Anlage 1 der MPBetreibV aufgezählte Medizinprodukte (z. B. Röntgengeräte) gilt. Auch ist nur noch die gesetzliche Zwei-Jahres-Frist als Höchstgrenze relevant. Beauftragt der Betreiber eine andere Person/Einrichtung mit der Durchführung dieser Kontrollen, so muss er wiederum darauf achten, dass diese dazu sachlich und fachlich geeignet ist (§ 5 MPBetreibV).

Wie bisher hat der Betreiber über die in Anlage 1 und 2 aufgeführten Produkte ein Medizinproduktebuch zu führen. Das Produkt muss eindeutig zu identifizieren sein (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 MPBetreibV), z. B. durch Angabe seines Handelsnamens.

Praxishinweis Sicherheit

  • Der Betreiber oder eine von ihm beauftragte Person/Einrichtung muss innerhalb von zwei Jahren bei den in Anlage 1 der MPBetreibV genannten Produkten eine Sicherheitskontrolle durchführen.
  • Die beauftragte Person/Einrichtung muss die sachlichen und fachlichen Voraussetzungen des § 5 MPBetreibV erfüllen.
  • Über die in Anlage 1 und 2 genannten Produkte ist ein Medizinproduktebuch zu führen.
  • Ein Produkt muss eindeutig identifizierbar sein (z. B. Handelsname).

 

Anwenderpflichten 

Die Pflichten des Anwenders sind im Wesentlichen unverändert geblieben. Insbesondere ist geregelt, dass die Anwender beim Einsatz von Medizinprodukten deren Zweckbestimmung (v. a. Gebrauchsanweisung) einzuhalten haben.

Dies gilt – aufgrund der Klarstellung in § 4 Abs. 4 MPBetreibV – auch dann, wenn ein oder mehrere Medizinprodukte miteinander oder mit Zubehör einschließlich Software oder mit anderen Gegenständen verbunden werden. Solche Kombinationen dürfen nur betrieben und angewendet werden, wenn sie zur Anwendung in dieser Kombination unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung und der Sicherheit der Patienten, Anwender, Beschäftigten oder Dritten geeignet sind. Vor diesem Hintergrund kann es also haftungsrechtlich kritisch sein, wenn solche Kombinationen entgegen den ausdrücklichen Herstellervorgaben vorgenommen werden.

Praxishinweis Zweckbestimmung

  • Der Anwender muss die Zweckbestimmung des Medizinprodukts bzw. der Kombination ein oder mehrerer Medizinprodukte miteinander oder mit Zubehör einschließlich Software oder mit anderen Gegenständen einhalten.

 

Der Beauftragte für Medizinproduktesicherheit 

Eine wichtige Neuerung stellt die Einführung eines Beauftragten für Medizinproduktesicherheit dar: Künftig muss in jeder Gesundheitseinrichtung mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten eine sachkundige und zuverlässige Person mit medizinischer, naturwissenschaftlicher, pflegerischer, pharmazeutischer oder technischer Ausbildung als Beauftragter für Medizinproduktesicherheit bestimmt werden (§ 6 Abs. 1 MPBetreibV). Da zu den „Beschäftigten“ nicht nur Ärzte, sondern auch sonstiges (Praxis-)Personal oder Aushilfen (wenn diese längere Zeit beschäftigt sind) zählen, betrifft diese Neuregelung v. a. Krankenhäuser und radiologische Großpraxen.

Hintergrund der Regelung ist die Feststellung, dass in der Vergangenheit teilweise wichtige Meldungen im Hinblick auf die Produktsicherheit (z. B. Hinweis auf eine fehlerhafte Gebrauchsanweisung, Rückrufmaßnahmen des Herstellers) nicht rechtzeitig an die betroffene Stelle (z. B. das Personal, das das Produkt anwendet) weitergeleitet wurden. Deshalb konnten Maßnahmen zum Schutze der Patienten nicht rechtzeitig ergriffen werden. Zur Gewährleistung der Patientensicherheit soll nun in jeder Gesundheitseinrichtung mit entsprechender Größe eine Person die Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen und die Weiterleitung wichtiger Meldungen koordinieren (sogenannter Beauftragter für Medizinproduktesicherheit).

Der Beauftragte für Medizinproduktesicherheit dient als zentraler Ansprechpartner für Behörden, Hersteller und Vertreiber und nimmt dabei folgende Aufgaben wahr:

  • Entgegennehmen und Weiterleiten sicherheitsrelevanter Meldungen an Anwender und Betreiber
  • Sicherstellen, dass Vorkommnisse im Zusammenhang mit Medizinprodukten der zuständigen Behörde gemeldet werden (vgl. § 3 Abs. 2 MPSV)
  • Einleiten bzw. Umsetzen von Sicherheitsmaßnahmen, z. B. der Rückruf von Produkten (auch bei rein vorsorglichen Maßnahmen des Herstellers)

Dafür muss nicht zwingend neues Personal eingestellt werden. Die Aufgaben können von einer bereits in dem Betrieb angestellten Person wahrgenommen werden. Entscheidend ist, dass diese Person als zentraler Ansprechpartner auftritt und alle Aufgaben gebündelt wahrnimmt.

Wichtig ist, dass auf der Internetseite der Gesundheitseinrichtung (z. B. unter „Kontakt“ oder im Impressum) eine E-Mail-Adresse des Beauftragten für die Medizinproduktesicherheit veröffentlicht wird. So wird es den zuständigen Behörden oder Produktherstellern erleichtert, den zuständigen Ansprechpartner in der jeweiligen Einrichtung zu finden (§ 6 Abs. 4 MPBetreibV). Aus Datenschutzgründen muss der Beauftragte dabei aber nicht namentlich genannt werden. Die Angabe der E-Mail-Adresse allein ist ausreichend.

Praxishinweis

In jeder Gesundheitseinrichtung mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten muss eine sachkundige und zuverlässige Person mit medizinischer, naturwissenschaftlicher, pflegerischer, pharmazeutischer oder technischer Ausbildung als Beauftragter für Medizinproduktesicherheit bestimmt werden.

Dieser nimmt als zentraler Ansprechpartner nach innen und außen alle Aufgaben der Koordination und der Melde- und Mitwirkungspflichten gebündelt wahr.

Auf der Internetseite der Gesundheitseinrichtung ist eine E-Mail-Adresse anzugeben, über die er (von Behörden und Herstellern) kontaktiert werden kann.

Die Umsetzung dieser neuen gesetzlichen Vorgabe ist zwingend. Ein Unterlassen stellt nicht nur eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 Euro geahndet werden kann. Es drohen zudem wettbewerbsrechtliche Abmahnungen und einstweilige Verfügungen/Klagen von Wettbewerbsverbänden und/oder Konkurrenten.

 

Fazit 

Die Änderung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung bringt z. T. bedeutsame gesetzliche Neuerungen mit sich, die auch den radiologischen Fachbereich betreffen.

Aus Sicht von Krankenhäusern und radiologischen (Groß-)Praxen stellt die Einführung des Beauftragten für Medizinproduktesicherheit wohl die wichtigste Änderung dar. Gerade in Krankenhäusern und radiologischen Großpraxen existieren i.d.R. schon Strukturen, die sicherstellen, dass Betreiber und Anwender ihren medizinprodukterechtlichen Pflichten nachkommen und wichtige sicherheitsrelevante Meldungen weitergeleitet werden. Diese Koordinierung muss nun auf eine zentrale Person konzentriert werden.

Veranstaltungshinweis

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