Behandlungsfehler wegen Unterlassens intraoperativer Bildgebung bejaht

In einigen Kliniken haben Chefärzte mit dem Problem zu kämpfen, dass die technische Ausstattung nicht auf dem neuesten Stand ist. Dass hieraus ein Haftungsrisiko erwachsen kann, zeigt das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 18. Februar 2014 (Az. 26 U 152/13).

Verschraubung des Schlüsselbeins ausgerissen 

Bei dem Fall ging es um einen 21-Jährigen, der beim Fußballspielen eine Sprengung des Schultereckgelenks erlitten hatte. In der Klinik wurde das Schlüsselbein noch am selben Tag verschraubt. Einige Wochen später war diese Verschraubung jedoch ausgerissen – die Schraube musste daraufhin mit einer Revisionsoperation entfernt werden.

Grober Behandlungsfehler 

Der Sachverständige sagte, dass die falsche Positionierung der Schraube bei der ersten OP auch einem erfahrenen Chirurgen hätte passieren können. Der Fehler sei aber vermeidbar gewesen, wäre intraoperativ die notwendige Überprüfung durch eine Bildgebung in zwei Ebenen vorgenommen worden. Die tatsächlich durchgeführte Bildgebung sei nicht adäquat gewesen.

Es sei „mehr als mutig“ und „reine Selbstüberschätzung“ gewesen, dass der Operateur sich lediglich auf seine Augen und seine Erfahrung verlassen und auf eine ordnungsgemäße Überprüfung durch eine adäquate Bildgebung verzichtet habe. Darin sah das OLG Hamm sogar einen groben Behandlungsfehler und gab der Klage statt.

Haftungsgefahr für Chefarzt bei mangelnder apparativer Ausstattung 

Wird im Haftungsprozess bei einem Ausstattungsmangel auf die wirtschaftlicher Knappheit verwiesen, ist dies kaum von Vorteil. Nach den Grundsätzen zum „Übernahmeverschulden“ gilt: Wer nicht über die erforderliche technische oder operative Ausstattung verfügt, darf die Behandlung des Patienten – abgesehen von Notfällen – nicht übernehmen. Ein Verstoß hiergegen kann auch dem Chefarzt als medizinisch Gesamtverantwortlichen seiner Abteilung angelastet werden – Stichwort Organisationsverschulden.

Praxishinweis

Wenn Mängel in der technisch-apparativen Ausstattung bestehen, sollte der Chefarzt die Geschäftsführung des Krankenhausträgers hierauf in aller Deutlichkeit – am besten schriftlich – hinweisen und auch nachhaken. Im Extremfall muss haftungsrechtlich so reagiert werden, dass bestimmte Patienten nicht mehr aufgenommen und behandelt werden. Der Hinweis hierauf gegenüber dem Klinikträger sollte diesem die Dringlichkeit deutlich machen, dass diese Situation schnellstmöglich geändert werden muss.