Äußerungen in einer privaten WhatsApp-Gruppe können den Job kosten

von Dr. Guido Mareck, stellvertr. Direktor Arbeitsgericht Dortmund

Millionen Arbeitnehmer in Deutschland sind in diversen privaten und auch beruflichen WhatsApp-Gruppen miteinander verbunden und kommunizieren darüber. Doch auch in privaten Chatgruppen ist nicht alles erlaubt, wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG)zeigt: Wer sich in einer aus sieben Mitgliedern bestehenden privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen äußert, kann sich gegen eine dies zum Anlass nehmende außerordentliche Kündigung nur im Ausnahmefall auf eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung berufen (BAG, Urteil vom 24.08.2023, Az. 2 AZR 17/23).

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer und spätere Kläger gehörte seit 2014 einer Chatgruppe mit fünf anderen Beschäftigten und einem ehemaligen Kollegen an. Alle Gruppenmitglieder waren „langjährig befreundet“, zwei miteinander verwandt. Neben rein privaten Themen äußerte sich der Kläger – wie auch mehrere andere Gruppenmitglieder – in beleidigender und menschenverachtender Weise u. a. über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Nachdem der Arbeitgeber hiervon zufällig Kenntnis erhielt, kündigte er dem Arbeitnehmer fristlos. Beide Vorinstanzen gaben der Kündigungsschutzklage statt. Das BAG indes hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache ans LAG zurück.

Entscheidungsgründe

Das BAG war der Auffassung, das Berufungsgericht (Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen, Urteil vom 19.12.2022, Az. 15 Sa 284/22) habe rechtsfehlerhaft eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung des Klägers betreffend der ihm vorgeworfenen Äußerungen angenommen. Daher sei es zu dem Fehlschluss gekommen, dass kein Kündigungsgrund vorliege.

Eine Vertraulichkeitserwartung sei nur berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Das wiederum sei abhängig

  • von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie
  • von der Größe und
  • von der personellen Zusammensetzung der Chatgruppe.

Wenn beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige Gegenstand der Nachrichten seien, so müsse besonders dargelegt werden, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten könne, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an Dritte weitergegeben.

Arbeitnehmer muss seine Vertraulichkeitserwartung darlegen

Das LAG Niedersachsen wird dem Kläger nun Gelegenheit für die ihm obliegende Darlegung geben, warum er eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung gehabt haben soll. Durchaus eine Herausforderung für den Arbeitnehmer angesichts der vom BAG genannten zu berücksichtigenden Aspekte wie

  • die Größe und
  • die geänderte Zusammensetzung der Chatgruppe,
  • die unterschiedliche Beteiligung der Gruppenmitglieder an den Chats und
  • die Nutzung eines auf schnelle Weiterleitung von Äußerungen angelegten Mediums.