Aufklärung vor Kontrastmittelgabe: Worauf ist zu achten?

von RA und FA für Medizinrecht Rainer Hellweg, Kanzlei Schroeder-Printzen, Kaufmann & Kollegen, Hannover, www.spkt.de

Genauso wie vor Operationen müssen die Patienten auch vor ­radiologischen Eingriffen, auch wenn diese allein zum Zwecke der Diagnostik erfolgen, aufgeklärt werden. Was bei der für ­Radiologen insbesondere wichtigen Aufklärung vor Kontrastmittelgabe zu beachten ist, zeigt der folgende Artikel auf. 

Aufklärungsrisiko beim Radiologen

Die Aufklärung muss nicht zwingend derjenige Arzt vornehmen, der nachher das Kontrastmittel injiziert. Dieser trägt jedoch das Haftungs­risiko für etwaige Aufklärungsmängel, auch wenn das Aufklärungsgespräch vorher ein anderer Arzt geführt hat. Im Interesse der Rechtssicherheit ist dem Radiologen daher anzuraten, die Aufklärung des Patienten selbst vorzunehmen. Dies auch dann, wenn der Patient erklärt, er sei vom überweisenden Arzt bereits über die Risiken informiert worden. 

Reicht die Unterschrift unter dem Aufklärungsbogen?

Regelmäßig heben die Gerichte in ihren Entscheidungen hervor, dass die Unterschrift unter ein Formular ein mündliches Aufklärungsgespräch nicht ersetzt. Vorgefertigte Bögen zu verwenden, ist nach der Rechtsprechung weder erforderlich noch hinreichend, um eine ordnungsgemäße Aufklärung zu belegen. Da die Beweislast im Falle eines Prozesses der Arztseite obliegt, ist zu empfehlen, über das Unterschreiben des Aufklärungsformulars hinaus handschriftliche Anmerkungen über das geführte Gespräch entweder dort oder in der Patientenakte zu dokumentieren. 

Neues Gesetz normiert ­Aushändigung von Unterlagen

Seit Einführung des Patienten­rechtegesetzes normiert § 630 e Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass dem Patienten „Abschriften von Unter­lagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen sind“. Somit müssen dem Patienten vollständige Durchschriften oder Kopien mit­gegeben werden. Eine elektronische Datenübermittlung etwa per E-Mail ist gemäß der Gesetzesbegründung nicht vorgesehen. Um für einen möglichen späteren Prozess vorzusorgen, sollte in jedem Fall die Aushändigung der Unterlagen an den Patienten etwa durch einen kurzen Vermerk in die Krankenakte schriftlich festgehalten werden. 

Umfang der Aufklärung

Die Patienten müssen nicht in extensio über alle medizinischen Details informiert werden. Hinreichend ist nach dem Bundesgerichtshof die Aufklärung über Verlauf des Eingriffs, Erfolgsaussichten, Risiken und Behandlungsalternativen „im Großen und Ganzen“. 

Dabei gilt jedoch: Je weniger dringlich der Eingriff ist, desto umfassender muss aufgeklärt werden. Erfolgt die Kontrastmittelgabe bzw. die nachfolgende Maßnahme – soweit vorhersehbar – allein oder in erster Linie mit dem Ziel der Diagnostik, wobei eine besondere Eilbedürftigkeit nicht besteht, erhöhen sich die Anforderungen, die an den Aufklärungsumfang zu stellen sind. 

Auch Risiko des Kontrastmittels muss berücksichtigt werden

Ferner muss umso genauer aufgeklärt werden, je risikogeneigter das Kontrastmittel selbst oder dessen Applikation erscheint. Tritt hierdurch über den nachfolgenden eigentlichen Eingriff hinaus ein beachtliches potenzielles Risiko für den Patienten hinzu, ist auf diesen Umgang im Aufklärungsgespräch besonders hinzuweisen. Dies sollte dann auch gesondert schriftlich dokumentiert werden. Auf der anderen Seite können die Erfordernisse an den Aufklärungsumfang auch herabgesetzt sein, wenn der Patient bereits über entsprechende Kenntnisse verfügt. 

Aktuelles Beispiel: Patient scheiterte mit Aufklärungsrüge

Nach dem Beschluss vom 30. April 2012 (Az. 5 U 246/11) sah das Oberlandesgericht (OLG) Köln im dortigen Fall die von Patientenseite erhobene Aufklärungsrüge nicht als stichhaltig an. Dort ging es um die Aufklärung vor einer intraarteriellen Angiographie mit Stent-Einlagen, woran Gefäßchirurgen und Radiologen beteiligt waren. 

Auch wenn die Arztseite eine hinreichende Aufklärung vor dem betreffenden Eingriff nicht beweisen konnte, erachtete das OLG dies als unbeachtlich, da in den zwei Jahren zuvor bereits zweimal gleichartige Eingriffe beim Patienten vorgenommen worden seien und dort unstreitig jeweils nach ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt worden sei. Zudem berücksichtigte das Gericht die Vorkenntnisse des Patienten, der als Krankenpfleger arbeitete. 

Praxishinweis

Jedoch ist Vorsicht geboten, wenn der Patient die Aufklärung ablehnt mit der Begründung, er sei bereits entsprechend informiert. Die Entscheidung des OLG Köln ist eine Einzelfallentscheidung bezüglich des dortigen Sachverhalts. Im Zweifel sollte der Patient trotz von diesem mitgeteilter Vorkenntnisse nochmals aufgeklärt werden. Falls er sich dem gänzlich verweigert, sollte zumindest der Aufklärungsverzicht schriftlich festgehalten – und am besten vom Patienten unterschrieben – werden. 

 

Karenzfrist beachten!

Wichtig ist, dass die Aufklärung rechtzeitig vor dem Eingriff erfolgt. Die Rechtsprechung fordert, dass der Patient Für und Wider des Eingriffs in Ruhe abwägen kann. Eine genaue zeitliche Grenze – etwa 24 Stunden vor dem Eingriff – wird von den Gerichten nicht propagiert. Genau wie beim oben erörterten Umfang gilt auch für den Zeitpunkt der Aufklärung, dass sich die Anforderungen erhöhen, je risikoreicher und weniger dringlich der Eingriff ist. Bei rein diagnostischen Maßnahmen, vor deren Durchführung das Kontrastmittel injiziert werden soll, muss somit im Vergleich zu unmittelbar lebensnotwendigen Operationen ein größerer Zeitraum zwischen Aufklärung und Eingriff verbleiben. 

Auf der anderen Seite wäre es problematisch, wenn die Erörterung mit dem Patienten im letzten Termin bereits einige Wochen vor dem geplanten Eingriff erfolgen würde. Hier empfiehlt es sich, dass vor dem Eingriff und der Gabe des Kontrastmittels der Patient nochmals mündlich aufgeklärt wird und den Aufklärungsbogen nochmals – mit Datumsangabe – unterzeichnet. 

Fazit

Auch wenn vorgefertigte und von einer Firma eingekaufte Aufklärungsbögen verwendet werden, gibt es haftungsträchtige Fallstricke, die der Radiologe beim Aufklärungsgespräch vermeiden sollte. Aufklärungsrügen gewinnen eine immer größere Bedeutung in Arzthaftungsprozessen, da die Patientenseite auf diesem Wege einen Haftungsanspruch begründen kann, ohne einen Behandlungs­fehler nachweisen zu müssen.